Eröffnung jetzt – Party später

In Friedrichshagen gibt es jetzt einen Unverpackt-Laden

Von Bettina Ullmann

Eine Ladeneröffnung zu Corona-Zeiten? Entweder ein gutes Konzept, oder purer Leichtsinn. Die „Bölsche” hatseit dem 2. Mai jedenfalls einen Unverpackt-Laden. Aus ökologischen Gründen sieht das Ladenkonzept ein unverpacktes Warenangebot vor. .Denn mit der Vermeidung von Plastik und Verpackungen ist es in der Praxis eben doch sehr viel schwieriger, als man meint. Dem will das Inhaberpaar jetzt etwas entgegen setzen. Und weil es für Köpenick etwas Besonderes ist, räumen wir der Neueröffnung an der Bölschestraße 120 auch auf der anderene Seite des Müggelsees etwas Raum ein.
Wir schreiben das Jahr 2020, seit Jahrzehnten ist klar, dass unser Planet unter seinen Plastikbergen erstickt, aber nach wie vor sucht man in den Geschäften der großen Ketten oft genug vergeblich nach plastik- bzw. verpackungsfreien Alternativen im Warenangebot. „Wer Plastikvermeidung konsequent betreiben möchte, hat es zu schwer“, ist die Überzeugung des neuen Inhaberpaares von Unverpackt-Berlin, Sybille Benke und Steffen Lippert. Vor einigen Wochen haben sie den ehemaligen Regioladen in der Bölschestraße in Friedrichshagen übernommen. Mit ihrem Faible für das Thema Nachhaltigkeit und den beruflichen Expertisen bringen die beiden Unternehmer gute Voraussetzungen für den Unverpackt-Laden mit: Sybille Benke (48) ist Betriebswirtin für Management und verfügt über entsprechende Kompetenzen im Bereich Hygiene, Steffen Lippert (49) war als Gymnasiallehrer für Biologie, Physik, Naturwissenschaften und Mathematik tätig und auch früher schon mehrere Jahre selbständig. Beide haben jahrelang während der Schul- und Studienzeit als Aushilfskraft in Supermärkten gejobbt. Steffen Lippert hat seine Lehrertätigkeit für das neue Geschäft aufgegeben, je nach Geschäftslage würde Sybille Benke nachziehen.
„Es liegt uns fern zu missionieren. Dennoch wird es wirklich eng, wenn wir immer nur an das Heute und nicht an die Zukunft denken. Insofern sind wir schon Überzeugungstäter“, sagt Steffen Lippert ruhig lächelnd. „Vergleichbar mit dem Einkauf in einem Bioladen, sind wir der Meinung, dass Konsum mit einem guten Ökogewissen die Zukunft ist und genau aus diesem Grund auch den Verbrauchern mehr Spaß und Genuss bringt.“ Zukunft? Ein sensibles Stichwort mit Explosionspotenzial in diesen schwierigen Coronazeiten. Kein Mensch überschaut zum jetzigen Zeitpunkt, wie es weitergehen wird. Doch das ändert nichts an der Leidenschaft und Überzeugung das Paares aus Rüdersdorf. Sie beweisen Mut statt Resignation, Zuversicht statt Panik und reichlich kreativen Unternehmergeist. Die Ladeneröffnung musste um einen Monat von Anfang April auf Anfang Mai verschoben werden. Schließlich steht das Konzept nunmehr unter völlig neuen Prämissen. „Wir persönlich verwerten die besondere Situation als Herausforderung, die wir bewusst und lösungsorientiert annehmen möchten. Uns erscheint es gerade jetzt besonders wichtig, seriös und konstruktiv nach vorne zu schauen“, sagt Sybille Benke.
Das breite Sortiment des Unverpackt-Berlin beinhaltet Gemüse, Obst, Molkereiprodukte, Körner, Mehle, Müsli, Flocken, Grieß, Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Nüsse, Trockenfrüchte, Backzutaten, Süßungsmittel, Gebäck, Schokolade, Süßwaren, Gewürze, Öl/Essig, Honig, würzige Aufstriche, Nuss-Muse, Kaffee, Tee, Kakao – wann immer möglich – in offenen Behältern sowie zum selbst Abfüllen bzw. -wiegen. Nahezu alle Lebensmittel werden in Bio-Qualität erhältlich sein.
„Auch die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung liegt uns am Herzen“, sagt das Inhaber-Duo.
Im Unverpackt-Berlin wird es aber nicht nur um Konsum gehen, sondern auch Genuss wird großgeschrieben. Mit Kaffee, Tee, Kakao, Müslis sowie einem warmen Mittagstisch mit vegetarischen und veganen Eintöpfen und Suppen, wird ein kleines, feines gastronomisches Angebot serviert, das in den Sommermonaten und risikofreien Zeiten auch im Garten im Freien eingenommen werden kann.
Die besondere Situation bedingt neue Regeln: Gerade der Umgang mit den offenen Lebensmitteln des Unverpackt-Ladens in der Verkaufssituation erfordert ein komplett neues Konzept: So dürfen sich maximal drei Kunden im Laden aufhalten, die sich an Richtungspfeilen wie in einer Einbahnstraße nur in eine Richtung bewegen können;
Der Kaffee steht nunmehr ausschließlich als Coffee-to-go auf dem Speiseplan, der warme Mittagstisch und das Müsliangebot müssen sich bis zu risikoarmen Post-Corona-Zeiten gedulden; Das Mitbringen eigener Behälter ist weiterhin möglich; alle Kunden erhalten frisch gereinigte Einfüllhilfen, Zangen und Schaufeln.
„Trotz der widrigen Umstände, möchten wir das Geschäft gerne eröffnen. Die eigentliche Eröffnungsparty müssen wir natürlich verschieben", sagt Sybille Banke.
www.unverpackt-berlin.com