Gedanken aus Müggelheim
von Simone Jacobius
Ein Blick aus dem Fenster und wir wissen es: der November ist da. Alles grau in grau, eine feuchte Dunstglocke hängt über der Stadt, Nebelschaden wabern durch die Straßen, morgens werden schon die ersten Eiskratzer aktiviert. Ein trüber Monat, einer der Trübsal verheißt. Leid und Freud liegen in kaum einem Monat so eng beieinander wie im November. Vielleicht liegen deswegen auch die Tage an denen man der Toten gedenkt in diesem Monat? Theologisch wird der November durch die Themen Tod, Zeit und Ewigkeit dominiert.
Am 22. November ist Totensonntag. Speziell an diesem Tag soll man all seiner gestorbenen Lieben gedenken. Naja, ich gedenke auch an anderen Tagen - immer dann, wenn's mich überkommt. Und das ist öfter als einmal im Jahr. Aber das ist die gleiche Diskussion wie mit dem Muttertag, die habe ich ja an eben dieser Stelle auch schon geführt. Ich will nicht nur an einem vorgeschriebenen Tag als Mutter gehuldigt werden, sondern das ganze Jahr. Aber Totensonntag ist ein guter Anlass, noch einmal nach der Grabstelle zu sehen und sie winterfest und weihnachtsfein zu machen.
Und eine Woche vorher, in diesem Jahr der 15. November, ist auch noch der Volkstrauertag. Da geht es um diejenigen, die im Krieg ihr Leben ließen in der Heimat, wie an der Front und auch um die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Und gleich das erste November-Wochenende stand im Zeichen der Gegensätze. Am 1. November war Allerheiligen, der Tag, an dem der Heiligen gedacht wird, diejenigen die in ihrem Leben und mit ihrem Sterben auf außergewöhnliche Weise ihren Glauben an Jesus Christus gezeigt haben. Das der Reformationstag, der, an dem Luther einst seine Thesen an die Wittenberger Schlosskirche genagelt hatte auf den Tag davor fällt (31.10.), ist auch kein Zufall. Luther wollte darüber sprechen, was man tun müsse, um mit Gott ins Reine zu kommen.
Man sieht, Leben und Tod liegen eng beieinander. Der Tod will uns zwar das Gruseln lehren, deswegen zogen auch wieder viele kiechernde Geister durch die Straßen am 31.10., dem Halloween-Tag. Aber am Ende wird der Tod ausgelacht, das Leben ist stärker - trotz aller Gedenken an ihn. Übrigens geht Halloween auf den keltischen Brauch „Samhain” zurück. In der Nacht zum 1. November erwarteten sie die Rückkehr der Toten an ihre alten Lebensorte. Zum Schutz wurden Feuer angezündet. Als die Kelten Christen wurden, hielten sie weiter daran fest. Durch sie wurde der 1. November zu dem Tag an dem man sich an die erinnert, die ihren Lebensweg im Glauben an Jesus Christus schon vollendet haben. Und Samhain wurde auf Umwegen zu Halloween.
Was uns das Gekiecher zu Halloween und das Gedenken an die Toten sagen sollen? Das Leben geht weiter, es hat schöne, wie auch weniger schöne Seiten. Eine der schönen im trüben November ist das Leuchten der Kerzen, der Duft von Tee und Punsch, flackernde Kaminfeuer, gemütliche Lese- oder Spieleabende. Und alles steuert auf die Weihnachtszeit hin. Denn schon eine Woche nach dem Totensonntag ist der 1. Advent, die Weihnachtsmärkte öffnen und über allem liegt ein zarter Tannenduft.
Was ich sagen will: Das Wetter draußen ist zwar garstig, aber lassen wir es trotzdem in unseren Herzen leuchten. Bereiten wir uns dafür das entsprechende Umfeld selbst vor, tragen wir unsere verstorbenen Lieben im Herzen und lassen sie an der beschaulichen Ruhe teilhaben. Nutzen wir Herbst und Winter, um in uns selbst zu ruhen, zur Ruhe zu kommen. Das heißt nicht, das wir jetzt alle in eine Winterstarre verfallen sollen...
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