Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 05/2002
Mai 2002

Inhalt
Sparmaßnahmen schweben wie ein Damoklesschwert über dem Dorfclub
Neu-Helgoland: "Jetzt wird kräftig in die Hände gespuckt..."
Kita-Pläne vom Denkmalamt gekippt
Neuer Umweltstadtrat positioniert sich gegen den Flughafen
Müggelheimer Angerfest in bewährter Tradition
Unzureichende Protokollierung der Schönefeld-Erörterung
Menschenkette gegen Flughafen Schönefeld
Gelbe Welle soll Wassertouristen nach Müggelheim bringen
Die etwas andere Geschichte
Fest wurde zum treff umfunktioniert
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Leserbrief
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Aus Gosen
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Serie für den Natur- und Gartenfreund
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Müggelheimer Bote
 

Unzureichende Protokollierung der Schönefeld- Erörterung

Unser Autor, Klaus Breiler, hat Flugzeugführung studiert und blickt auf eine 40jährige Erfahrung als Fluglehrer zurück. 1969 war er verantwortlich für die Erprobung des Agrarflugzeugs Z-37, 1984/85 Mitglied der internationalen Fliegerstaffel „Dürrehilfe für Äthiopien”. 1990 wurde er noch in Seattle / USA auf den Flugzeugtypen B757 /767 ausgebildet. Der Müggelheimer hat vor, demnächst im Müggelheimer Boten unter anderem die Luftfahrtstruktur über unserem Ortsteil zu beschreiben und deren Auswirkungen zu skizzieren.

Bis zum 11. März bestand die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Protokoll. Als Einwender aus Müggelheim habe ich davon Gebrauch gemacht. Das Protokoll spiegelt den Charakter des Verfahrens wider, es ist unvollständig. Im Ermessen des Dezernatsleiters Herrn Leyerle vom Landesamt für Bauen, Wohnen und Verkehr wurden einige Fragen zur Erörterung an den Träger des Vorhabens Flughafen weitergeleitet. An einem Beispiel will ich zeigen, wie Fach- und Sachdiskussionen nicht zu Ende geführt wurden. Sachlich erörtern kann man aber nur, wenn man Tatsachen und Wahrheiten nicht verschweigt. Dieses Verhalten war bei der Verhandlungsleitung und beim Träger des Vorhabens Flughafen nicht erkennbar.

Eine Wahrheit wurde bereits im Raumordnungsverfahren genannt: „In Fragen des Umweltschutzes schnitt Schönefeld am schlechtesten ab.” Im gleichen Dokument steht auch eine klare Feststellung zum Fluglärm: „Ein 24-Std.-Betrieb sei nicht möglich.” Zum Thema Flugsicherheit / Umweltschutz sprach ich unter anderem über die Gefährdung des Trinkwasserschutzgebietes Müggelheim / Müggelsee durch Luftfahrzeuge.

Protokollauszug vom 27.09.2001:

Redner 184 (Herr Breiler, Müggelheim) betont, dass nicht nur der schmale Sektor für den Präzisionsanflug betrachtet werden muss. Er verweist darauf, dass z.B. der Müggelsee und das Wasserwerk Friedrichshagen überflogen werden (mein Beispiel mit Datum und Uhrzeit wird im Protokoll nicht erfasst). Redner 184 fragt, wie viele Flugbewegungen auf dem neuen Flughafen stattfinden sollen.

TdV Flughafen (Träger des Vorhabens): Herr Jacob erklärt, dass bei Erreichen der Endausbaukapazität 360 000 Flugbewegungen pro Jahr stattfinden sollen.

Redner 184 fragt nochmals, ob die Tiefbrunnenanlage um den Müggelsee überflogen wird.

TdV: Herr Jacob erklärt, dass im Landeanflug nach den Instrumentenflugregeln der Müggelsee nicht überflogen wird.

Redner 184 führt aus, dass neben den Präzisionsanflügen auch noch andere Anflugarten, z.B. Sichtanflüge, möglich sind.

Verhandlungsleitung: Herr Tamm- Blechschmidt fragt nochmals, ob es bei einem Sichtanflug zu einem Überflug über die genannten Gebiete kommen kann.

TdV: Herr Jacob betont, dass sich seine Aussagen auf den auszubauenden Flughafen und auf die Instrumentenan- bzw.- abfluglinien bezogen.

Verhandlungsleitung: Herr Leyerle versteht Herrn Jacob so, dass bei den Instrumentenfluglinien der Müggelsee nicht überflogen wird. Dies ist jedoch im Sichtanflug möglich.

Zur Klärung des Sachverhaltes wird nun von mir folgende Karte aus dem Luftfahrthandbuch der DDR vorgelegt; (wer Schönefeld mit einer Nachtflugerlaubnis aus DDR- Zeiten betreibt, der wird auch eine Karte zur Kenntnis nehmen, wo die Anflugsektoren bereits eingezeichnet sind).

Redner 3 (Herr Breidbach, BVBB) führt aus, dass Herr Jacob versucht, mit der Unwahrheit einen Tatbestand gegenüber der Anhörungsbehörde wegzudiskutieren (empörte Zwischenrufe auch von den Zuschauern). Die Verhandlung wird um 15.25 Uhr für eine Pause von 20 Minuten unterbrochen.

Zur Verkürzung der sinnlosen Diskussion beantragte ich die Vorlage einer Karte, wo die für die Trinkwassergewinnung relevanten Tiefbrunnen eingetragen sind. Danach wollte ich diese mit den Anflugkarten aus dem Cockpit vergleichen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Meine Feststellungen dazu:

Mit Sicherheit existieren solche Karten. Die Umweltverschmutzung wird bagatellisiert. Die Errichtung eines Großflughafens, wo die Anflugsektoren über die Trinkwasseranlagen für eine Großstadt geführt werden, widerspricht dem Flächennutzungsplan von Berlin. Private Brunnenanlagen finden bei dem Genehmigungsverfahren keine Beachtung. Die Verhandlungsleitung kam dem Vorhabensträger in unzulässiger Weise entgegen. Die Vertreter des Flughafens antworteten nach einstudierten Rollen. Grundsatzfragen wurden nicht geklärt, weil die Vertreter von den Ministerien und dem Senat nicht anwesend waren. Grundsatzdokumente, wie die Luftverkehrszulassungsordnung, fehlten zur Einsichtnahme.

Warum ist dieses Thema so wichtig?

Die Betriebsstoffbehälter eines Luftfahrzeuges (Treibstoff, Schmierstoff, Hydrauliköl) und ihre Systeme befinden sich außerhalb des druckdichten Rumpfes und sind damit großen Temperatur- und Luftdruckschwankungen ausgesetzt. Über Drainageleitungen können Betriebsstoffe in die Umwelt gelangen. Die hohen Arbeitsdrücke der Systeme führen zu Undichtigkeiten, die nicht sofort zu einer Reparatur und damit Startverzögerung führen müssen. Der Luftfahrzeughalter führt deshalb Listen mit zeitweilig zulässigen Mängeln. So wie Betriebsstoffspuren auf den Abstellplätzen sichtbar sind, gelangen sie auch in die Luft. Wenn dies in Bodennähe und immer an gleicher Stelle passiert (z.B. im Endanflug) dann summiert sich diese Umweltbelastung.

In der Reiseflughöhe relativiert sich diese Belastung. Mit Erreichen der Endausbaustufe sind für Schönefeld 360 000 Flugbewegungen im Jahr vorgesehen, d.h. Müggelheim und das Trinkwasserschutzgebiet werden täglich bis zu 500mal überflogen. An einem Regentag bedeutet das gleichzeitig 500 Flugzeugwaschungen (wegen der hohen Anfluggeschwindigkeit und der Luftdruckverteilung an den tragenden Teilen ist die Wirkung besonders intensiv). Ein Luftfahrzeug belastet die Umwelt mehr als jedes andere Verkehrsmittel speziell bei Start und Landung. Diese Tatsache muss der Entscheidungsträger berücksichtigen.

Im Flächennutzungsplan von Berlin ist festgelegt: „Eine wichtige Aufgabe der Zukunft ist der Schutz der begrenzten Grundwasserreserven der Region vor Verschmutzungen. Dies gilt besonders für die Wasserschutzgebiete.(...) Die Flächennutzungsplanung hat das gesetzlich vorgegebene Ziel, zur Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und zum Schutz und zur Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen beizutragen. (…) Für einen leistungsfähigen, stadt- und umweltverträglichen Verkehr sind neue Lösungen erforderlich”.

Wenn man sich bereichern kann (Liquidierung und Enteignung der Interflug GmbH) und wenn Korruption und Parteienfilz die Luftverkehrspolitik der Region beeinflusst, dann werden diese Grundsätze über Bord geworfen.

Wenn ein Mensch unvernünftig ist, zerstört er durch starkes Rauchen seine Lunge. Wenn Politiker unvernünftig sind, zerstören sie durch den Bau eines Großflughafens die grüne Lunge für viele Menschen. Die Anhörung zeigte die Größe des Interessenkonfliktes. Fachleute haben im Raumordnungsverfahren vor dem Standort Schönefeld gewarnt. Eine Dauerkonfrontation mit den politisch Verantwortlichen ist vorprogrammiert.