Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

Es ist unglaublich, wie die Natur innerhalb kürzester Zeit regelrecht explodiert ist. Ein Meer an Blüten verbreitet einen Duft, der einen geradezu betäubt. Eigentlich passiert das ja jedes Jahr um diese Zeit, aber irgendwie ist es doch auch immer wie ein Wunder, finde ich. Es ist eine sehr intensive Zeit – für alle Sinne. Noch extremer war es just in Schottland, wo wir unseren Urlaub verbrachten. Da fängt das Frühjahr etwas später an, so dass Frühlings- und Sommerblumen gleichzeitig blühen.

Apropos Schottland: Wie wir Ende des Monats feststellen durften, sind trotz der herrlichen Natur die Schatten durchaus auch präsent. Der Brexit, der Austritt der Briten aus der EU, war dann doch für viele unvorstellbar und nun ist er da. Zwar mit einem denkbar knappen Ergebnis, nur 51,9 Prozent der Briten stimmten für den Austritt, aber dennoch ist das Votum gefallen. Wie es nun weitergeht? Wahrscheinlich wird sich nicht großartig etwas ändern außer dass die Briten nicht mehr in die Entscheidungsprozesse der europäischen Gemeinschaft eingebunden werden. Denn sie wären ganz schön dumm, wenn sie die europäischen Richtlinien über den Haufen werfen würden und so womöglich keine Chance mehr hätten, ihre Waren zu exportieren. Nichtsdestotrotz bleibt die Sorge um die Zukunft der EU. War das jetzt der Anfang vom Ende, werden jetzt noch mehr Länder nachziehen? Kämpft bald nur noch jedes kleine Land wieder für sich alleine?

Die Unsicherheiten und auch die Ängste steigen. Doch was war zuerst da, die Henne oder das Ei – sprich die Angst, die zum Austritt führte oder die jetzt nach der Abstimmung? In Deutschland, genauso wie in anderen Ländern, haben Populisten immer mehr Zulauf. Sie schüren Ängste, wo gar keine sein müssten und verschaffen sich so Stimmen. Ähnlich dem Rattenfänger von Hameln bekommen sie im Schneeballsystem immer mehr Stimmen. Auch in Berlin weisen die Umfrageergebnisse zur nächsten Wahl im September darauf hin. Etablierte Parteien verlieren en masse zugunsten neuer populistischer Parteien. Viele Bürger fühlen sich verraten, haben das Vertrauen in die Politik verloren. Das gilt auf regionaler Ebene genauso wie auf internationaler. Die Bürger werden nicht mehr mitgenommen von der großen Politik, es wird über ihre Köpfe hinweg entschieden, die Ängste und Bedürfnisse ignoriert. Kein Wunder, dass der Unmut groß ist.

Ich kann nur sagen: Inzwischen habe ich Angst. Wo soll das noch hinführen? Wenn die Politiker es nicht schaffen, die Menschen schnellstmöglich wieder mit zu nehmen auf ihrer Fahrt durch den parlamentarisch-politischen Dschungel, sehe ich schwarz. Schwarz für Berlin, schwarz für Deutschland und schwarz für Europa. Es muss dringend etwas passieren, und das fängt mit Ehrlichkeit und Transparenz an. Nur so nimmt man gefährlichen Populisten den Wind aus den Segeln. Fangen wir in unserem kleinen Müggelheim doch einfach an! Denn Angst ist bekanntlichermaßen ein schlechter Berater. In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen und friedlichen Sommer.