Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 08/2002
August 2002

Inhalt
Jugendzeltlager der Feuerwehr
Die Nacht des Schreckens
Hits für Groß und Klein
Kühle Brise auf "hoher" See
Schönefeld: Anhörungsverfahren wurde abgeschlossen
Informationen vom Heimatverein
Mit 17 Jahren hinter Stacheldraht
Kaninchen - in der Wohnung oder im Garten?
Wer säumt, muss zahlen
Teufelsmoor wird renaturiert
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Leserbrief
Nachrichten aus Gosen
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Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Märchen aus dem Müggelwald

Ein Sommerferientag

„Kikerikie“ hörte Paulchen im Schlaf, gleich darauf war er hell wach. Er lag im Bett in dem kleinen Zimmerchen unterm Dach, bei Opa. In dem großen Ehebett hatten beide geschlafen, aber Opa war schon aufgestanden. Sicherlich hat er schon die bunten Hühner aus dem Stall gelassen und gefüttert. Ein bißchen genoss Paulchen noch das kuschelige Bett, sah den Wolken am Himmel nach. Ferien bei Opa – darauf hatte er sich lange gefreut.

Also raus aus dem Bett und barfuß im Schlafanzug die Stiege runter. Schon stand er in der offenen Haustür und der Dackel Toni begrüßte ihn fröhlich. Opa kam aus dem Garten. „ Na, mein Paulchen, hast du ausgeschlafen?“ „ Klar Opi und jetzt hab ich Hunger.“ „ Dann wasch dich erst mal und nicht die Zähne vergessen,“ sagte der Opa. Bald saßen sie vor dem Haus am Frühstückstisch. „Opi“ fragte Paulchen, „machen wir heute die Fahrradtour, von der du gestern gesprochen hast?“ „ Ich denke das Wetter ist ganz günstig,“ sagte der Opa. „Ein paar Wolken am Himmel und Sonnenschein, ja heute ist genau der richtige Tag. Dackel Toni bleibt aber diesmal zu Hause. Wir werden noch ein paar Johannisbeeren pflücken und ich mach uns dann noch einige Stullen. Du kannst inzwischen die Räder aus dem Schuppen holen und etwas putzen.“

Als alles getan war, schwang der Opa sich den Rucksack auf den Rücken und dann ging es auf schmalem Weg über die Wiesen und weiter durch den Wald. Dann kreuzten sie die Landstraße, wo viele Autos fuhren, sie strampelten aber auf ihren Rädern weiter durch den Wald. „Ich war hier jahrelang nicht,“ sagte der Opa. „Mir kommt hier alles so verändert vor. Jetzt müsste bald wieder Wasser zu sehen sein“. Da blinkte tatsächlich schon das Wasser in der Ferne. Als sie dort angekommen waren, suchten sie sich eine schöne Stelle, denn sie wollten eine Pause machen. Sie saßen nebeneinander auf einem dicken Baumstamm, der dicht am Wasser lag. Opa holte die Stullen und die gezuckerten Johannisbeeren aus dem Rucksack. „Opi,“ sagte Paulchen, „ ich finde, das Essen schmeckt hier draußen in der Natur viel besser als bei uns zu Hause.“ „Hm“, brummte der Opa. Sie beobachteten die vielen Boote auf dem Wasser, vor und hinter der großen und der kleinen Insel. In der Ferne sahen sie die Kirchturmspitze des nächsten Dorfes. Der Wind ließ das Schilf sich raschelnd bewegen und die Wellen schwappten an das sandige Ufer. Dann nahmen sie wieder die Fahrräder auf und fuhren weiter, vorbei an einem hafenähnlichen Einschnitt, dann durch dunkel belaubte Uferbäume. Sie fuhren durch ein kleines Buchenwäldchen. Der Weg war durch Forstfahrzeuge ziemlich zerfahren. Aber dann sahen sie eine kleine Lichtung.

Hier war alles so geheimnisvoll, so still. Nur ein Specht klopfte an einem hohen Kiefernstamm. Je näher sie dieser Senke kamen, um so mehr Mücken, aber auch Libellen schwirrten um sie herum. Sie stellten die Räder ab und wie magisch angezogen gingen sie über moorigen Boden. Äste, Brombeerranken und hellgrüner Farn, aufgewühlte schwarze Moorerde, in der dunkles Wasser stand, mussten sie umgehen. Der Boden wurde immer feuchter, so dass sie nicht weiter gehen konnten. Plötzlich erhob sich vor ihnen, aus dem hohen Farn, ein herrlich weißer Schwan. Er stand still und sah Paulchen mit seinen rotbraunen Augen an. Es war so wie im Märchen.

Der Opa und Paulchen hielten vor Verwunderung den Atem an. Dann kam ein heller Sonnenstrahl durch die hohen Erlenbäume. Paulchen griff nach Opas Hand. „Sieh doch, der Schwan,“ flüsterte Paulchen. Der Sonnenstrahl schien genau auf den Schwan. „Ist das die verzauberte Prinzessin? Hat sie nicht ein kleines, glitzerndes Krönchen auf dem Kopf?“, flüsterte Paulchen noch leiser. Und es schien, als wär das Gefieder goldüberhaucht.

Der Opa holte sein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich die Augen. Dann blinzelte er und flüsterte zu Paulchen: „ Ja, ich glaube, du hast Recht, ich sehe es auch.“

Der Schwan bog seinen Hals, nickte er Paulchen zu? Dann verschwand die Sonne wieder hinter einer Wolke. Der Schwan drehte sich um und war hinter den Farnwedeln nicht mehr zu sehen. Verwundert sahen sich Opa und Paulchen an.

„ Ist das hier ein Zauberwald?“ „Vielleicht“, flüsterte der Opa. „ Wenn das nun wirklich eine verwunschene Prinzessin war, dann, dann?“ Paulchens Stimme quiekte vor Aufregung. „Dann hätte ich sie doch erlösen müssen?“ „ Weißt du denn, wie man das macht?“, fragte der Opa. „ Na klar,“ sagte Paulchen und nahm eine selbstbewusste Haltung ein. „ Ich muß ihr einen ganz lieben Kuss geben und dann wird aus dem Schwan eine Prinzessin.“

Nachdenklich gingen beide aus dem Sumpf. Sie hatten gar nicht bemerkt, dass sie in dem schwarzen Moorboden etwas eingesunken waren. Ihre Schuhe waren voller Modder. „ Ieeh“ sagte Paulchen, „da kann man ja versinken.“ Der Opa nahm die kleine Hand von Paulchen in seine große Hand. „Ich bin doch da,“ sagte er. Sie stapften über Äste und Baumstubben, bis sie wieder auf dem festen Weg waren. Sie sahen sich noch einmal um. Die Wolken zogen am Himmel, die Bäume standen dunkel, nur weiter hinten leuchteten zart hellgrün die Farne. Sie fuhren weiter den Uferweg entlang. Endlich kamen sie wieder zu Hause an und Dackel Toni begrüßte sie bellend.

Als der Opa abends sein Paulchen in das Bett brachte, sagte Paulchen zu Opa: „Du, das Erlebnis mit dem verzauberten Schwan werde ich nicht vergessen.“ „ Ja“ sagte der Opa, „wenn du groß bist und ein hübscher, junger Mann, dann erlöst du die Prinzessin.“

„Wirklich, das mache ich und heirate sie,“ sagte gähnend Paulchen, der schon müde im Bett lag. Opa streichelte ihm übers Haar, sagte: „ Schlaf schön, mein kleiner Prinz, gute Nacht.“ MS