Müggelheimer Bote
5. Jahrgang, Ausgabe 06/99  
Juni 1999 Home  |  Archiv  |  Impressum


Inhalt

Informationen unter Protesten

Müggelheimer BVBB-Gruppe wählte Sprecher

Alles vorbei oder noch alles möglich? Denkanstöße zum Flughafen-Verfahren

Vom Holzfäller zum Oberförster

Großer Andrang bei Baustadtrat Scholz

Vereine im Profil: Paddelschwingend durch die eisfreie Wasserzeit

Persönlichkeiten: Ein kämpferisches Herz für Benachteiligte

Nichts mit Jungen am Hut: Neue Mädchengruppe hat auch so Spaß

Weitere Meldungen
Rubriken

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Meinung

Kleinanzeigen

Sportsplitter

Aus den Vereinen

Mügge

Serie für den Natur- und Gartenfreund

Märchen aus dem Müggelwald

© 1999 Müggelheimer Bote

Zuletzt aktualisiert am 24.09.1999

webredaktion@mueggelheimer-bote.de

Serie für den Natur- und Gartenfreund

Warum die Natur geschützt werden muß

An einem der ersten sonnigen und warmen Wochenenden traf ich Auf der Straße zwei Kinder mit einem leeren Marmeladenglas. Sie suchten eifrig die Grundstückszäune und Straßenränder ab. Auf meine Frage, was sie denn suchen, antworteten sie: „Eidechsen, die wollen wir zu Hause ins Aquarium setzen.” Ich bekam vor Schreck wohl nicht die richtige Antwort heraus, sagte nur: „Das dürft ihr nicht, weil es verboten ist.”
Vielleicht hat ihr Opa aber zu ihnen gesagt: „Das habe ich als Kind auch so gemacht.” Doch selbst wenn es so wäre, müßten er und die Eltern doch wissen, daß seit dem 1. Dezember 1984 (DDR-Naturschutzverordnung) auch alle Eidechsen streng geschützt sind. Dieses Gesetz wurde später noch erweitert und betrifft alle Amphibien, einschließlich Schlangen. Aber auch etliche Vogelarten, einige Säugerarten, Insekten und seltene Pflanzen.
Sicherlich sind die vom Opa damals gefangenen Eidechsen schnell gestorben. Denn kein Laie kennt die Lebensbedingungen der Tiere und kann sie demnach auch kaum gewähren.
Es wäre schön, wenn sich alle Großeltern an die vielen Tiere die hier in Müggelheim und Umgebung zu hören und zu sehen waren erinnern würden. Dazu gehörten die lauten Froschkonzerte, die aus allen Gewässern in Sommernächten zu hören waren. Die bezaubernden Gesänge der Nachtigallen in lauen Frühlingsnächten. Das Jubilieren der Feldlerchen im freien Himmel über den Getreidefeldern. Der Ruf des Käuzchens in der Dämmerung aus dem Wald. Das fröhliche „Quitsche-witt” der Rauchschwalben, die besonders im Dorf in pfeilschnellem Flug Insekten fingen um sie dann ihren Kindern in den Ställen in die hungrigen Schnäbel zu stopfen. Oder an die wenigen Brutkolonien der Mehlschwalben an weißen Hauswänden. Nur noch selten hört man den prächtigen Flötgesang des Pirols. Früher konnte man auch noch bei Spaziergängen an den Ufern der Seen dem Gesang des Teichrohrsängers aus dem dichten Schilfgürtel lauschen. Ich fand ihn immer besonders lustig: Kalle, Kalle kiek-kiek-kiek.
Erst wenn man darüber nachdenkt, wird einem bewußt, was sich alles verändert hat.
Früher: Die Besiedlung Müggelheims war weitaus geringer. Zwischen den Ansiedlungen lagen noch Roggen- und Kartoffel-Felder. Es gab Feldraine und kahle Blößen mit viel Sand, Gräsern und Hungerblümchen (wie den ehemaligen Mühlenberg). Es gab Kiesgruben, manche so tief, daß sich das Wasser darin ansammelte und Schilf die Mini-Feuchtgebiete begrünte. Mächtige Schilfgürtel umsäumten alle Gewässer. Seerosen und Mummeln blühten in ruhigen Buchten und reichlich Wasserpflanzen sorgten für klares, gesundes Wasser. In den Ställen der Bauernhöfe standen Rinder, Pferde, Schweine. Es gab Hühner, Enten, Gänse und Tauben. Die Wiesen wurden gepflegt und gemäht. Es gab kaum Autoverkehr und der Motorbootsport war so gut wie nicht entwickelt. (Zeitraum etwa 1920 bis 1950).
Heute: Bis auf die beiden „Breiten Stücken” sind alle ehemaligen Felder parzelliert und meistens bebaut. Die Einwohnerzahl ist schon auf über 5000 gestiegen. Die Grundstücke sind kleiner und werden kaum mehr zum Obst- und Gemüseanbau genutzt. Es hat eine erhebliche Flächenversiegelung stattgefunden. Kiesgruben sind mit Müll verfüllt worden. Durch die Förderung von mehr Trinkwasser, sank der Grundwasserspiegel. Folge: Verlandung von Moor- und Gewässerrändern.
Autoverkehr und Motorbootsport haben stark zugenommen, Flugzeuge beeinträchtigen mit Lärm und Abgasen jedwede Art von Lebewesen - Mensch, Tier und Pflanze. Landwirtschaft wird keine mehr betrieben, die Ställe sind leer, auch Schwalben haben dort kein Zuhause mehr. Und dort, wo sie versuchen, sich seßhaft zu machen, werden sie mit langen Stangen am Nistbau gehindert, wie im Wohnpark Ludwigshöhe. Doch das ist bei Strafe verboten!
Schwankender Wasserstand, hohe Schadstoffeinleitungen in die Gewässer, sowie starker Wellenschlag durch Motorboote hat zum Schilfsterben geführt. Ein Verlust an Lebensräumen für Fische, Lurche, Vögel und Insekten!
Durch die Monokultur in Feld und Wald sind Ginster, Thymian, diverse Wiesenblumen und Kräuter seltener geworden. Die große Vielfalt der Schmetterlinge und Schwärmer, der unauffälligen Schwebfliegen und kleinen Libellen verliert ihre Lebensbasis. Viele Käferarten sind in Müggelheims Umgebung schon jahrelang nicht mehr zu finden. Ich kann mich noch gut an die Tier-Vielfalt erinnern. Ich bedaure, daß es nur noch Restpopulationen in unserer Umgebung gibt - wenn überhaupt noch.
Und dennoch wollen viele der neuen Müggelheimer gerade wegen der Natur mit ihren Kindern hier leben. Eltern, unterstützen Sie Ihre Kinder, bringen Sie ihnen die Natur nahe. Das muß nicht mit Eidechsen und Fröschen in Glaskäfigen sein. Richten Sie ihnen ein eigenes Gartenbeet ein, auf dem sie sehen können, wie aus Samen Blumen oder Gemüse wird. Auch der Garten bietet viele „Krabbler” wie Kellerasseln, Feuerwanzen oder Schnecken, die unter Anleitung von Erwachsenen entdeckt werden können.Die Achtung vor jeglichem Leben will erlernt und gelebt werden!
Unsere Wohn- und Lebensansprüche sind gestiegen. Deshalb muß die Natur geschützt werden, wo sie es alleine nicht kann. Naturschutz heißt nicht nur Schutz von Regenwäldern oder Korallenriffen, von Walen oder Elefanten. Naturschutz heißt auch Schutz von Fröschen, Eidechsen, Vögeln, Säugern, Insekten und seltenen Pflanzen - hier in unserem Lebensbereich. MS

Seitenanfang