Serie zum Kirchweih-Jubiläum III.
Exkursion zu den Kirchen der Kolonistendörfer - heute Gosen
von Dr. Bärbel Kovalevski
Welcher Müggelheimer kennt nicht Gosen? Seit Bestehen des
Müggelparks gehören die Müggelheimer zu den ständigen
Kunden und Besuchern dieses Einkaufs- und Freizeitzentrums. Doch
dieses Mal wollen wir das Dorf Gosen bzw. seine Kirche am Dorfplatz
mit der Eiche besuchen. Auch diese Kirche wurde lange nach der Gründung
des Ortes durch die Ansiedlung von Kolonisten erbaut. Der Kriegs-
und Domänenrat Pfeiffer gründete im Rahmen der von Friedrich
II. befohlenen Neuanlage von 105 Kolonistendörfer in den Jahren
1751 bis 1756 die Orte Neu Zittau, Friedrichshagen und Gosen. Hier
wurden Spinnerfamilien zum Beispiel aus dem sächsischen Zittau
angesiedelt, die für die Berliner Tuchmanufakturen preiswertes
Spinngarn liefern sollten. Dafür wurden Haus, Brennholz, Garten,
Wiesen und Weiden für eine Kuh unentgeldlich gestellt. Im Jahr
1752 mit dem Aufbau Gosens begonnen, standen 1755 schon 50 ausgebaute
Spinnerhäuser, davon waren 13 bewohnt. Bis 1895 besuchten die
Gosener die Gottesdienste in der Kirche in Neu-Zittau. In diesem
Jahr wurde der Beschluß in der Dorfgemeinschaft gefaßt,
eine eigene Kirche zu bauen, doch erst am 7. August 1912 wurde der
Grundstein gelegt und 1914, im Jahr des Beginns des 1. Weltkrieges,
konnte die evangelische Kirche in Gosen eingeweiht werden. Diese
Feier wird in der Gosener Chronik recht anschaulich beschrieben.
Es war ein Sonntag, der 26. April, das Dorf war mit Fahnen und Girlanden
geschmückt, ein sonniger Frühlingstag, an dem viele Gäste
zur feierlichen Weihe der neu erbauten Kirche nach Gosen gekommen
waren. Der Baurat Scherler-Beeskow überreichte den Kirchenschlüssel.
Der Gosener Männergesangverein unterstützte die kirchliche
Feier, die der Generalsuperintendent D. Koehler mit einer Festrede
eröffnete. Mit Orden wurden die Männer geehrt, die sich
besonders in den 19 Jahren um den Kirchenbau verdient gemacht hatten,
wie Pastor Asmis, der Gemeindevorsteher Taeger, Wilhelm Noack, H.
Wilhelm Schust und August Vetter. Noch konnte die festlich gestimmte
Gemeinde nicht ahnen, welches Kriegsunglück in wenigen Wochen
hereinbrechen sollte. Die Gosener Kirche hat die wechselvollen schweren
Zeiten des 20. Jahrhunderts unversehrt überstanden.
Beim Betreten der Kirche fällt auf, daß der Raum einen
ungewöhnlich harmonischen Eindruck macht, der durch einen zweiten
Blick erklärbar wird. Der Kirchenraum bietet sich frei dem
Eintretenden dar, ist nicht durch Säulen gegliedert. Große
Fenster erhellen den Raum. Die Decke ist flach und nicht gewölbt.
Gegenüber dem Eingang, wie gewohnt, der Altar in Ostrichtung.
Das Altarretabel, die Wand hinter dem Altartisch, ist künstlerisch
gestaltet. Das Mittelfeld wird rechts und links von zwei korinthischen
Säulen begrenzt, während vor einem dunkelroten Grund mit
goldenen Ornamenten das plastische Kruzifix, Christus am Kreuz,
zu sehen ist, ohne jede andere Assistenzfigur wie zum Beispiel Maria
und Johannes wie in der Kirche von Neu-Zittau. Der Altar wird bekrönt
durch einen neo-barocken Giebelabschluß, in dem im ovalen
Feld das Auge Gottes zu sehen ist, die allwärtige Gegenwart
Gottes symbolisierend. Der Altar wie auch die Kanzel und die kleine
Sakristei sind aus Holz geschnitzt und bemalt. Die Flächen
bzw. Felder sind dunkelrot oder schwarz marmoriert und die begrenzenden
Leisten sind blau-grau, gold und weiß abgesetzt, ein festlicher
Farbklang.
Vom Altar aus auf den Eingang blickend, sieht man die leicht geschwungene
Empore, auf der sich auch die kleine Orgel befindet, deren Gehäuse
in seiner Dekoration und Farbgebung mit der übrigen Kirchenausstattung
übereinstimmt. An den Wänden fallen die Holztafeln mit
geschnitztem Rahmen auf, welche vom Kriegerverein Gosen nach dem
Ende des 1. Weltkrieges gestiftet wurden und die Namen der Gefallenen
tragen.
Ein besonderes Ausstattungsstück der Kirche ist das Taufbecken
aus Kalksandstein, vermutlich von der Kalksandstein-Fabrik, die
damals in Gosen ihren Sitz hatte. Es ist ein mächtiger, grau
gestrichener Steinblock in kräftiger breiter Kelchform, wie
er in den Kirchen des Mittelalters zu sehen ist und hier auch sein
Vorbild hat.
Diese außen so schlicht wirkende Kirche mit einem kräftigen
Glockenturm steht vor der Kreuzung, etwas seitwärts zur Hauptstraße
des Ortes Gosen. Die Einheitlichkeit ihrer erhaltenen Ausstattung,
sie ist seit der Einweihung der Kirche 1914 nicht verändert
worden, gibt ihr einen besonderen Stellenwert in der Denkmalpflege.
Der herrschende Kunststil im deutschen Kaiserreich war der Historismus,
der hier mit einem Spätwerk in der Art des Neo-Barock schlicht
und dezent zur Wirkung kommt.
Zwei Gemälde gehören ebenfalls zur Ausstattung der Kirche,
die aber wohl jetzt nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz
hängen. Es ist einmal ein Porträt von Friedrich II., dem
Begründer der Kolonistenorte in Brandenburg, zu denen auch
Gosen gehört. Das zweite Bild zeigt ein Schiff auf stürmischer
See, ein symbolisches Motiv, das einerseits den realen Hintergrund
der Unsicherheit aller Schiffahrt festhält, welche auch von
Gosenern betrieben wurde und darüber hinaus das Lebensschiff
darstellt, welches nur durch Glauben und Vertrauen auf Gott den
sicheren Hafen erreichen wird.
Den Bürgern und Sponsoren von Gosen sei gedankt, dass sie es
jetzt vermochten, die Kirche durch ein neues Dach zu sichern. Eine
notwendige Renovierung sollte mit aller Vorsicht erfolgen. Man kann
sich auch vorstellen, dass der umgebende Kirchplatz einen parkähnlichen
Charakter bekommen könnte, der zum Verweilen und Erholen einlädt.
Literatur: Amt Spreenhagen - auf dem Sprung ins
21. Jahrhundert. Amt Spreenhagen 2000.
Für Auskünfte und Unterlagen danke ich Herrn Schnuppe,
Gosen.
Von Gosen führt die Gosener Landstraße Richtung Berlin-Köpenick
über Müggelheim. Die Straße wird hier durch den
Dorfanger geteilt, auf dem schon von Ferne der helle Bau der kleinen
Kirche zu sehen ist, die in diesem Jahr, am 1. Juli, den zweihundertsten
Jahrestag ihrer Einweihung feiert.
Am 1. Juli 1804 wurde nach einjähriger Bauzeit die kleine Kirche
eingeweiht. Baumeister Berger, von dem bisher weiter keine Nachrichten
übermittelt sind, errichtete diesen Bau. Es ist ein schlichter
Putzbau auf quadratischem Grundriß mit hohen, rechteckigen
Fenstern nach dem Muster des empfohlenen Quersaalbaues des 17. Jahrhunderts
für evangelische und reformierte Kirchen. Im Innern tragen
vier hölzerne Säulen eine Flachdecke. An der Nordseite
ist eine später eingebaute Empore, an der Südseite, entgegen
der üblichen Ostrichtung, der Altar. Die Kolonisten, die einst
aus der Pfalz von König Friedrich II. nach Brandenburg gerufen
wurden und sich 1747 in Müggelheim niederließen, hatten
lange Jahre kein eigenes Kirchengebäude. Sie hielten ihren
Gottesdienst in der Betstube des Schulhauses oder nahmen am Gottesdienst
der reformierten Gemeinde an der Schloßkapelle in Köpenick
teil. Die Familien aus der Pfalz waren ebenfalls Anhänger des
reformierten Glaubens, dem sie auch bis zur königlichen Verordnung
über die Union der reformierten und lutherischen Gemeinden
im Jahre 1817 anhingen. In den Kirchen der Reformierten, die nach
den Lehren des schweizerischen Reformators Johannes Calvon (1509-1564)
lebten, waren christliche Bilder und Plastiken verbannt, einzig
die die Symbole der Evangelisten waren erlaubt. Nichts sollte die
Aufmerksamkeit von der Predigt ablenken. Und so war auch für
die Müggelheimer Dorfkirche die Zweckmäßigkeit und
Schlichtheit maßgebend, die zur Ausstattung nur einen einen
hölzernen, reich profilierten Kanzelaltar und Sitzbänke
vorsah, die bemalt wurden. Die Glasfenster mit den Symbolen der
Evangelisten gehören wohl zu einer späteren Zeit, vielleicht
aus dem Jahre 1910, als auf dem Walmdach der kleine Dachreiter zur
Aufnahme der Glocken errichtet wurde.
Anlass für den kleinen Rundgang durch die Kirchen der ehemaligen
Kolonisten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts rund um den Müggelsee
ist das diesjährige Jubiläum der Dorfkirche von Müggelheim.
Es wurde vom Pfarrer und dem Gemeindekirchenrat mit vielen Aktivitäten
vorbereitet und soll nun festlich begangen werden.
Quellen: Herbert Pieper „Das MüggelheimBuch”
Berlin 1997 /„Kirchen in Berlin” Berlin 1987 / Kurt
Pomplun „Berlins alte Dorfkirchen” Berlin 1984 / Walter
C. Türck „Die Dorfkirchen von Berlin” Berlin 1950
u.a.
Kirchentermine im Juni
Gottesdienste
Sonntag, 6.6., 10 Uhr: Gottesdienst - Pfarrer Fredrich
Sonntag, 13.6., 10 Uhr: Konfirmationsgottesdienst mit Abendmahl
- Pfarrer Menthel
Sonntag, 20.6., 10 Uhr: Festgottesdienst zum 20-jährigen Kirchenjubiläum
Sonntag, 27.6., 10 Uhr: Gottesdienst - Vikarin Schwedusch-Bishara
Kirchweihfest: 16.-20. Juni, Programm siehe separaten
Artikel
Kirchenkonzerte:
Samstag, 12.6., 18 Uhr - Klavierkonzert und Literatur mit Michael
Stöckigt und Jochen Schmidt
Samstag, 26.6., 18 Uhr: Konzert für Saxophon solo mit Roland
Menthel
Gemeindekirchenrat: Mo., 7.6., 19.30 Uhr
Junge Gemeinde: montags, 19 Uhr, Kirchstraße
4 in Köpenick (außer Ferien)
Gemeindeabend: Dienstag, 8.6., 20 Uhr, Besuch bei
unserer Partnergemeinde Chanka/Äthiopien. Bilder und Berichte
von Siegfried Menthel und Mitreisenden
Treff der älteren Generation: Mittwoch, 9.6.,
14 Uhr in der Gaststätte Krampenboje, Krampenburger Weg
Umweltkreis: Dienstag, 15.6., 20 Uhr bei Familie
Jacobius, Darsteiner Weg 36a
Andacht zum Johannistag: Donnerstag, 24. Juni,
19.30 Uhr in der Kirche
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