Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 12/2002
Dezember 2002

Inhalt
Jugendclub Mügge droht weiterhin das Aus
Frohe Weihnachten!
Agenda 21 - was ist das?
Die Retter auf dem Wasser
Senioren schieben ruhige Kugel
Sprachtests für Schulanfäger beginnen im Januar
Jahresrückblick der Müggelheimer Feuerwehr
Spannendes Seifenkistenrennen für das Guinnessbuch der Rekorde
Gedanken zur Weihnacht
Schmierereien in Müggelheim
BVBB-Ortsgruppe mit neuem Sprecher
Flughafen-Planung jetzt auf sicherer Grundlage?
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus der BVV
Kommentar
Müggeclub
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Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Gedanken zur Weihnacht

von Pfarrer Siegfried Menthel

Können Sie sich vorstellen, dass es fast drei Jahrhunderte lang eine christliche Gemeinde aber kein Weihnachtsfest gegeben hat? Erst unter Kaiser Konstantin kam in Rom der Gedanke auf, der Geburt Christi einen eigenen Festtag zu weihen. Bei der Wahl des 25. Dezember spielte vermutlich eine Rolle, dass die heidnische Bevölkerung an diesem Tag die Geburt des „unbesiegbaren Sonnengottes“ (Sol invictus) prachtvoll feierte. Dieser Kult stammte aus Syrien und hatte sich in Rom mit dem Kaiserkult verbunden - Kaiser Aurelius hatte ihn im Jahr 274 eingeführt. Indem die römischen Christen gerade diesen Tag als Festtag für die Geburt Christi wählten, wollten sie zum Ausdruck bringen, dass der Welt mit Christi-Geburt die wahre Sonne aufgegangen sei. „Ich bin das Licht der Welt“, sagt Christus, „wer mir folgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8, Vers 12)

Sarkophagrelief um 320 (Rom, Lateranmuseum)

Das genaue Datum für das erste Weihnachtsfest kennen wir nicht. Belegt werden kann es für das Jahr 336 n.Chr. Wir dürfen aber vermuten, dass es schon früher gefeiert wurde. Aus der Zeit der ersten Weihnachtsfeste stammen auch die ältesten uns bekannten Darstellungen der Geburt Christi. Um 320 sind die beiden Sarkophagreliefs entstanden, die ich Ihnen hier wiedergebe.

Wir sehen das neugeborene Kind. Dahinter stehen Ochs und Esel, die sich mit den Köpfen dem Neugeborenen nähern. Ein oder zwei Hirten (kenntlich an ihrem Gewand und dem Hirtenstab), sind ebenfalls zu sehen. Sie betrachten sinnend das Kind. Maria und Josef fehlen auf diesen ältesten Darstellungen, ebenso der Stern und die Weisen aus dem Morgenland.

Warum aber Ochse und Esel? Von ihnen lesen wir nichts in den Geburtsgeschichten der Evangelien. Weder bei Matthäus noch bei Lukas. Aber 800 Jahre vor Christi Geburt sagte der Prophet Jesaja: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht.“ Dieses biblische Prophetenwort hat der Theologe Origenes (185-254) mit der Christgeburt in Verbindung gebracht.

So sind Ochs und Esel schon in die ältesten Weihnachtsbilder gekommen. Ich glaube nicht, dass die damaligen Künstler eine Stallatmosphäre nachstellen wollten (weil ja Jesus nach Lukas 2 in einem Stall geboren wurde) - sie haben Grundsätzlicheres vor Augen gehabt. Die Tiere mit ihren großen Köpfen sind hier so nah, so unmittelbar bei dem Kind, dass sie geradezu ein Symbol für staunende Ergriffenheit, für das Sich-Hingezogen-Fühlen, Symbole für Treue und Ausharren sind.

Der Hirte, bzw. die beiden Hirten, stehen versonnen da, auch in die Begegnung mit dem Kind vertieft. Aber die Tiere sind dichter dran. Nicht nur räumlich, auch emotional.

Man könnte sich fragen, ob Ochs und Esel in dieser Darstellung nicht eine Schicht unseres menschlichen Erlebens repräsentieren. Gibt es nicht auch in uns den Wunsch, dem göttlichen Kind so nahe zu sein, den Wunsch, da zu sein, wo Gott ist? Den Wunsch, alle anderen Wichtigkeiten hintanzustellen, um in staunender Ergriffenheit die Gottesbegegnung in unserem eigenen Leben auszukosten?

Ich gestehe, dass mich diese alten Darstellungen immer tiefer berühren, je länger ich sie anschaue. Wenn ich an die bedrückenden Gespräche bloß dieses Tages, da ich diese Zeilen schriebe, denke - so viele Unsicherheiten, so viele Ängste - dann wünsche ich uns allen, dass wir - bildlich gesprochen - dem Ochsen und dem Esel in uns nachspüren. Sie traben schon zum Kind. Sie sind auf dem Weg zum wahren Leben, vor dem sie ehrfürchtig staunend stehen werden. Oder weniger bildhaft gesprochen: Unsere Welt ist nicht nur von so viel Heillosem erfüllt, in ihr ist auch das Heil erschienen. Wir können erwarten, ihm zu begegnen. In unserer Welt, in unserem Herzen.