Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 4/2006
April 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schönefeld: Genehmigt - aber mit Nachtflugverbot!
Fußgängersteg über die Müggelspree geplant
Der Traum vom Nordkap
Paul braucht Hilfe
Soll die Schule später anfangen?
Der Bote wünscht "Frohe Ostern"!
Aus dem Kritischen Salon Berlin-Müggelheim
Weitere Meldungen
Karikatur
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Serie für den Natur- und Gartenfreund

Serie für den Natur- und Gartenfreund Weltenbummler Veilchen

von Marianne Schäfer

Schon 400 vor Christi war das Veilchen eine sehr beliebte Frühlingsblume. Sogar Hildegard von Bingen verbreitete in ihren Büchern Rezepte für Veilchencreme bei Hautleiden (es wirkt antiseptisch) und im 12. Jahrhundert war es Brauch, dass der gesamte Hofstaat hinaus in die Donau – Auen zog, um die ersten Veilchen des Jahres zu begrüßen. Einen Strauß duftender Veilchen warf Josèphine de Beauharnais einst Napoleon zu, als sie sich das erste mal begegneten. Seither war das Veilchen Symbol ihrer beider Liebe. Zum Ende des 19. Jahrhunderts dufteten Puder, Taschentücher, Briefpapier und Parfüm nach süßen Veilchen, man lutschte Veilchenpastillen und nippte an Veilchenlikör. Goethe grub es mit all seinen Würzlein aus und schrieb ein Gedicht.

Viele Jahre des 20. Jahrhunderts war es Mode, romantische Sprüche und Glanzbilder in Poesie-Alben zu sammeln. „Sei wie das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und rein. Nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein.“

Offensichtlich ist das Veilchen gar nicht so bescheiden. Sein Duft ist so intensiv und markant, dass man meint, es will gefunden werden. Es gibt, oder gab, 70 Kulturformen des Duftveilchens. Großblütig, langstielig, gefüllt, aber viele Züchtungen sind teilweise schon wieder verschwunden. Wildformen gibt es in großer Zahl, beinahe weltweit. Es gibt Veilchen in Mooren und Sümpfen, in Wäldern, im Heidesand, auf Alpenmatten und in Felsspalten in Grönland und in Alaska. Ebenso auf Kalkböden auf Inseln in praller Sonne, während wir es im lichten Waldschatten kennen.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts begann ein wahrer Züchterrausch. Man kreuzte verschiedene Wildformen, besonders in England und in Frankreich, aber auch Deutschland beteiligte sich erfolgreich an dem Züchterwettstreit um das „Superveilchen“. Heute sind andere Pflanzen, aus exotischen Breiten auf dem Markt. Es zählt wieder das wilde Duftveilchen zu unseren Lieblingen. Auch ich liebe das kleine, manchmal schon im März, an geschützter Stelle blühende, dunkelviolette, auch rosa oder weiße Veilchen. Ich kann nicht wiederstehen und will es, wie Goethe, mit all seinen Würzelchen ausgraben, um es in meinem Garten unter Rosen wieder einzupflanzen. Bevorzugte Fundstellen sind wilde Gartenabfallhaufen am Waldrand von Siedlern!

Aber in der Fachliteratur habe ich jetzt gelesen, dass die Veilchenwurzeln bis zu 35 cm tief im Boden verankert sind. Nun weiß ich auch, warum sie dann in meinem Garten so leidend aussehen. Sie lieben humosen, aber durchlässigen Boden mit teilweiser Beschattung. Wenn sie gut eingewachsen sind und ein beträchtliches Polster gebildet haben, senden ihre, knapp über dem Laub stehenden Blütenstielchen wahre Duftwolken. Da macht es doch direkt Spaß, in der Nähe etwas Unkraut zu zupfen. Ganz automatisch verbeugt man sich vor den Veilchen, um den Duft zu genießen. Das haben sie auch verdient!

Sind sie einmal im Garten heimisch, sind sie beinahe „wartungsfrei“. Man kann sie als Bodendecker flächig unter Gehölzen ansiedeln. Ich habe es unter meinen Rosen versucht, aber auch im Steingarten und aus Platzmangel dicht an den Buxusbüschen. Mit Erstaunen stelle ich fest, dass sie an bestimmten Stellen immer wieder verschwinden. Dafür blühen an ganz anderer Stelle Veilchen, wo ich nie welche gepflanzt hatte. Man kann die liebenswerten kleinen Pflänzchen als eigensinnig oder als Wanderer bezeichnen. Sie wollen manchmal nicht so wie wir, dann verschwinden sie lieber. Aber dann habe ich meine weißen Ausreißer zwischen den Johannisbeersträuchern wiedergefunden. Auch gut, da können bleiben.

In meinem Buch habe ich nun gelesen, wie sie das machen. Diese Beweglichkeit ist sozusagen „Teamwork“. Ihre Samen tragen einen süß schmeckenden Köder an jedem Samenkorn. So können sie damit rechnen, dass Ameisen die Samen wegtragen. Da wo sie gelandet sind keimen sie und entwickeln sich zu neuen Duftwundern. Genau das ist auch sicherlich der Grund, warum sie beinahe weltweit verbreitet sind. „Viola odorata“ ist auf diese Weise ursprünglich aus dem Mittelmeerraum zu uns gekommen. Ein kleiner Spruch sagt: Der Natur freien Lauf lassen, sie gewähren lassen ist das Geheimnis idyllischer Gärten.