Halali und Halalo

Erlebnisse von der Schleppjagd in Müggelheim

von Simone Jacobius

Ich gestehe, ich habe die Sache in den letzten Jahren etwas schleifen lassen. Vielleicht ist es auch dem Respekt, den ich diesen großen Tieren entgegen bringe, geschuldet gewesen. Wie dem auch sei: Ich habe das erste Mal seit Jahren wieder an der mittlerweile berühmten Schleppjagd zum Müggelheimer Erntefest teilgenommen – und war begeistert. Es war zudem die 20., die bereits vom Müggelheimer Heimatverein organisiert wurde. Eine großartige Leistung! Andere Müggelheimer haben sich die Schleppjagd kein einziges Mal entgehen lassen, weil sie das schöne Spektakel nicht missen möchten.

Morgens öffneten sich noch die Schleusen und gaben her, was die Regenwolken zu bieten hatten. Es schüttete in Strömen. Doch rechtzeitig zum Jagdauftakt brach die Sonne durch und ab da war es trocken. Feierlich ritten die befrackten Reiter auf ihren hübsch geschmückten Pferden auf dem Hof Alt-Müggelheim 8 ein. Begonnen wurde dort mit der traditionellen Hubertusandacht – und dem Jagdschnaps. Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara sprach in einer kurzen Ansprache über die Verbundenheit zur Natur und die Dankbarkeit, die wir alle ihr gegenüber empfinden sollten und wünschte allen eine unfallfreie schöne Jagd. Die Bläser bliesen zum Auftakt der Jagd und 18 Pferde plus Hundemeute machten sich auf den Weg in den Wald. Vorneweg ritt der Master, der die Spur legte. Ihn begleitete der jüngste Reiter der Jagd: Der zehnjährige Ole sollte noch nicht im turbulenten Hauptfeld mitreiten, sondern ritt gemeinsam mit seinem Vater den Master an der Spitze.

15 Radfahrer und drei volle Kremser begleiteten die Jagd, auf den Kremsern saßen neben den Jagdbläsern auch Bürgermeister Oliver Igel als Schirmherr der Veranstaltung und der langjährige Ex-Bürgermeister Klaus Ulbricht. Obwohl beide regelmäßig bei der Schleppjagd dabei sind, schossen sie ein Foto nach dem anderen mit ihren Handys. Die Akkuleistung dankte es ihnen…

Der erste Stopp, bei dem Zuschauer und Reiter wieder aufeinandertrafen, war am Parkplatz vor dem Gosener Graben. Hier bekamen die Hunde, die außer Rand und Band waren, etwas Wasser für die hängenden Lefzen. Für die Radler-Zungen gab es, ganz passend, einen Jägermeister… Bei einem weiteren Stopp im Wald konnten wir die Pferde in rasendem Galopp an uns vorbeipreschen sehen. Manch einer sprang auch über das aufgebaute Hindernis. Allerdings nicht Ole und sein Vater, die wie immer vorneweg ritten. Mutter und Bruder Lasse gehörten übrigens zu den Radlern. Und für Lasse ist jetzt schon klar: „Wenn ich zehn bin, dann reite ich hier auch mit!“ Na, da muss er ja nur noch drei Jahre warten…

Der Hauptstopp auf einer sonnigen Wiese in der Seddingrube diente Reitern und Zuschauern zur Labung. An einem extra aufgebauten Imbisswagen konnten sich Reiter und Zuschauer stärken. Hautnah kam die Zuschauer nun an die Tiere heran und konnten ihr schweißnasses Fell streicheln. Bei den 35 Euro Teilnahmegebühr, die jeder Reiter zahlen musste, ist übrigens ein Wertcoupon für den Imbissstopp und das abschließende Jagdessen enthalten.

Nach einer kleinen Springvorführung brach die Jagdgesellschaft wieder auf. Die hübsche Hundemeute mit ihrem Hundeführer Torsten, erstmals dabei nach einem Generationswechsel, konnte es gar nicht abwarten, wieder die Spur aufzunehmen. Unten am alten Hafen am Seddinsee gab es den spektakulärsten Stopp. Die Pferde ritten zur Erfrischung mit ihren Reitern durchs Wasser – die eine Bucht rein, an der anderen mit einem Sprung wieder heraus. Auch die Eigner der unzähligen im Hafen liegenden Sportboote ließen sich das Spektakel unter Bläserklängen nicht entgehen. Selbst der kleine Ole ritt mit seinem Pferd wagemutig ins Wasser. Auch beim komplizierten Herauskommen hat das Team sich wacker geschlagen. Gleich drei Mal boten Pferde und Reiter das feuchte Schauspiel. Nur ein feuriger wunderschöner Friese, kohlrabenschwarz tänzelte er ständig unruhig herum, erwies sich als wasserscheu. Sein Reiter sah es gelassen und freute sich, dass seine Stiefel trocken bleiben durften.

Weiter ging es gen Heimat. Für die Radler, die von zwei Guides begleitet wurden, wurde der Weg nun beschwerlicher. So mancher musste ob der Steigungen und der aufgewühlten Waldwege absteigen und schieben. Nach zweieinhalb Stunden ritten die Reiter wieder auf dem Hof Alt-Müggelheim 8 ein. Dort, wo alles begann, sollte nun auch das furiose Ende stattfinden. Während die Bläser das Ende der Jagd bliesen, die Pferde mit Äpfeln und die Reiter mit Eichenlaub belohnt wurden, gab es für die Hunde einen Pansen als Lohn – die sogenannte Curree. Unter viel Gezerre und Geknurrte teilten sich die Vierbeiner ihren Lohn auf, die Bläser bliesen das Halali und die Jagdgesellschaft brach zum Jagdschmaus auf dem Genzler-Hof auf.

Ein tolles Erlebnis, das ich nur jedem empfehlen kann – und in diesem 20. Jubiläumsjahr auch gänzlich ohne Zwischenfälle wie außer Kontrolle geratene Pferde oder kaputtgegangene Räder. Man darf sich schon (hoffentlich) aufs nächste Jahr freuen.