Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 06/2004
Juni 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Zukunft der Campingplätze vorerst gesichert
Müggelheimer Kirche feiert ihren 200. Geburtstag
"Bilder unserer Kirche" - Ausstellung zum Jubiläumsfest
Mit Opas Flugboot einmal um die Welt
Krumme-Lake-Moor bleibt ein Sensibelchen
Äthiopien - eine Jugendreise
Mit Glitzerpuscheln und Grandezza durch die Turnshow
Ein Monat der Verbrechen liegt hinter uns
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
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Müggelheimer Bote
 
Serie für den Natur- und Gartenfreund

Erinnerung an besondere Gärten

Wie jedes Jahr sprangen die Knospen nach etwas Regen über Nacht auf. Zartes Blattgrün und Blütenknospen entwickelten sich und beinahe alles blühte auf einmal.
Jeden Morgen mache ich eine kleine Gartenrunde, um die Entwicklung der Pflanzen zu sehen. Dabei wird hier etwas aufgerichtet, dort ein Pflänzchen umgesetzt, etwas Unkraut gezupft und natürlich die neuen Blüten bewundert. Die Apfelbäume blühten besonders reich und hinter den Rosen am Zaun begannen die Vergißmeinicht ihre kleinen klar hellblauen Blütchen zu öffnen. Eigentlich wollte ich schon vor Jahren an dieser Stelle Rasen säen, denn die anschließende Staudenrabatte ist dann besser zu bearbeiten. Immer wieder verpasse ich den Zeitpunkt, weil ich mich von den kleinen Vergißmeinnicht, bis beinahe zur letzten Blüte, nicht trennen kann. Und dann ist es wieder geschehen. Die ersten Blütchen haben Samen entwickelt, sie in die Erde fallen lassen und schon keimen hunderte kleine neue Vergißmeinicht. Ich bringe es einfach nicht fertig sie umzugraben.

Ich weiß auch warum. Dieses strahlende Blau mit dem kleinen gelben Kränzchen in der Mitte, dieses Leuchten im Schatten der blühenden Obstbäume erinnert mich an den Garten von Onkel Höhn. Meine kleine Schwester hatte Masern, deswegen wurde ich zu unserer Tante Else nach Rauchfangswerder gebracht. Eines Tages ging sie mit mir zu Onkel Höhn. Ein freundlicher alter Mann in Kordhosen machte uns das Gartentor auf und begrüßte uns. Ich durfte bis zum Abend bei ihm bleiben und darüber habe ich mich sehr gefreut, denn der über und über blühende Garten erschien mir wie das Paradies.
So einen schönen Garten hatte ich noch nie gesehen. Große blühende Obstbäume standen in den beiden Rasenflächen rechts und links des Weges. Der Weg war auf beiden Seiten mit einer Rabatte gesäumt, in der die strahlend blauen Vergißmeinnicht blühten. Bei leisem Windhauch schneite es weiße Blütenblätter auf den Rasen, in dem schon die Gänseblümchen weiß blühten. In der Mitte des Garten stand das Wochenendhäuschen und vor dem Haus war eine halbrunde Rabatte in der auch Vergißmeinnicht blühten. Dazwischen standen aber noch drei prächtige Stauden. An den gebogenen Stielen hingen lauter rosa Herzchen. Hinter dem Haus befand sich ein Sitzplatz. Die Gartenstühle waren aus krummen Ästen gebaut. Hier haben wir beide unser Mittag gegessen und danach durfte ich spielen. Ich habe viele schöne „ Bliemchen“ gepflückt und der Onkel Höhn hat sie alle in kleine Wassergläschen gestellt. Als meine Tante mich dann abends abholte, bekam sie alle kleinen Sträußchen geschenkt. Diesen „Vergißmeinnichtgarten“ hab ich nie vergessen, so wie es der Name sagt.
Der Garten unserer Tante Else war völlig anders. Hier herrschte Ordnung. Es war ein sogenannter formaler Garten mit klaren, gleichmäßigen, geometrische Formen. Das auffälligste war, dass man das Wohnhaus vom Gartentor aus nicht sehen konnte. Das Gartentor befand sich in der Mitte der Straßenfront. Das Zaungeflecht war wie Fischschuppen bogig und über dem Gartentor war auch ein Bogen mit Verzierungen.
Das erste Stück des Weges ging gerade aus. Dann aber teilte sich der Weg, denn mittig war jetzt ein großes rundes Beet. Man konnte also rechts oder links herum gehen. In diesem Beet standen drei große Blautannen, daher konnte man das gelbe Haus mit den grünen Fensterläden vom Tor aus nicht sehen. Vorn, in den Grundstücksecken stand je eine hohe Pyramiden-Pappel. Sie waren so hoch, dass man von Weitem schon den Garten von Tante Else ausmachen konnte, egal ob vom Wasser oder vom Wald aus. Nachdem man das Halbrund gelaufen war, setzte sich der gerade Mittelweg bis zum Haus fort. Vor dem Haus teilte sich der Weg wieder im Bogen. Man ging den rechten Bogen, denn dort war der Eingang in das Haus. In der Nähe der Haustür stand eine riesige Kastanie, so dass der Bereich sehr dunkel war. Ging man an der Haustür vorbei, rundete sich der Weg wieder bis zur Mitte, wo er dann gerade, als Mittelachse bis zum Wasser verlief. Alle Wege waren dick mit Perlkies ausgefüllt. Jeder Schritt durch die rollenden Kiesel war mit schurrendem Geräusch verbunden. Ich hatte immer Steinchen in den Schuhen. Die Kieswege wurden von schmalen Rasenstreifen, in dem dann noch bogige Drahtborten steckten, eingefaßt. In den angrenzenden Rabatten standen immer abwechselnd Busch- und Hochstammrosen und erst dahinter rundeten gepflegte Rasenflächen die Struktur des formalen Gartens ab.
An der zum Wasser führenden Seite des Hauses befand sich eine wunderbare Veranda. Die unteren Fenster konnte man hoch schieben. In der Mitte führte eine Flügeltür in den Garten. Ich liebte diesen sonnigen, gemütlichen Raum. Ein weiches Sofa mit vielen Kissen war so richtig zum Kuscheln. Hier wurden im Sommer die Mahlzeiten eingenommen. Vor den Verandafenstern blühten rote Geranien in Blumenkästen, deren samtige Blätter ich gerne anfaßte, weil sie so schön dufteten. An der rückwärtigen Seite des Hauses stand zwischen großen Fliederbüschen ein Geräteschuppen. Hier wurden die Liegestühle mit dem extra Sonnendach ordentlich eingestellt, auch der kleine Wagen mit der Deichsel, den Tante Else immer zum Einkaufen mitnahm. Das Besondere an diesem Grundstück war natürlich die Lage direkt am Wasser, dem Großen Zug. Mittig führte ein Steg übers Wasser, an dessen Ende eine größere, quadratische Fläche gebaut war. Sie hatte ein Geländer und Bänke. Von hier aus konnte man die Boote beobachten, denn rechts und links des Steges wuchs hohes und dichtes Schilf im Wasser.
Ich war damals noch keine vier Jahre alt und doch erinnere ich mich sehr genau an die Gärten und das Haus von der Tante. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich einige damalige Eindrücke in meinem heutigen Garten wieder aufleben lasse. Von Onkel Höhn die Vergißmeinnicht und von Tante Else einige Elemente des formalen Gartens. MS