Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 07/2002
Juli 2002

Inhalt
Frust und Spaß gingen Hand in Hand beim Angerfest
Weg frei für die Müggel-Therme?
Viel Spaß mit Polizei und Feuerwehr in der Kita
Gemeindeabend für Umwelt und mehr Zusammenarbeit
Guitar People: Neues Zupforchester sucht Sponsoren
Analyse juristischer Gutachten des BBI-Planfeststellungsverfahrens
NEIN-Plakatierung zum Großflughafen Schönefeld
Heimatverein hat Dorfklub übernommen
Krampe II: Sommerquartier für Großstadt-Nomaden
Anschlusszwang an die öffentliche Kanalisation
Platz schaffen auf dem Waldfriedhof
Wenn die Erde bebt: Baustart in Neu-Helgoland
Weitere Meldungen
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Müggelheimer Bote
 

Analyse juristischer Grundlagen des BBI-Planfeststellungsverfahrens

Ich werde immer wieder gefragt, ob und inwieweit die Fraktionen und Abgeordneten des Landtages Brandenburg im Ergebnis des Anhörungsverfahrens für das Vorhaben „Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld” eine Analyse juristischer Grundlagen des Verfahrens und seiner praktischen Durchführung vorgenommen haben. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass es im Landtag Brandenburg (neben dem SPD-Einzelkämpfer Christoph Schulze) immer wieder die PDS-Landtagsfraktion ist, die das Handeln der Landesregierung in diesem Zusammenhang kritisch hinterfragt. Es vergeht kaum ein Monat, in dem wir nicht durch kleine und große Anfragen, Anträge, Presseinformationen oder andere Initiativen die Flughafenpolitik der Landesregierung in Frage stellen und auf deren schwerwiegende Fehler hinweisen.

Die Analyse der juristischen Grundlagen des Anhörungsverfahrens, d.h. des gesamten Planfeststellungsverfahrens und seiner praktischen Durchführung bzw. Fortsetzung beschäftigt uns vor allem seit dem Juli 2001. Wir haben hierzu unsere eigenen internen Rechtsgutachten erstellt und stimmen dabei mit den Positionen überein, wie sie durch das Oberverwaltungsgericht Frankfurt/Oder vertreten werden. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die von der Landesregierung organisierte Flughafenplanung am Standort Schönefeld keine wirksame Rechtsgrundlage in den Landesentwicklungsplänen (LEPeV und LEP SF) sowie im Landesentwicklungsprogramm (LEPro) hat.

Die bisherige Einbindung der Flughafenplanung zu Schönefeld in die Landesplanung Brandenburgs und Berlins ist daher in Frage gestellt. Dies hat Auswirkungen auf das Planfeststellungsverfahren. Die von der Landesregierung bisher vertretene Auffassung, dass das Flughafenprojekt am Standort Schönefeld nicht mehr auf seine Vereinbarkeit mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung und Landesplanung geprüft werden müsse, ist unseres Erachtens falsch. Die Landesregierung hat sich von dieser Auffassung aber scheinbar auch selbst schon getrennt. Denn hinter verschlossenen Türen bereitet sie ein neues Planungsverfahren für den Ausbau des Flughafens Schönefeld vor.

Hintergrund ist, dass das OVG in seinem Urteil vom 24. August 2001 die Festsetzung Z 6.5.1 des LEP eV zum Standort Schönefeld für rechtswidrig und nichtig erklärt hat und in seinem Beschluss vom 20. März letzten Jahres im Normenkontrollverfahren zum LEP SF §19 Abs. 11 LEPro als verfassungswidrig erachtet und dem Brandenburger Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen will.

Neben dem Aspekt der unterlassenen Anhörung betroffener Gemeinden hat das OVG die Nichtigkeit der Standortentscheidung zu Gunsten eines Großflughafens in Schönefeld im LEP eV damit begründet, dass sie auf keiner vom Grundgesetz und von der Landesverfassung geforderten Abwägung aller relevanten Belange beruht. Die gebotene Auseinandersetzung des Gesetz- und Verordnungsgebers nach den Maßstäben der Raumordnung und Landesplanung insbesondere mit Belangen, die gegen den Standort Schönefeld sprechen, hat nach der Feststellung des OVG Frankfurt/Oder nicht stattgefunden. Die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ist nun abzuwarten. Schließt dieses sich dem OVG an, so wäre auch der LEP SF zwingend für nichtig zu erklären. Die Nichtigkeit von §19 Abs. 11 LEPro, der Festsetzung Z 6.5.1 LEP eV und des gesamten LEP SF hätte dann - nach meiner Auffassung - auch entscheidende Auswirkungen auf das laufende Planfeststellungsverfahren. Aufgrund der gerichtlichen Entscheidungen könnte die Planfeststellungsbehörde die Standortfrage und die Gegenstände der Festsetzungen des LEP SF nicht mehr als verbindlich durch die Landesplanung gemäß LEPro, LEP eV und LEP SF ansehen.

Ein Planfeststellungsbeschluss, der ohne vorherige neue Bewertung der raumordnerischen Eignung des Standortes Schönefeld im Vergleich zu anderen Alternativstandorten erginge, wäre dann mit einem Abwägungsfehler behaftet und vermutlich rechtswidrig. Das weiß inzwischen auch die Landesregierung. Sie strebt daher noch vor Abschluss des Planfeststellungsverfahrens durch ein neues Planverfahren eine neue verbindliche Standortfestlegung zugunsten Schönefelds in der Landesplanung an.

Nach meiner Auffassung muss das Planfeststellungsverfahren bis zur Schaffung neuer landesplanerischer Gutachten ausgesetzt werden. Dies habe ich inzwischen schon mehrfach von der Landesregierung gefordert. Führt die Planfeststellungsbehörde das Verfahren zum Standort Schönefeld fort, ohne Standortalternativen ernsthaft zu prüfen, so riskiert sie, dass der Planfeststellungsbeschluss sich nachträglich als unzulässig erweist, weil vorher keine ergebnisoffene Standortabwägung durchgeführt wurde. Wir verfolgen daher das Planfeststellungsverfahren sehr aufmerksam und greifen Gesetzesverstöße der Landesregierung, dort, wo wir sie feststellen, entschieden an. Vor allem fordern wir Transparenz sowohl des Planungs- wie auch des Planfeststellungsverfahrens gegenüber dem Landtag, um hier gegenüber der Landesregierung auch die Kontrollpflicht des Landtages wahrnehmen zu können.

Dies sind im Wesentlichen die Ergebnisse unserer juristischen Analysen zum BBI-Planungs und Planfeststellungsverfahren. Davon ausgehend treffen wir unsere politischen Entscheidungen und ergreifen parlamentarische Initiativen im Interesse betroffener Bürger und Gemeinden. Anita Tack, MdL

Anmerkungen:

LEP eV = Landesentwicklungsplan engerer Verflechtungsraum

LEP SF = Landesentwicklungsplan Standortsicherung Flughafen

LEPro = gemeinsames Landesentwicklungsprogramm der Länder Brandenburg und Berlin