Im Gedenken...

Vielfältige Bestattungskultur beim Unternehmerabend vorgestellt

von Simone Jacobius

Totensonntag, Volkstrauertag, Allerheiligen. Der November ist der Monat der Toten. Doch nur was das Gedenken an sie anbelangt. Denn statistisch gesehen sterben in diesem Monat, allen Gerüchten zum Trotz, nicht mehr Menschen als in anderen Monaten. Erst von Dezember bis März steigt die Zahl der Sterbefälle an, was dem Winterwetter, den Infekten und auch der Bewegungsarmut geschuldet sein mag – vielleicht auch den langen, dunklen Tagesabschnitten. Durchschnittlich sterben in Berlin 2700 Menschen pro Monat.

Anfang Oktober hatte Rüdiger Kußerow Obermeister der Bestatter-Innung und Mitglied des Wirtschaftskreises Müggelheim, zu einem Unternehmerabend eingeladen. Der Müggelheimer ist Bestatter aus Tradition. Schon Vater und Großvater hatten in dem Gewerbe gearbeitet. "Ein guter Bestatter wird bereits geboren als Bestatter, hat schon mein Großvater gesagt", schmunzelt er. Erst seit 2005 handelt es sich beim Bestatter um einen Lehrberuf. Über die Jahrhunderte hat sich der Beruf vom Sargverkäufer zum Seelsorger gewandelt.

Rüdiger Kußerow lieferte interessante Fakten an dem Abend im Café No. 1. So gibt es in Berlin bereits 30 Prozent zu viel Bestattungsflächen. Zum einen ist Berlin jung geworden und zum anderen lassen sich immer mehr Menschen anonym und somit platzsparend beerdigen. Mindestens 50 Prozent der Toten werden heutzutage anonym bestattet, weiß der Innungsmeister. Und: Es gibt keine bezirkliche Bindung an einen Friedhof. So wie der Bestatter frei wählbar ist, ist es auch der Friedhof. Aber keine Wahl hat man bei der Bestattung als solche. Denn in Deutschland herrscht Bestattungszwang. Auch der Müggelheimer Friedhof verfügt übrigens über freie Plätze. Beerdigungen sind dort meist mittwochs.

Kußerow erklärte einige der möglichen Bestattungsformen, die neben der normalen Sargbestattung oder dem Urnenfeld möglich sind. Wer eine anonyme oder halbanonyme Bestattung wünscht hat auch da inzwischen die Wahl. Neben der Bestattung in einem Rasenfeld, kann die Asche auch auf einer Schweizer Almwiese verstreut, aus einem Heißluftballon verrieselt oder einem Gebirgsbach anvertraut werden. Sogenannte Kolumbarien sind Mauern mit Nischen, in denen die Urnen stehen – nicht anonym, aber auch ohne Pflegeaufwand. Auch beliebt sind sogenannte Urnen-WGs (gibt es auch in Müggelheim). Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsbeet mit einer Namensplatte der Verstorbenen.

Diamant – dabei werden mit der Asche des Verstorbenen ein, oder auch mehrere, Diamanten gezüchtet. So haben ein oder mehrere Angehörige die Möglichkeit, den Toten immer bei sich zu tragen.

Die Weltraum-Bestattung ist die teuerste Art und kostet 15.000 Euro. Ein kleines Reagenzglas voll wird mit nach oben geschickt und dann dort verstreut – dem Himmel so nah!

Der nächste Friedwald von Müggelheim aus befindet sich in Fürstenwalde. Hierbei wird die Urne am Fuße des Baumes bestattet und mit einem kleinen Namensschild versehen. Ein Gemeinschaftsbaum kostet dabei 800, ein Familienbaum 4000 Euro.

Beim Tree of life wird die Asche des Verstorbenen in die Schweiz geschickt. Dort wird sie zur Aufzucht eines Baum-Setzlings genutzt, der nach etwa zwei Jahren den Angehörigen ausgehändigt wird.

Für eine Seebestattung müssen Spezialurnen genutzt werden, die sich innerhalb von 24 Stunden auflösen. Und dann müssen die Schiffe für die Bestattung auf Ost- und Nordsee oder dem Atlantik mindestens anderthalb Stunden hinausfahren.

"Wichtig ist, dass die Menschen sich schon zu Lebzeiten Gedanken über die Art der Bestattung machen, die sie haben möchten. Damit die Angehörigen, neben ihrer Trauer, nachher nicht völlig hilflos und womöglich mittellos dastehen", sagt Kußerow. Er empfiehlt eine Bestattungsvorsorge beispielsweise in Form einer Versicherung.