Müggelheimer Bote
6. Jahrgang, Ausgabe 10/99  
Oktober 1999 Home  |  Archiv  |  Impressum


Inhalt

Startschuss für neuen Sportplatz fällt noch in diesem Jahr

Neubau der Russenbrücke nach Hessenwinkel liegt im Zeitplan

Die "Fluchhafen"-Katastrophe. Meinung von Ferdi Breidbach

Kritischer Rückblick auf ein sogenanntes Erntefest

Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

Berlin wählt am 10. Oktober!

Happy birthday, Müggelheimer Bote!

Zehn Jahre danach...

Blutspender retten Leben: DRK braucht mehr roten Lebenssaft

Überlebenshilfe für Igel

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© 1999 Müggelheimer Bote

Zuletzt aktualisiert am 02.10.1999

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Die "Fluchhafen"-Katastrophe

Meinung von Ferdi Breidbach (CDU), Bürgermeister von Diedersdorf/Mitglied im BVBB e. V.

Die „Fluchhafenkatastrophe“
Unbestreitbar, von jedermann nachlesbar und mit immer wieder neuen Informationen gefüttert, ist nun klar: die hochtrabenden Pläne der Berliner und Brandenburger SPD/CDU-Politiker, einen neuen Großflughafen in Schönefeld zu bauen, sind abgestürzt. Die großmütig angekündigte Jobmaschine wird zur „Floppmaschine“. Das Flughafenprojekt wird für Stolpe, Diepgen, das Abgeordnetenhaus von Berlin und den Landtag von Brandenburg zu einem „Fluchhafen“. Noch wird der unschamhafte Versuch unternommen, der Öffentlichkeit weis zu machen, dass die Standortentscheidung Schönefeld richtig sei und der „Fluchhafen“ in Schönefeld als Internationales Luftdrehkreuz gebaut wird.

Die Götterdämmerung ist beendet!
Spätestens nach der Bildung der Koalitionsregierung in Brandenburg und den Wahlen im Abgeordnetenhaus in Berlin ist die Zeit der Götterdämmerung beendet und die Stunde der Wahrheit gekommen. Warum? Die Standortentscheidung von Stolpe, Diepgen und dem ehemaligen Bundesverkehrsminister Wissmann getroffen, ist falsch. Dies wussten die Herren, denn im vorgeschalteten Raumordnungsverfahren, einer Fach- und Expertenuntersuchung, ist der Standort Schönefeld als Standort, für hochtrabende Politikerphantasien, glatt durchgefallen. In diesem Gutachten konnten die Herren schließlich nachlesen: Ein Katastrophenschutz gegen Flugzeugabstürze in den dichtbesiedelten Gebieten, jenseits der geplanten Start- und Landebahn, ist nicht sicherzustellen.
Die im Falle eines Baues auf weit über 100 000 Menschen zukommende Lärmbelastung verletzt die Forderung des Grundgesetzes nach körperlicher Unversehrtheit. Eine notwendige Verkehrsanbindung an das internationale Eisenbahnschnellnetz ist nicht machbar. Der für ein Drehkreuz notwendige, uneingeschränkte Nachtflugbetrieb ist, aufgrund bestehenden Rechts, eine Illusion. Die zwangsläufige Zerstörung entwickelter Erholungsgebiete ist unvertretbar.

Die Ignoranz ist bezeichnend!
Trotz dieser Fakten wurde der Versuch unternommen, mit Hilfe von Privatisierungsverträgen, den Standort, gegen den Willen aller betroffenen Umlandgemeinden und den betroffenen Menschen, durchzusetzen. Das Zustandekommen des Privatisierungsvertrages und des Zuschlags für das Konsortium um die RWE (Rheinisch Westfälische Elektrizitätswerke), Tochtergesellschaft HOCHTIEF, im Schlepptau mit der Frankfurter Flughafengesellschaft (FAG) ist nun Gegenstand von staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen Betrugs. Der Vertrag, nicht mehr existent, weil ihn das Oberlandesgericht Brandenburg Anfang August, in allen entscheidenden Punkten für null und nichtig erklärte, nachdem Diepgen, Stolpe und der sogenannte Vergabeüberwachungsausschuß diesen Vertrag öffentlich als „astrein“ erklärten.
Diese Entscheidung ist nicht nur schwerer Imageschaden für Berlin und Brandenburg, sondern auch eine schallende Ohrfeige für Unfähigkeit. Mit der Nichtigkeit dieses Vertrages ist dann wohl auch der Abkassierversuch der Fluggäste durch eine Flughafengebühr von 19,50 DM und die staatlich verbürgte Gewinngarantie von 15 Prozent für das Konsortium vom Tisch.

Die Not der Menschen spielt keine Rolle!
Bisher zeigen sich Diepgen, Stolpe und der Wissmann Nachfolger Müntefering von all diesen Ohrfeigen öffentlich noch unbeeindruckt. Auch der Rausschmiß des für Finanzen zuständigen Geschäftsführers der BBF, hat die Herren nichts gelehrt. Bekanntlich hatte er öffentlich die Wahrheit gesagt, als er verkündete, dass der Ausbau von Schönefeld zum „Großfluchhafen“ wegen der Unfähigkeit der Politik tot sei.
Standhaft weigern sich Stolpe und Diepgen sich der Bevölkerung und den Gemeindevertretern der betroffenen Gemeinden zu stellen.
Gesundheitsverträglichkeitsprüfungen für die betroffenen Menschen werden abgelehnt, weil Schadenersatzansprüche durch Inbetriebnahme des Großflughafens befürchtet werden. Den Eigentümern von Haus- und Grundbesitz wird verschwiegen, dass ihr Besitz entwertet wird. Ein Schaden von mehreren Milliarden DM wird hier verursacht.
Diepensee wird nicht der einzige Ort sein der zwangsumgesiedelt werden muß. Im Abstand von 15 Kilometer und mehr von Start- und Landebahn kommt es zwangsläufig zur Verelendung ganzer Wohnregionen, weil jeder der kann die Flucht ergreifen wird. Mit dieser Entwicklung muß gerechnet werden. Für die verantwortlichen Regierungen und der sie tragenden Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus und Brandenburger Landtag, gilt nur eins: „Augen zu und durch, die Menschen sind zu dumm, um unsere Weisheit zu verstehen.“

Schönefeld als „Sumpfgebiet“!
Wie soll es weitergehen? Wir dürfen gespannt sein auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft, die, so darf man annehmen, einen Sumpf von Betrug, vielleicht auch Korruption und Bestechung aufdeckt. Es ist schon spannend, wie Beschuldigte und ihr Umfeld den Versuch unternehmen, sich gegenseitig die Schuld für das totale Scheitern der Ausschreibung und damit des Vertrages zwischen RWE/HOCHTIEF, Brandenburg, Berlin und Bund, in die Schuhe zu schieben. Dabei verschweigt das RWE/HOCHTIEF Konsortium weder, monatlich 50 000,- DM an die ehemalige Mitarbeiterin des beschuldigten Märtins (Ingenieurbüro WIB) gezahlt zu haben. Damit sollte „öffentlichkeitswirksam das Erscheinungsbild bei Meinungs-Multiplikatoren und der Politik gepflegt werden“. Um das Fass voll zu machen, wurden auch, so berichtet der SPIEGEL in seiner Ausgabe vom 20.09.1999, „. . . mehrere Verträge mit Journalisten abgeschlossen“. Man wird gespannt sein dürfen, aber man kann es fast erraten, in welchen Medien die so geschmierten gesessen haben. Im Sinne der Aufrechterhaltung politischer Hygiene darf man nur hoffen, dass nicht auch an politische Parteien und Mandatsträger, aus diesem Topf, „gespendet“ wurde.
Es wird nun auch zugegeben, dass es unter den Wettbewerbern HOCHTIEF und IVG Informationsabschöpfungen, unerlaubte persönliche Kontakte und die Verbringung von Vertragsentwürfen gegeben haben soll. Dies alles ist so abenteuerlich, dass man es kaum zu schreiben wagt. Den verantwortlichen Politikern Stolpe, Diepgen und Müntefering und den Abgeordneten im Berliner Abgeordnetenhaus und dem Landtag in Brandenburg kann man nur zurufen: „O Herr wie tut´s dem Wähler weh, wenn er Euch in dieser Gesellschaft sieht!“

Aus Fehlern lernen!
Bevor durch Unfähigkeit, Leichtsinn und Ignoranz auch noch das letzte Kapital zum Bau eines Großflughafens in der Region Berlin/Brandenburg verspielt wird, sollten Diepgen, Stolpe und der Bund zu ihren Fehlern stehen und Schönefeld als Standort aufgeben. Nur dann besteht die Chance, dass die Region aus Gründen der wirtschaftlichen Entwicklung, der Verbesserung der gesamten Infrastruktur, der Schaffung von Arbeitsplätzen und der notwendigen Anbindung Berlins und Brandenburg an das internationale Flugnetz, Schönefeld aufgeben.
Für diesen Fall könnte den Herren noch nachgesehen werden, dass sie wahrscheinlich eine Milliarde Steuergelder für Schönefeld verpulvert haben, sich die falschen Partner ausgesucht haben und ohne auch nur je mit der betroffenen Bevölkerung gesprochen zu haben, deren körperliche Unversehrtheit auf´s Spiel setzen wollten.
Nebenbei könnten dann die Menschen zwischen Erkner und Ludwigsfelde auch noch hoffen, dass ihr privates Eigentum an Grund und Hausbesitz nicht vernichtet wird. Erkner, Köpenick, Müggelheim, die gesamte Region um Mahlow, Dahlewitz, Blankenfelde und Diedersdorf würden lebens- und liebenswerte Wohn- und Erholungsgebiete bleiben. Die Menschen würden den Glauben an die Politik wieder zurückgewinnen.

Wer ein Internationales Drehkreuz will, muß nach Sperenberg!
Auf nach Sperenberg, Herr Stolpe und Herr Diepgen! Auf zur Umsetzung des Konzeptes, dass der Bürgerverein Berlin-Brandenburg e.V. (BVBB) erarbeitet hat! Die Umsetzung dieses Konzeptes wäre eine wirkliche politische Leistung, einer Metropole und ihres Umlandes würdig. Was spricht dagegen, den Flughafen Tegel zu schließen und die Flächen für Wohnungsbau und Erholung zu nutzen, den Flughafen Tempelhof als Check-In Flughafen für das Internationale Drehkreuz Sperenberg zu gestalten, regionalen Flugverkehr für innereuropäische Strecken von Tempelhof aus zu betreiben, in Schönefeld die neue Berliner Messe zu bauen und die Messe am Funkturm zu einem großen international beachteten Freizeit-, Sport- und Veranstaltungszentrum umzufunktionieren?
Es geht also nicht, wie fälschlicherweise von den Schönefeld-Befürwortern immer wieder unterstellt wird, um eine Gegnerschaft gegen einen Großflughafen, sondern ausschließlich um einen richtigen Standort, der wirtschaftlich entwicklungsfähig, ausbaufähig, arbeitsplatzschaffend, national und international konkurrenzfähig ist und in seinen Verkehrsverbindungen an das ICE-Netz und den Transrapid, falls er denn gebaut, angebunden wird.

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