Der Verfall einer Institution

Das Waldrestaurant Müggelhort ist seit 2016 geschlossen

Von Simone Jacobius

SIMONE JACOBIUS

Einladend ist anders: Speisekarte und Veranstaltungstafel hängen zwar noch. Aber das Grundstück ist verwildert und verlassen.

Es war einmal... So fangen alle Märchen an, aber manchmal auch die Geschichte eines verwunschenen Hauses. Das Waldrestaurant Müggelhort war beliebte Ausflugsgaststätte, gut besuchtes Restaurant und vor allem beliebte Bowlingstätte. Radausflügler kehrten dort genauso ein, wie Wanderer oder einfach nur Müggelheimer, die bei einem Frischgezapften einen schönen Sonnenuntergang beobachten wollten. Seitdem es von seinem Vorbesitzer Lutz Böhm 2016 an einen vietnamesischen Geschäftsmann verkauft wurde, steht es leer – und verfällt immer mehr. Nur die Speisekarte hängt noch neben dem mit einer Kette geschlossenen Tor. Und ein Schild...
Im November 2018 fand eine freiwillige Versteigerung statt. Der derzeitige Eigentümer ist bisher nicht öffentlich bekannt.
Zur Person des aktuellen Grundstückseigentümers darf auch das Stadtentwicklungsamt keine Auskunft erteilen. Aber Baustadtrat Rainer Hölmer räumt ein: „Im Rahmen der Bauberatung gab es im Laufe der letzten Jahre mehrere mündliche Anfragen / Abstimmungen von und mit verschiedenen Interessenten und zuletzt mit dem aktuellen Eigentümer für eine geplante Umnutzung des vorhandenen Gebäudes zum Wohnen bzw. zum Abriss und Neubau von ortsüblichen Wohnhäusern.” Eine Wiederaufnahme der Nutzung als Gaststätte sei von keinem der wechselnden Eigentümer bisher nachgefragt worden. Auch ein Antragwurde nicht gestellt.
Der baulich genutzte Teil des Grundstücks befindet sich im Zusammenhang mit dem südlich angrenzenden, durch überwiegende Wohnbebauung geprägten Bereich, innerhalb eines unbeplanten Innenbereiches – nämlich der Siedlung Müggelhort. Die Restfläche dagegen liegt im Außenbereich, in dem ein generelles Bauverbot besteht.
Bestandsschutz für die vorhandenen Baulichkeiten besteht dann, wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt im Einklang mit formellem oder materiellem Baurecht standen, d.h. dass sie irgendwann genehmigt wurden oder zumindest genehmigungsfähig waren. Aufgrund des jahrelangen Leerstands der ehemaligen Gaststätte ist der Bestandsschutz für die Nutzungsart zum jetzigen Zeitpunkt allerdings erloschen. Bei einer Wiederaufnahme der Nutzung als Gaststätte, welche aus planungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen wäre, ist daher ein entsprechender Bauantrag einzureichen. „An diesem Standort sind aber ggf. auch Wohnnutzungen und / oder wohnverträgliche gewerbliche Nutzungen grundsätzlich möglich”, meint Baustadtrat Hölmer. Wenn das vorhandene Gebäude abgerissen werden sollte, sei nach derzeitiger Rechtslage aus planungsrechtlicher Sicht eine ortsübliche Wohnbebauung, auf der dem unbeplanten Innenbereich zugehörigen Fläche, grundsätzlich möglich.
Dass das Gebäude irgendwann abgerissen werden muss, scheint nicht ausgeschlossen, verfällt es doch immer mehr. Doch da es sich um ein privates Grundstück handelt, hat der Bezirk keine Möglichkeit, auf den Eigentümer einzuwirken.
Die Geschichte des Ausflugsrestaurants geht auf das Jahr 1901 zurück. Damals wurde Carl Hecht aus Rahnsdorf im Grundbuch als Gastwirt des Hotel & Waldrestaurants Müggelhort eingetragen. Im Februar 1919 wurde die Gaststätte vom Ehepaar Paul und Elisabeth Böhm gekauft und ging später in den Besitz ihres Sohnes Arthur und dessen Frau über. 1968 wurde der Betrieb in eine HO umgewandelt und ging nach der Wende in den Bestand der Treuhand über. Erst 1992 kaufte Nachfolger Lutz Böhm das Gaststättenensemble von der Treuhand zurück und baute alles um und aus. Nachdem Lutz Böhm das Areal 2016 verkauft hat, hat es mehrfach den Besitzer gewechselt. Seitdem prägt der Zerfall das Objekt. Nicht mehr lange und aus dem „Es war einmal” wird ein „es wird nicht mehr”.