Gefahr von oben

Eisbrocken fiel vom Flugzeug und beschädigte ein Haus

von Simone Jacobius

Ein lauter Knall durchbrach am 26. Januar um die Mittagszeit die beschauliche Ruhe von Müggelheim. Ein großer Eisklotz sauste vom Himmel, zerstörte das gläserne Vordach eines Mehrfamilienhauses am Geinsheimer Weg 10, riss einen Teil der Regenrinne ab und beschädigte eine Wohnungstür im Obergeschoss. Der Bereich ist jetzt mit rotem Flatterband gesichert. Es ist bereits der zweite Vorfall dieser Art in Müggelheim in noch nicht einmal zwei Jahren.

"Es soll sich um einen etwa 15 Kilo schweren Brocken gehandelt haben", weiß der Leiter der Müggelheimer Feuerwehr, Sören Vieth, zu berichten. Zwar sind die Müggelheimer Kameraden nicht zum Einsatzort gerufen worden, aber die Berufskollegen waren dort.

Der 64-jährige Hausmeister der Anlage hatte nach dem Vorfall sofort die Polizei alarmiert. Doch vorher hatte er noch gesehen, wie gerade ein Flugzeug über die Häuser flog. Jetzt hat das Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen. Die Polizei geht davon aus, dass es sich um herabfallendes Eis von einem Flugzeug handelte, dass im Landeanflug auf Schönefeld war. Eine Bestätigung dafür, gibt es derzeit noch nicht. Die Flughafengesellschaft räumt allerdings ein, dass es durchaus sein könnte. "Wir hatten zu dem Zeitpunkt Betriebsrichtung Nordost und Flugzeuge im Landeanflug sind dort rüber geflogen", bestätigt Lars Wagner, Sprecher der Flughafengesellschaft (FBB).

Für Eis könne es in dieser Jahreszeit zwei Ursachen geben. Zum einen könnten sich Eis- und Schneereste an der Maschine befunden haben, die beim Einklappen des Fahrwerks quasi "konserviert" wurden und sich beim Ausklappen des Fahrwerk – was über Müggelheim der Fall ist – lösten. Oder aber es handelt sich um gefrorenes Wasser aus einer Flugzeugtoilette, sogenanntes Blue Ice. Denn obwohl Flugzeugtoiletten geschlossene Systeme bilden, kann es in sehr seltenen Fällen dazu kommen, dass geringe Flüssigkeitsmengen in Tropfenform nach außen gelangen und in der kalten Umgebungsluft am Flugzeugrumpf festfrieren. Wenn die Maschine in wärmere Luftschichten kommt, kann der entstandene Eisklotz sich lösen und hinunterfallen. Blue Ice, also blaues Eis, heißt es übrigens wegen der blauen Chemikalie in den Toiletten.

Die Flughafengesellschaft selbst sieht sich nicht in der Haftung, will aber die entsprechende Airline kontaktieren. "Fakt ist, ein Sachschaden ist entstanden und der muss ersetzt werden", sagt Wagner. Solche Vorfälle würden allerdings sehr selten passieren, heißt es sowohl von der FBB als auch in einem Merkblatt des Luftfahrt-Bundesamtes. Komisch nur, das es bereits das zweite Mal in kurzer Zeit in Müggelheim passierte. Am 13. März 2014 fiel ein Eisbrocken auf ein Dach am Enkenbacher Weg und sorgte für große Aufregung. Damals schrieb selbiger Pressesprecher per Mail an die Bürgerinitiative Müggelheim (BIM): "Anerkannte Untersuchungen haben ergeben, dass es sich hierbei um ein ‚extrem seltenes Phänomen' handelt. Die Wahrscheinlichkeit wird mit zwei Verdachtsfällen pro Jahr bei drei Millionen Flugbewegungen angegeben."

"Dieser zweite Vorfall zeigt uns, dass die Gefahren, die von einem Flughafen ausgehen, dessen Starts und Landungen über dichtbesiedeltem Gebiet führen, schlimmstenfalls sogar tödlich sein könnten. Wann wird das die Berliner Politik endlich begreifen?", fragt Norbert Gustmann, Vorsitzender der BIM. Auch wenn die Fluggesellschaften für den Schaden aufkommen müsse, jeder Berliner und Brandenburger Politiker, der nichts dagegen unternähme,  jedes Aufsichtsratsmitglied trage dafür mit die Verantwortung, dass dieses gesundheitsgefährdende, Milliarden verschlingende Projekt nicht endlich gestoppt werde. "Muss erst Schlimmeres passieren?", fragt sich Gustmann. Zu der Tatsache, dass solch ein Eisklotz durchaus auch mal einen Menschen treffen könnte, wollte sich Wagner nicht äußern: "Ich beteilige mich nicht an Spekulationen!"