Müggelheimer Bote
15. Jahrgang, Ausgabe 10/2008
Oktober 2008
Müggelheimer Bote

Inhalt
Müggelheim bekommt eine "Dorfkneipe"
Anger bald baumlos?
Qualitätspreis ging an Müggelheimer
Gelungenes Schulhoffest mit großem Sponsorenaufgebot
Schüleraustausch: Eintauchen in eine andere Welt
Abschied von Dr. Herbert Pieper
Weitere Meldungen
NEU: MehrWert für Müggelheim
Karikatur
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Jugendclub Mügge
Aus der BVV
Kleinanzeigen
Heimatverein
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheim im Internet
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Eintauchen in eine andere Welt

Müggelheimer Schüler erzählen von ihren Erfahrungen in anderen Ländern

von Annekathrin, Max, Nora, Patrick und Philipp

Viele Zehntklässler beschließen, nach erfolgreichem Mittleren Schulabschluss, für einige Zeit ins Ausland zu gehen. Bei manchen sind es nur wenige Monate, andere bleiben ein Jahr lang. Klassiker ist und bleibt dabei die USA. Wir haben fünf Rückkehrer gebeten, über Ihre Erfahrungen zu berichten. Allesamt Müggelheimer, die im vergangenen Schuljahr in den USA, in Kanada oder Australien waren und nun wieder auf ihre alten Schulen gehen - vollgestopft mit schönen Erinnerungen fürs Leben und den besten Sprachkenntnissen.

Australien – Ein Besuch bei Kängurus, Koalas und im ganz normalen Alltag der „Aussies“

Im April dieses Jahres hieß es für mich Koffer packen, Familie und Freunde verabschieden und ab in den Süden. Ich wollte die Nordhalbkugel für drei Monate verlassen, um mich auf dem „fünften Kontinent“ der englischen Sprache, einer Menge Herausforderungen und zahlreichen Erlebnissen zu stellen.

Annekathrin (2.v.links hinten) mit ihren australischen Schulfreunden - in der üblichen Schuluniform.

Während meines Aufenthaltes in der Festival-und Kulturstadt Adelaide (1,14 Millionen Einwohner) in South Australia an der Küste habe ich in einer sehr liebenswerten Gastfamilie mit drei Gastgeschwistern und einer japanischen Austauschschülerin gelebt. Oft haben wir zusammen Ausflüge unternommen, wie zum Beispiel in einen Wildlifepark, in dem man kuschelige Koalas auf den Arm nehmen konnte und die Möglichkeit hatte, sich zu den in der Sonne liegenden Kängurus zu gesellen. Zu meiner großen Freude habe ich auch eine Einladung zur Hochzeit meines ältesten Gastbruders bekommen und außerdem Verwandte der Familie in Melbourne besucht.

So konnte ich feststellen, dass die „Aussies“ wirklich so „easy-going“ sind, wie es ihnen nachgesagt wird. Sie sehen viele Dinge gelassener und mit weniger Ernst als wir Deutschen und sind sehr zugänglich, wenn man nicht zu schüchtern ist, ihnen mit der gleichen Offenheit entgegenzukommen. Sehr genossen habe ich auch die freundliche Art sowie den höflichen und respektvollen Umgang der Menschen miteinander. Oder würde ein Fahrgast der BVG dem Busfahrer beim Aussteigen ein fröhliches „Dankeschön“ mit einem herzlichen Winken schenken…?

Natürlich musste ich auch etwas für meine schulische Bildung tun und konnte auf diesem Wege den australischen Alltag in Schuluniform genauer kennenlernen und unter die Lupe nehmen. Ich ging mit 1200 weiteren Schülern, darunter vielen internationalen, auf die Unley High School. In Australien muss jeder Schüler nur sechs Fächer wählen mit Englisch als einzigem Pflichtfach. Besonders auffällig war auch, dass das Lehrer-Schüler Verhältnis sehr viel freundschaftlicher ist und einen höheren Stellenwert hat als das an deutschen Schulen der Fall ist. So wurde über nicht erledigte Hausaufgaben nur geschmunzelt und auch verspätetes Eintreffen, sowohl von Lehrern als auch von Schülern, gehörte in einem gewissen Rahmen einfach dazu.

Wie man wahrscheinlich schon heraushören konnte, hatte ich „down under“ eine unvergessliche, spannende und aufregende Zeit, in der ich interessante, neue Menschen kennengelernt und viele Eindrücke gesammelt habe, die man so sonst nirgendwo geboten bekommt. Zudem haben sich nicht nur meine Sprachkenntnisse entwickelt, sondern auch die Persönlichkeit. Und wer würde das Gefühl, zu wissen, dass man sogar am anderen Ende der Welt gute Freunde hat, nicht schätzen? Annekathrin Markert

Kanada – weitreichende Natur und ein langer Winter

Auch bei uns kam letztes Jahr der Punkt sich von Altem zu verabschieden und Neues zu entdecken. Wir hatten uns nach langen Überlegungen und Vorbereitungen dafür entschieden zehn Monate in Kanada zu verbringen, dort eine High School zu besuchen und die englische Sprache zu erlernen. Dabei war es witzig, dass wir in dieselbe Stadt kamen, obwohl wir uns unabhängig voneinander angemeldet hatten.

Diese Stadt hieß Prince George, die „nördliche Hauptstadt“ Britisch Columbias. PG, wie Insider ihre Stadt abkürzen, hat ungefähr 80.000 Einwohner und lebt fast vollkommen von der Holzindustrie.

Philipp (2. v. links) mit Mitschülern bei einer mehrtägigen Wanderung auf dem Mount Robson - mit Sack und Pack.

Die Erfahrung eine andere Mentalität kennen zu lernen war eine Möglichkeit die man nicht so schnell wieder bekommt. Die kanadische Mentalität kann man sehr gut mit der Phrase „easy going“ bezeichnen. Denn wirklich alle waren so relaxed wie es allgemein von den Kanadiern bekannt ist. Wir hatten auch das große Glück, mit einer sehr guten Organisation nach Kanada zu kommen. Die Betreuung vor Ort war wirklich Klasse und auch das Vor-Ort-Programm war super. So sind zum Beispiel fast alle west-kanadischen Austauschschüler zu einer mehrtägigen Skireise im wunderschönen Banff in Alberta zusammengekommen.

Allerdings wurden auch von der Schule verschiedene Ski- und Wandertrips angeboten. So sind wir zum Beispiel nach Big White zum Skifahren und zum Mount Robson zum Wandern gefahren. Das waren einfach nur tolle Erfahrungen.

Auch so waren die Möglichkeiten Wintersport in der Umgebung von Prince George zu betreiben richtig gut. Wir hatten einen sehr ausgiebigen und langen Winter der sechs Monate gedauert hat. Über diese Zeit hatten wir eine Temperatur von bis zu -30 Grad und Schneehöhen von bis zu zwei Metern. Deshalb kam es auch einmal vor das die Schulbusse nicht fuhren und wir einen freien Tag hatten.

In der Schule wurden insgesamt acht Fächer gewählt, vier je Semester, welche man dann jeden Tag in der Woche für zwei Stunden hatte. Die Schule hatte auch jede Menge tolle Fächer zur Auswahl, dazu zählten Kochen in der restaurantmäßigen schuleigenen Küche, Forensik in den Laboren, Tischlern oder Mechanik in dem sogenannten „Industrieflügel“. Auch das Schüler-Lehrer-Verhältnis war komplett anders. So wurde man zum Beispiel auch manchmal von einem Lehrer zum Mittagessen eingeladen. Man merkt sofort, dass die Schule einen ganz anderen Stellenwert innehat als in Deutschland und dass die Regierung sehr viel Geld in das Schulsystem steckt.

Im Endeffekt war dieses Austauschjahr mehr als wir erwartet hatten und ein unvergessliches Erlebnis das unser Leben und unsere Persönlichkeiten geprägt hat. Patrick Pogrzeba und Philipp Jacobius

USA - von „German Chocolate”, Patriotismus und nachhaltigen Fastfood-Orgien

Ich heiße Max Elies, bin sechzehn Jahre alt und war ein Jahr lang in St. Louis, im Bundestaat Missouri in den USA. Dort habe ich in einer Gastfamilie gewohnt, bin zur Schule gegangen und habe viele weitere interessante Dinge erlebt. Z.B. spielte ich als einziger ,,Weißer‘‘ im schuleigenen Basketballteam und wurde von meinen Teamkollegen oft ,,German Chocolate‘‘ genannt, was so viel wie Deutsche Schokolade heißt.

Im Großen und Ganzen spielt der Sport in den USA an der Highschool eine viel größere Rolle als bei uns. Für jede Sportart gibt es ein Team. Von Ice-Hockey, über Golf, bis zum Schach ist alles vertreten. Die Cheerleader darf man natürlich auch nicht vergessen, die einen bei jedem Spiel anfeuern, genauso wie die halbe Schule. Am beliebtesten sind jedoch Basketball und Football.

Ich hatte keine Probleme mich zu verständigen oder sonst der gleichen. Nach ca. einem Monat war ich der englischen Sprache schon sehr viel vertrauter. Natürlich gab es Wörter, die ich nicht wusste, aber das war normal und ich habe mich daran gewöhnt sie zu umschreiben.

Patrick bei einer Schneewanderung in British Columbia.

Die Vorurteile, die wir gegenüber Amerikanern haben, treffen schon teilweise zu. Sie sind sehr patriotisch und es wird viel und billig gegessen.

Nach der Schule trifft man sich nicht zum Fußballspielen oder so, nein, in einem Fastfoodrestaurant kann man für 7$ (ungefähr 4-5€) so viel Essen und Trinken wie man will und nebenbei sich noch mit Freunden unterhalten, was will man mehr? Die Überbleibsel dieser Freizeitbeschäftigung sind noch heute zu sehen, ich trainiere fleißig und kann mich glücklich schätzen, dass ich in den USA 10 cm gewachsen bin.

Die Amerikaner sind auch sehr gläubig. 3 Mal in der Woche zur Kirche gehen ist da normal.

Max (4. v. links, hinten) als einziger Weißer, neben dem Trainer, im Basketball-Team der Schule.

Meine erste Gastfamilie musste ich wechseln, weil sie mich zum Baptismus bekehren wollte und ich mich bedrängt fühlte. Sie meinten es würden schlimme Dinge passieren, wenn ich nicht an ihren Gott glauben würde usw…

Zusammenfassend hatte ich ein schönes Jahr. Habe aus meinen Erfahrungen gelernt, bin reifer geworden, habe immer noch Kontakt zu einigen Freunden in Amerika und würde jedem, der es will und die Möglichkeit hat, so ein Auslandsjahr in einem fremden Land, empfehlen.

Die Erfahrung, die ich dort gemacht habe, kann mir keiner nehmen und wird mein weiteres Leben indirekt prägen.

Ich hatte das große Glück an dem Parlamentarischen Patenschaftsprogramm teil nehmen und ein Vollstipendium erhalten zu dürfen. Bei Fragen und Interesse einfach bei mir melden. Max Elies, 659 7284

USA - Graduation und Prom als besondere Highlights

Mein Name ist Nora und ich war im letzten Schuljahr ein Jahr in den USA als Austauschschülerin. Ich habe dort bei einer Gastfamilie gewohnt und eine amerikanische High School besucht. Die Stadt, in der ich gewohnt habe, heißt Little Elm und liegt im Bundesstaat Texas, nahe der Großstadt Dallas.

Mit meiner Gastfamilie habe ich mich sehr gut verstanden. Meine Gastmutter war Lehrerin an einer Grundschule und meinem Gastvater gehörte eine Sportbar. Vor allem mit meinen beiden Gastgeschwistern bin ich sehr gut ausgekommen. Sie waren acht und neun Jahre alt und wie wirkliche Schwestern für mich. Meine Gasteltern kamen ursprünglich aus Ohio und waren Fans der Footballmannschaft des Ohio State Colleges. Die meisten Spiele der amerikanischen College Football Liga kommen im Fernsehen und wurden natürlich auch in der Sportbar meines Gastvaters gezeigt. So habe ich dort mit ihnen zusammen alle Spiele gesehen. Das war wirklich etwas Neues für mich; hier in Deutschland gibt es nichts Vergleichbares.

Nora, das Mädchen, dass uns anguckt, bei der Graduation.

Auch die Schule ist in Amerika ganz anders als hier; sieben Fächer werden gewählt, die man dann jeden Tag hat. Um halb neun fängt der Unterricht an und geht dann bis halb vier. Danach kann man an vielen Aktivitäten innerhalb der Schule teilnehmen. Es gibt Teams in vielen Sportarten, man hat die Möglichkeit im Chor oder einer Schulband zu sein oder sich in Naturwissenschaften mit anderen Schulteams zu messen. Ich war dort bei der Basketballmannschaft und hatte fünf Monate lang jeden Tag Training und zwei Spiele pro Woche. Das hat mir wirklich sehr gut gefallen, da es eine einmalige Erfahrung ist, im Team einer High School zu spielen. Die ganze Schule ist bei den Heimspielen dabei und man wird von Cheerleadern angefeuert.

Ein weiterer wichtiger Teil des Schullebens ist natürlich der „Prom“, so etwas wie ein Abschlussball, aber weniger förmlich. Alle machen sich schick, Jungs im Anzug und Mädchen in einem schönen Kleid und man geht zusammen mit Freunden oder einem „Date“ dahin. Ich hatte das Glück, dass meine Familie sich mit neun anderen Gastfamilien zusammen taten, um uns Austauschschülern eine Fahrt zum Prom in einer Stretchlimousine zu schenken.

Außerdem wurde ich in der Schule in die 12. Klasse eingestuft, sodass ich die Möglichkeit hatte, an der Abschlusszeremonie, „Graduation“ genannt, teilzunehmen. Diese war Ende Mai, in dem Stadion eines nahegelegen Colleges und alle Eltern, beziehungsweise Gasteltern, saßen in den Zuschauerrängen. Es ist wirklich etwas Besonderes, daran teilzunehmen und man fühlt sich sehr in die amerikanische Kultur integriert, wenn man das erlebt hat.

Dies waren alles positive Seiten meines Aufenthaltes in den USA, es gab jedoch natürlich auch Sachen, die mir nicht so gut gefallen haben. Zum Beispiel hat es mich an unser öffentliches Verkehrsystem gewöhnte Berlinerin sehr gestört, dass es dort so etwas nicht gab. Man ist immer von jemandem abhängig, der einen fahren kann. Den Führerschein haben dort auch schon alle ab 16, sodass es die Amerikaner kaum stört, da sie ja überall mit Auto hinfahren können.

Womit ich anfangs auch Probleme hatte, war mich in die amerikanische Art einzufinden mit Leuten umzugehen. Sie sagen nicht direkt, wenn sie Kritik an jemandem haben, sondern werden immer abweisender und erwarten, dass man sich auch so verändert, ohne dass man überhaupt weiß was los ist. Es spielt sich viel oberflächlicher ab, vor allem Freundschaften. Aber damit kommt man irgendwann zurecht und nimmt es auch nicht mehr so ernst, wenn sich irgendjemand deinen Freund oder deine Freundin nennt.

Abschließend würde ich es jedem empfehlen, ein High School Year zu machen, ob nun in Amerika, Australien oder Südafrika. Man wird selbstständiger und selbstbewusster, lernt neue Leute und Kulturen kennen und lernt natürlich die jeweilige Sprache. Nora Koreuber