Gestalten der Bibel: Zachäus

Aufregung in Jericho: Jesus zieht durch die Stadt. Jeder will ihn sehen. Die Leute drängen sich an der Straße. Da kommt auch Zachäus, um den Mann mit eigenen Augen zu sehen, von dem er schon so vieles gehört hatte.

Aber niemand macht Platz für Zachäus. Das wäre nötig gewesen, „denn er war klein von Gestalt”. Für Zachäus tritt niemand auch nur einen Schritt zur Seite. Zachäus hat sich unbeliebt gemacht, er ist verhasst. Ein Kollaborateur! Er arbeitet mit der Besatzungsmacht zusammen. Er verdient gut. Sehr gut. Aber das ist schmutziges Geld in den Augen der Leute. Von ihnen abgepresste Zolleinnahmen. Die Römer verfuhren als Besatzer geschickt: Sie verpachteten die Zolleinnahmestellen an Einheimische. Die mussten dafür regelmäßig einen festgesetzten Betrag an die Römer abführen. Alles, was sie darüber hinaus kassierten, war ihr Verdienst.

Zachäus hatte es zum Oberzöllner gebracht, das heißt, ihm waren mehrere Zolleinnahmestellen untergeordnet. Im Lukasevangelium heißt es über ihn: „Er war in Oberer der Zöllner und er war reich.” Er will Jesus sehen. Da die Leute ihm die Sicht verstellen, überlässt er sich für einen Augenblick dem kleinen Jungen in sich - und klettert auf einen Baum.

Jesus kommt. Er bleibt vor dem Baum stehen und ruft: „Zachäus, steig eilend herunter, denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden.” Tischgemeinschaft war im alten Israel eine ganz besondere Vertrautheit: mit wem man am Tisch saß, der war wie ein leiblicher Bruder oder eine Schwester. Verständlich, dass der so von Jesus Ausgezeichnete ihn „mit Freuden” aufnahm. In seinem besonderen Fall hieß das: Der Bann gesellschaftlicher Isolierung war gebrochen. Verständlich auch, dass die Umstehenden empört sind: „Bei einem Sünder ist er eingekehrt.”

Bei Zachäus aber löst sich etwas - er kann nicht mehr halten, was er zusammengekrallt hat: „Zachäus aber trat vor den Herrn und sprach: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück.”

Ein Wunder ist geschehen. Er ist erlöst. Erlöst von seinem harten Griff. Er ist im besten Sinne resozialisiert.

„Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist Abrahams Sohn. Denn der Menschensohn ist gekommen zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.” (Bibelzitate aus Lukas 19, V. 1-10) Siegfried Menthel

Kirchentermine im November