Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 06/2002
Juni 2002

Inhalt
Auf zwei rasenden Rädern die Nerven kitzeln lassen
Mit dem Umweltstadtrat auf Tour durch Müggelheim
"Flaniermeile zwischen den Einkaufszentren"
Die Erde als unsere Heimat
Vom hölzernen Handschwengel zur modernen Technik
Schönefeld: Dioxin-Umweltkrimi bei Flughafenplanung
Struktur des Luftraumes über Müggelheim
Pirschen, gucken, lauschen
"Für ein schönes Müggelheim"
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Leserbrief
Aus den Vereinen
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Auf zwei rasenden Rädern die Nerven kitzeln lassen

Erholungssuchende in den Müggelbergen ärgern sich über Mountainbiker

Sie rasen die Berge hinunter, springen über Baumstämme, bauen sich Pisten und geben sich voll dem Geschwindigkeitsrausch hin: die Mountainbiker in den Müggelbergen. Doch was des einen Freud ist bekanntlich auch des anderen Leid. Immer wieder beklagen sich Spaziergänger über Rowdys unter den Bikern, vor denen sie sich nur mit einem gewagten Sprung ins Unterholz retten konnten, oder auch über Baumstämme, die quer über Wege gelegt werden. Den Förstern ist das Problem seit Jahren bekannt, doch ändern konnten sie bisher daran nichts.

Keine „Rowdys”: In diesem Fall waren es die Mountainbiker der Polizei, die im vergangenen Jahr zu einem offiziell genehmigten Kräftemessen in den Müggelbergen antraten. Foto: Jacobius

„Das Problem ist ganz einfach: Wir erwischen die Leute einfach nicht. Und die Polizei macht im Wald so gut wie nichts mehr, seitdem es keine Polizeireiter mehr gibt“, sagt Forstamtsleiter Klaus Pogrzeba. In einem Fall im letzten Jahr wurde im Vorfeld der Termin eines illegalen Rennens bekannt. Dort leistete die Polizei Amtshilfe, das Rennen wurde unterbunden, die Personalien der Fahrer festgestellt. Doch warum dürfen die Jugendlichen ihren Bewegungsdrang nicht frei ausleben? „Es sind leider nur etwa 25 Prozent der Fahrer bereit, sich an Regeln zu halten und auch Kompromisse einzugehen. Es geht nicht, dass ein paar rücksichtslose Fahrer alle anderen Waldbesucher, Tiere und die Natur gefährden“, meint Pogrzeba. So sei ein neuer Lehrpfad mutwillig zerstört, junge Bäume einfach rausgerissen, Zäune zerschnitten worden und bei Regen käme es zudem noch zu starken Erosionen. „Das hat für mich dann nichts mehr mit Sport und dem Bewegungsdrang junger Leute zu tun“, kritisiert Pogrzeba.

Ein jugendlicher Mountainbiker sieht das ähnlich: „Mir geht es nicht darum, etwas kaputt zu machen. Ich will einfach nur fahren. Es ist doof, dass einige einfach querfeldein fahren und dadurch die Meinung über uns alle versauen.“ Ihn reizt an diesem Sport vor allem der Nervenkitzel mit bis zu 60 kmh den Berg hinabzurasen, aber auch das Handwerkliche liegt ihm. Ständig am Rad herumzupuzzeln - wobei seines mit einem Wert von ehemals 4500,- DM noch im unteren Preisniveau liegt. Doch der Nervenkitzel hat auch seinen Preis. „Ich habe mich schon öfter um einen Baum gewickelt und mehrere Brüche davongetragen“, sagt der junge Müggelheimer. Deswegen gehört eine Sicherheitsausstattung für ihn zum Pflichtprogramm. Ohne Helm und Schienbeinschützer geht er nicht auf die Piste.

Eine eingeschworene Gemeinschaft sei es, die dort vor allem an den Wochenenden aus ganz Berlin die Berge hinabrase. Sonntags sei am meisten los, so 20 bis 30 Mountainbiker in der Regel. Die meisten halten sich seiner Meinung nach jedoch daran, die alte Rodelbahn hinabzufahren. „Die sollte offiziell als Mountainbike-Strecke freigegeben werden“, so der Biker.

Doch da lässt das Forstamt gar nicht mit sich reden. „Wenn wir die Bahn freigeben und sich dann jemand das Genick bricht, wird ein Schuldiger gesucht - wir“, erläutert Amtsleiter Pogrzeba die Zurückhaltung. Der Betreiber der Strecke sei zuständig für die Verkehrssicherheitspflicht und haftet bei Unfällen - und das könne keiner gewährleisten. Daran sind auch die Verhandlungen mit einem Verein gescheitert, der sich im vergangenen Jahr darum bemüht hatte, alles etwas zu koordinieren. Das Forstamt sieht für eine offizielle Strecke im Naherholungsgebiet rechtlich keine Chance.

Dabei stellt Pogrzeba klar, dass er nicht generell etwas gegen die jugendlichen Biker habe. „Normales Fahren ist ok, aber hier handelt es sich um eine Extrem-Sportart, die zudem noch von viel Rücksichtslosigkeit geprägt ist. Das ist nicht mit den anderen Erholungssuchenden und der Natur vereinbar“, sagt er. Für ihn keine Lösung des Problems in Sicht. Er kann nur an die Mountainbiker appellieren, rücksichtsvoller in Hinblick auf Mitmenschen und Natur zu fahren. Einen Vorschlag hat der Müggelheimer Mountainbiker noch: „Mülleimer aufstellen, denn die wenigsten nehmen leider ihren Dreck wieder mit nach Hause.” sip