Müggelheimer Bote
6. Jahrgang, Ausgabe 06/2000  
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Inhalt

Müggelheimer Bürger zeichnen sich durch starke Beteiligung im Kampf gegen den Großflughafen aus

Schönefeld-Planung im Visier

Der Weg zur passenden Einwendung

Weniger Bevölkerung und doch größere Lärmschutzzone

Flughafenausbau: Weitere Meldungen

Rübezahl bald im neuen Outfit

Ein Bild für den Frieden

Bauen in Müggelheim

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© 2000 Müggelheimer Bote

Zuletzt aktualisiert am 03.06.2000

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Weniger Bevölkerung und doch größere Lärmschutzzone

Münchener Flughafengegner gaben BVBB Schützenhilfe

Die Müggelheimer Flughafengegner und der BVBB bekamen Mitte Mai Unterstützung von ehemaligen Münchner Flughafengegnern. Der ehemalige Bürgermeister des Ortes Eitting (nur vier Kilometer vom neuen Münchner Flughafen entfernt), Oskar Vincenti, berichtete von seinen Erfahrungen und Erfolgen. Ebenso wie der Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, der sich auf Planfeststellungsverfahren und Verkehrswesen spezialisiert hat.

Gleich zu Beginn sprach Baumann den Anwesenden Mut zu: „Basisbewegungen können politisch weitaus mehr erreichen, als Sie heute annehmen.” Allein durch die Ankündigung, dass Grundstücke in der Lärmschutzzone des Flughafens liegen, verlieren sie ein Drittel ihres Wertes, eine Summe, die nicht entschädigt wird, weiß der Fachmann. Er berief sich dabei auf die Erfahrungen aus dem Frankfurter Raum zur geplanten Startbahn Süd.

Einwendungen sollten immer die persönliche Betroffenheit des Absenders widerspiegeln. „Je individueller die Kritik, desto besser. Je konkreter sie ist, desto leichter ist später der Klageweg“, so Baumann. Alle Einwendungen sollten den Nachsatz haben, dass man sich auch den Einwendungen des BVBB anschließe, um sich später auch in anderen Punkten abzusichern. „Wer jetzt keine Einwendung stellt, wird bei den späteren Planungen nicht berücksichtigt. Nehmen Sie also kein Blatt vor den Mund, schreiben Sie alles auf, was Ihnen in den Kopf kommt”, meint der Rechtsanwalt.

Als mögliche Einwendungs-Beispiele nannte er:

  • Gutachten, die nicht glaubhaft sind und den eigenen Interessen widersprechen, müssen angeprangert werden
  • Die Prüfbehörde sollte aufgefordert werden, sich ein persönliches Bild von Ihrer Situation zu machen (Inaugenscheinnahme)
  • Psychische Gesundheit gehört zum Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit dazu
  • Auch das Grundgesetz der Handlungsfreiheit sei beeinträchtigt durch reduzierte soziale Kontaktmöglichkeiten (Flucht vor Lärm nach Drinnen)
  • In der Natur findet eine ganz andere, weitläufigere Lärmausbreitung statt, als in der Stadt
  • Das Ignorieren des Raumordnungsverfahrens, das Schönefeld als ungeeignet einstufte, sollte angeprangert werden
  • Die Entlastung für die Tegler und Tempelhofer Betroffenen sei kein Argument, hätten die doch keinen Nachtflug und auch weitaus weniger Flugbewegungen, als in Schönefeld geplant seien.

    Baumann: „Sie müssen gar nichts beweisen. Aber je intensiver Sie argumentieren, umso überzeugender sind Sie.”

    Ex-Bürgermeister Vincenti hat mit seinen Einwänden zwar nicht den Bau des Flughafens stoppen können, aber doch gemeinsam mit der Schutzgemeinschaft Erleichterungen erwirkt. So wurden letztlich von drei geplanten Startbahnen nur zwei gebaut. Für alle Betroffenen in der Lärmschutzzone (bis 65 dB Dauerschallpegel noch ca. zwölf Kilometer entfernt) gab es Schallschutzfenster und -rolläden, Lüftungen, Dämmungen, und Entschädigungen für Balkone und Gärten. Diese lag bei 1/3 bzw. 1/4 des Einheitswertes, aber mindesten bei 10 000,- DM. Insgesamt musste die Flughafengesellschaft 220 Millionen Mark zahlen. Jüngster Erfolg ist das durchgesetzte Nachtflugverbot, das allerdings erst in zwei Jahren wirksam wird. Teilweise hätte es pro Nacht bis zu 100 Überflüge gegeben.

    Insgesamt gab es im Münchener Raum 6000 Kläger von denen die Hälfte, ebenso wie Vincenti, ohne Rechtsanwalt antrat. 32 Musterkläger absolvierten 200 Prozesse. Der Gastronom schaffte es 50 Prozent seiner Anträge durchzuboxen, absolute Spitzenzahl aller Kläger. „Wichtig ist, das im Vorfeld ausgehandelt wird, dass das was ein Kläger erreicht, für alle Kläger umgesetzt wird”, meint Vincenti. Beispielsweise hat er Schallschutz für sich als Gastwirt eingefordert, der jetzt für alle umgesetzt wurde.

    Für den Bayern ist es unverständlich, dass in einem so dicht besiedelten Gebiet von Schönefeld/Berlin überhaupt ein Großflughafen geplant wird. „Bei uns ist eine weitaus geringere Bevölkerungsdichte“, sagt er. Dennoch sei bei ihnen die Lärmschutzzone um ein Drittel größer als um Schönefeld herum. sip

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