Müggelheimer Bote
16. Jahrgang, Ausgabe 12/2009
Dezember 2009
Müggelheimer Bote

Inhalt
Der Jugendclub Mügge lebt
Baumpflanzaktion in Fahlenberg
Es weihnachtet - Tipps und Gedanken zum Fest
Silvester in anderen Ländern
Ein ruhiges Weihnachtsfest
Eine Stadt in Berlin wird 800
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus der BVV
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Ein ruhiges Weihnachtsfest

von Marianne Schäfer

Wieder einmal nähert sich das Jahr dem Ende. Im neuen Jahr schreiben wir schon das Jahr 2010. Wenn ich bedenke, als Kind war mir das Datum 1910 so unendlich fern. Da wurde meine Mutter geboren, sie würde dann also 100 Jahre alt werden. Warum dreht sich unsere gute, alte Erde auf einmal so schnell? Früher, so sagten die Alten, früher gab es so vieles nicht. Da schnitt man ein paar Zweige, etwa um den zehnten Dezember, vom Kirschbaum oder von der Forsythie ab, stellte sie ins Wasser, um sie dann blühend zum Weihnachtsfest zu haben (Barbarazweige). Vorher mussten aber schon ein paar Tage Frost gewesen sein. So hatte es Opa Oskar auch gemacht.

Am 15. Oktober sind wir für eine gute Stunde, alle in die alte Zeit versetzt worden. Einige Menschen sagten „Stromsperre“ und dachten dabei an die letzten Kriegsjahre und die Jahre danach. Völlig unvorbereitet war der Strom weg. Da, in dieser Stunde waren Dunkelheit und die Ruhe das Auffälligste, etwas was uns lange nicht widerfahren ist. Nichts ging mehr! Kein Fernseher, kein Radio, kein Computer, kein Elektroherd, kein Wasserkocher, keine Bohrmaschine, keine Lampe. Es war bloß unheimlich dunkel und ruhig.

Wohl jeder hat nach Kerzen gesucht und auf einmal strahlte dieses traute Licht. Ich saß, nachdem ich in der Dunkelheit meine Kaninchen im Stall versorgt hatte, ganz ruhig bei Kerzenschein im Sessel. In der Stille konnte ich über so vieles nachdenken, was wohl zum Leben der Eltern und Großeltern gehört hatte. Die Spieluhr mit ihren zirpenden Klängen? Oder ob unsere Großmutter zu den Klängen von Menuett oder der Gawott getanzt hat? Oder haben sie nur verzückt den Melodien gelauscht? Es kann auch sein, dass sie sich gemeinsam die Postkartensammlung angesehen haben?

Ich stellte mir vor, ich könnte 98 Jahre zurück sehen. Oma saß jetzt in der Küche. Sie schürte im Kohleherd die rote Glut, legte Holz und Kohlen nach und dann stellte sie den Kessel auf die Ringe. Auf dem Küchenstuhl sitzend, nahm sie die Kaffeemühle, in die sie vorher mit dem kleinen Maß aus Messing die Kaffeebohnen in die Mühle geschüttet hatte. Sie nahm die Mühle zwischen die Knie und drehte den Mühlenarm. Knirschend und leise krachend wurden die Kaffeebohnen gemahlen.

Opa schmückte derweil den Weihnachtsbaum in der guten Stube. Zuvor hatte er die große Vase, mit den blühenden Zweigen, welche schon drei Wochen im kleinen Zimmer gestanden und dort ihre Knospen entfaltet hatten, auf das Buffet gestellt. Er hatte verschieden lange Metallstäbe, welche an einem Ende ein Gewinde hatten und damit in den Stamm des Baumes eingeschraubt wurden. An dem anderen Ende war jeweils ein kleines Tellerchen mit zwei gezahnten Schienen, in die man die Kerzen fest einschieben konnte.

Auf die Spitze kam eine Puppe mit einem wunderschönen Kleid und langen, goldigen Haaren. Ihr Kopf war aus Porzellan und das Gesichtchen wunderschön gemalt. Dann legte er lange Perlenketten über die grünen Zweige der Tanne und sortierte die gewickelten Sterne, in deren Mitte aus Glanzpapier verschiedene Engel gesteckt wurden und hängte sie fein verteilt an die Zweige. Tupfen aus Engelshaar verteilte er zum Schluss auf die Zweige.

Der Kachelofen, welcher beinahe hoch bis zur Decke reichte, stand über Eck. Er hatte wunderschöne Kacheln mit weiß/grünen Jugendstilmotiven. Er strahlte eine wunderbare Wärme aus. Etwas Besonderes waren ein paar Apfelsinen, welche in einer Kristallschale auf dem Buffet standen. Klein Irmilie lag noch in ihrem Korbbettchen. Aber gleich würden die Gäste kommen. Alles alte Freunde und Verwandte.

Amanda war eine gute Gastgeberin. Sie hat viele Stunden in der Küche gebacken, Creme gerührt und mit dem Messer auf dem Biskuit verteilt. Dann kamen die Früchte und die Lasur. Der große Esstisch war fein eingedeckt mit dem guten Geschirr. Schon klingelte es und Tante Lieschen und Tante Agnes kamen als erste Gäste. Dann kam Onkel Willi mit seiner Frau und dann noch Ribbeks mit ihrer Luzia. Es war eine fröhliche Kaffeetafel. Nachdem sie beendet war, rauchten die Männer eine dicke Zigarre. Aber Tante Lieschen auch! Das hatte sie beinahe ihr ganzes Leben gemacht.

Für mich hat sich aus dem Stromausfall noch ergeben, dass der Fernseher kaputt ging. Daher war ich beinahe drei Wochen ohne Fernseher. Und siehe da, es gefiel mir. Kein Quiz, kein Krimi, keine Reklame. Ich habe die Ruhe genossen. Stille, Beschaulichkeit, trautes Kerzenlicht und eine warme Stube. Ich ließ die weihnachtliche Kaffeerunde in meinen Gedanken entstehen und ich weiß, genau so könnte es gewesen sein!

So kann man doch auch das Weihnachtsfest begehen. Erinnerungen, Gespräche mit lieben Menschen – viele haben dazu keine Zeit mehr. Aber das ist es, was wir brauchen. Zuhören, Anteilnehmen oder auch mal selber erzählen und alte Fotos ansehen. Zeit haben, den Kindern ein Märchen zu erzählen oder etwas „von Früher.“ Sie werden merken, das mögen Kinder besonders gerne. Auch spielen oder basteln, oder Plätzchen backen. Ich wünsche Ihnen ein ruhige, friedliche Adventszeit und ein harmonisches Weihnachtsfest.