Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 06/2004
Juni 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Zukunft der Campingplätze vorerst gesichert
Müggelheimer Kirche feiert ihren 200. Geburtstag
"Bilder unserer Kirche" - Ausstellung zum Jubiläumsfest
Mit Opas Flugboot einmal um die Welt
Krumme-Lake-Moor bleibt ein Sensibelchen
Äthiopien - eine Jugendreise
Mit Glitzerpuscheln und Grandezza durch die Turnshow
Ein Monat der Verbrechen liegt hinter uns
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Aus der BVV
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheimer Bote
 
Kirchenseite

Serie zum Kirchweih-Jubiläum III.

Exkursion zu den Kirchen der Kolonistendörfer - heute Gosen

von Dr. Bärbel Kovalevski

Welcher Müggelheimer kennt nicht Gosen? Seit Bestehen des Müggelparks gehören die Müggelheimer zu den ständigen Kunden und Besuchern dieses Einkaufs- und Freizeitzentrums. Doch dieses Mal wollen wir das Dorf Gosen bzw. seine Kirche am Dorfplatz mit der Eiche besuchen. Auch diese Kirche wurde lange nach der Gründung des Ortes durch die Ansiedlung von Kolonisten erbaut. Der Kriegs- und Domänenrat Pfeiffer gründete im Rahmen der von Friedrich II. befohlenen Neuanlage von 105 Kolonistendörfer in den Jahren 1751 bis 1756 die Orte Neu Zittau, Friedrichshagen und Gosen. Hier wurden Spinnerfamilien zum Beispiel aus dem sächsischen Zittau angesiedelt, die für die Berliner Tuchmanufakturen preiswertes Spinngarn liefern sollten. Dafür wurden Haus, Brennholz, Garten, Wiesen und Weiden für eine Kuh unentgeldlich gestellt. Im Jahr 1752 mit dem Aufbau Gosens begonnen, standen 1755 schon 50 ausgebaute Spinnerhäuser, davon waren 13 bewohnt. Bis 1895 besuchten die Gosener die Gottesdienste in der Kirche in Neu-Zittau. In diesem Jahr wurde der Beschluß in der Dorfgemeinschaft gefaßt, eine eigene Kirche zu bauen, doch erst am 7. August 1912 wurde der Grundstein gelegt und 1914, im Jahr des Beginns des 1. Weltkrieges, konnte die evangelische Kirche in Gosen eingeweiht werden. Diese Feier wird in der Gosener Chronik recht anschaulich beschrieben. Es war ein Sonntag, der 26. April, das Dorf war mit Fahnen und Girlanden geschmückt, ein sonniger Frühlingstag, an dem viele Gäste zur feierlichen Weihe der neu erbauten Kirche nach Gosen gekommen waren. Der Baurat Scherler-Beeskow überreichte den Kirchenschlüssel. Der Gosener Männergesangverein unterstützte die kirchliche Feier, die der Generalsuperintendent D. Koehler mit einer Festrede eröffnete. Mit Orden wurden die Männer geehrt, die sich besonders in den 19 Jahren um den Kirchenbau verdient gemacht hatten, wie Pastor Asmis, der Gemeindevorsteher Taeger, Wilhelm Noack, H. Wilhelm Schust und August Vetter. Noch konnte die festlich gestimmte Gemeinde nicht ahnen, welches Kriegsunglück in wenigen Wochen hereinbrechen sollte. Die Gosener Kirche hat die wechselvollen schweren Zeiten des 20. Jahrhunderts unversehrt überstanden.
Beim Betreten der Kirche fällt auf, daß der Raum einen ungewöhnlich harmonischen Eindruck macht, der durch einen zweiten Blick erklärbar wird. Der Kirchenraum bietet sich frei dem Eintretenden dar, ist nicht durch Säulen gegliedert. Große Fenster erhellen den Raum. Die Decke ist flach und nicht gewölbt. Gegenüber dem Eingang, wie gewohnt, der Altar in Ostrichtung. Das Altarretabel, die Wand hinter dem Altartisch, ist künstlerisch gestaltet. Das Mittelfeld wird rechts und links von zwei korinthischen Säulen begrenzt, während vor einem dunkelroten Grund mit goldenen Ornamenten das plastische Kruzifix, Christus am Kreuz, zu sehen ist, ohne jede andere Assistenzfigur wie zum Beispiel Maria und Johannes wie in der Kirche von Neu-Zittau. Der Altar wird bekrönt durch einen neo-barocken Giebelabschluß, in dem im ovalen Feld das Auge Gottes zu sehen ist, die allwärtige Gegenwart Gottes symbolisierend. Der Altar wie auch die Kanzel und die kleine Sakristei sind aus Holz geschnitzt und bemalt. Die Flächen bzw. Felder sind dunkelrot oder schwarz marmoriert und die begrenzenden Leisten sind blau-grau, gold und weiß abgesetzt, ein festlicher Farbklang.
Vom Altar aus auf den Eingang blickend, sieht man die leicht geschwungene Empore, auf der sich auch die kleine Orgel befindet, deren Gehäuse in seiner Dekoration und Farbgebung mit der übrigen Kirchenausstattung übereinstimmt. An den Wänden fallen die Holztafeln mit geschnitztem Rahmen auf, welche vom Kriegerverein Gosen nach dem Ende des 1. Weltkrieges gestiftet wurden und die Namen der Gefallenen tragen.
Ein besonderes Ausstattungsstück der Kirche ist das Taufbecken aus Kalksandstein, vermutlich von der Kalksandstein-Fabrik, die damals in Gosen ihren Sitz hatte. Es ist ein mächtiger, grau gestrichener Steinblock in kräftiger breiter Kelchform, wie er in den Kirchen des Mittelalters zu sehen ist und hier auch sein Vorbild hat.
Diese außen so schlicht wirkende Kirche mit einem kräftigen Glockenturm steht vor der Kreuzung, etwas seitwärts zur Hauptstraße des Ortes Gosen. Die Einheitlichkeit ihrer erhaltenen Ausstattung, sie ist seit der Einweihung der Kirche 1914 nicht verändert worden, gibt ihr einen besonderen Stellenwert in der Denkmalpflege. Der herrschende Kunststil im deutschen Kaiserreich war der Historismus, der hier mit einem Spätwerk in der Art des Neo-Barock schlicht und dezent zur Wirkung kommt.
Zwei Gemälde gehören ebenfalls zur Ausstattung der Kirche, die aber wohl jetzt nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz hängen. Es ist einmal ein Porträt von Friedrich II., dem Begründer der Kolonistenorte in Brandenburg, zu denen auch Gosen gehört. Das zweite Bild zeigt ein Schiff auf stürmischer See, ein symbolisches Motiv, das einerseits den realen Hintergrund der Unsicherheit aller Schiffahrt festhält, welche auch von Gosenern betrieben wurde und darüber hinaus das Lebensschiff darstellt, welches nur durch Glauben und Vertrauen auf Gott den sicheren Hafen erreichen wird.
Den Bürgern und Sponsoren von Gosen sei gedankt, dass sie es jetzt vermochten, die Kirche durch ein neues Dach zu sichern. Eine notwendige Renovierung sollte mit aller Vorsicht erfolgen. Man kann sich auch vorstellen, dass der umgebende Kirchplatz einen parkähnlichen Charakter bekommen könnte, der zum Verweilen und Erholen einlädt.

Literatur: Amt Spreenhagen - auf dem Sprung ins 21. Jahrhundert. Amt Spreenhagen 2000.
Für Auskünfte und Unterlagen danke ich Herrn Schnuppe, Gosen.

Von Gosen führt die Gosener Landstraße Richtung Berlin-Köpenick über Müggelheim. Die Straße wird hier durch den Dorfanger geteilt, auf dem schon von Ferne der helle Bau der kleinen Kirche zu sehen ist, die in diesem Jahr, am 1. Juli, den zweihundertsten Jahrestag ihrer Einweihung feiert.
Am 1. Juli 1804 wurde nach einjähriger Bauzeit die kleine Kirche eingeweiht. Baumeister Berger, von dem bisher weiter keine Nachrichten übermittelt sind, errichtete diesen Bau. Es ist ein schlichter Putzbau auf quadratischem Grundriß mit hohen, rechteckigen Fenstern nach dem Muster des empfohlenen Quersaalbaues des 17. Jahrhunderts für evangelische und reformierte Kirchen. Im Innern tragen vier hölzerne Säulen eine Flachdecke. An der Nordseite ist eine später eingebaute Empore, an der Südseite, entgegen der üblichen Ostrichtung, der Altar. Die Kolonisten, die einst aus der Pfalz von König Friedrich II. nach Brandenburg gerufen wurden und sich 1747 in Müggelheim niederließen, hatten lange Jahre kein eigenes Kirchengebäude. Sie hielten ihren Gottesdienst in der Betstube des Schulhauses oder nahmen am Gottesdienst der reformierten Gemeinde an der Schloßkapelle in Köpenick teil. Die Familien aus der Pfalz waren ebenfalls Anhänger des reformierten Glaubens, dem sie auch bis zur königlichen Verordnung über die Union der reformierten und lutherischen Gemeinden im Jahre 1817 anhingen. In den Kirchen der Reformierten, die nach den Lehren des schweizerischen Reformators Johannes Calvon (1509-1564) lebten, waren christliche Bilder und Plastiken verbannt, einzig die die Symbole der Evangelisten waren erlaubt. Nichts sollte die Aufmerksamkeit von der Predigt ablenken. Und so war auch für die Müggelheimer Dorfkirche die Zweckmäßigkeit und Schlichtheit maßgebend, die zur Ausstattung nur einen einen hölzernen, reich profilierten Kanzelaltar und Sitzbänke vorsah, die bemalt wurden. Die Glasfenster mit den Symbolen der Evangelisten gehören wohl zu einer späteren Zeit, vielleicht aus dem Jahre 1910, als auf dem Walmdach der kleine Dachreiter zur Aufnahme der Glocken errichtet wurde.
Anlass für den kleinen Rundgang durch die Kirchen der ehemaligen Kolonisten aus der Mitte des 18. Jahrhunderts rund um den Müggelsee ist das diesjährige Jubiläum der Dorfkirche von Müggelheim. Es wurde vom Pfarrer und dem Gemeindekirchenrat mit vielen Aktivitäten vorbereitet und soll nun festlich begangen werden.

Quellen: Herbert Pieper „Das MüggelheimBuch” Berlin 1997 /„Kirchen in Berlin” Berlin 1987 / Kurt Pomplun „Berlins alte Dorfkirchen” Berlin 1984 / Walter C. Türck „Die Dorfkirchen von Berlin” Berlin 1950 u.a.


Kirchentermine im Juni

Gottesdienste
Sonntag, 6.6., 10 Uhr: Gottesdienst - Pfarrer Fredrich
Sonntag, 13.6., 10 Uhr: Konfirmationsgottesdienst mit Abendmahl - Pfarrer Menthel
Sonntag, 20.6., 10 Uhr: Festgottesdienst zum 20-jährigen Kirchenjubiläum
Sonntag, 27.6., 10 Uhr: Gottesdienst - Vikarin Schwedusch-Bishara

Kirchweihfest: 16.-20. Juni, Programm siehe separaten Artikel
Kirchenkonzerte:
Samstag, 12.6., 18 Uhr - Klavierkonzert und Literatur mit Michael Stöckigt und Jochen Schmidt
Samstag, 26.6., 18 Uhr: Konzert für Saxophon solo mit Roland Menthel
Gemeindekirchenrat: Mo., 7.6., 19.30 Uhr
Junge Gemeinde: montags, 19 Uhr, Kirchstraße 4 in Köpenick (außer Ferien)
Gemeindeabend: Dienstag, 8.6., 20 Uhr, Besuch bei unserer Partnergemeinde Chanka/Äthiopien. Bilder und Berichte von Siegfried Menthel und Mitreisenden
Treff der älteren Generation: Mittwoch, 9.6., 14 Uhr in der Gaststätte Krampenboje, Krampenburger Weg
Umweltkreis: Dienstag, 15.6., 20 Uhr bei Familie Jacobius, Darsteiner Weg 36a
Andacht zum Johannistag: Donnerstag, 24. Juni, 19.30 Uhr in der Kirche