Wie entsteht eine Seuche – was war die Spanische Grippe?

Von MR Dr. Rolf Förster

Viren sind heimtückischer als Bakterien. Oft mutieren sie schnell und bedrohen den Menschen immer neu. Dabei besitzen Viren keinen Stoffwechsel, sie atmen nicht, sie verbrennen keine Kalorien. Sie bestehen nur aus einem Erbmolekül, verpackt in Eiweiße, zuweilen umhüllt von einer fettigen Membran. Zu einer Art Leben erwachen sie erst, nachdem sie in eine Körperzelle eingedrungen sind. Dann übernehmen die wenigen Virusgene das Kommando über den Wirt und zwingen ihn, den Erreger millionenfach zu vermehren.
Nicht alle Viren machen krank. Nicht alle sind für Menschen gefährlich. Wenn das Immunsystem auf ihre Abwehr trainiert ist (Impfungen!), kann es eine Infektion schnell stoppen. Doch wenn die Körperabwehr es mit neuen oder mutierten Viren zu tun bekommt, sind diese im Immungedächtnis nicht gespeichert – dann kann es gefährlich werden. HIV – das wohl heimtückischste Virus des Menschen, war ursprünglich ein Affenvirus, Ebola-, SARS-, MARS- und CORONA-Viren waren ursprünglich in Fledermäusen heimisch. Gelingt dem Erreger die Verbreitung von Mensch zu Mensch, kann es weltweit zu Pandemien kommen, besonders wenn die Übertragung per Tröpfcheninfektion durch die Luft erfolgt. Das ist bei der Grippe so und bei dem neuen Coronavirus auch. Viren sind schwerer durch Medikamente zu bekämpfen als etwa bakterielle Erreger. Wenn doch wirksam, dann blockieren sie vor allem die schützenden viralen Hülleneiweiße. Leider sind wir noch weit entfernt, alles über die nur scheinbar simplen Gebilde zu wissen.
Bei jedem neuen Erreger stellen sich die Mikrobiologen verständlicherweise die Frage: Ist er es, der als nächstes eine globale Katastrophe verursachen kann, so wie damals als die von den Mongolen eingeschleppte Pest im 14.Jahrhunder ein Drittel der europäischen Bevölkerung umbrachte oder damals die Spanische Grippe? Damals, das war 1918 und 1919, am Ende des Unglücks, in das die Monarchien des alten Europas ihre Völker gestürzt hatten. Des Unglücks, das weite Teile des Globus umspannte und den Boden bereitete für einen Vernichtungszug der Viren, der, so glauben Forscher heute, mehr als 50 – 100 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Also mehr Opfer als bei allen Schlachten und Scharmützeln seit 1914.

Panikmache gilt nicht

Sie begann 1918 in Kansas in den USA in einem Rekrutenausbildungslager, wurde mit übervollen Truppentransporten über den Atlantik an die Front eingeschleppt. Dort, wo Soldaten dicht gedrängt und unter erbärmlichen Hygienebedingungen in Schützengräben und Verhauen lebten, muss eine Mutation den Erreger gefährlicher gemacht haben. In einer zweiten Welle trugen sie ihn zu Zivilisten in ihren Heimatländern. Eine Pandemie umfasste den Globus, Afrika und Asien litten überproportional. Begünstigt wurde die Ausbreitung durch Vertuschung seitens der Kriegsparteien. Beschrieben wurde sie erst im Juni 1918 in der nicht zensierten spanischen Presse, weil dort der König erkrankt war und so die Grippe in vielen europäischen Ländern die Spanische hieß.
Erst 80 Jahre später hat man aus Knochenresten das Influenza-A-Virus Typ H1N1 genetisch isoliert und alle globalen Grippen mit Influenza-A-Viren sind wohl auf Nachfahren dieses Erregers zurückzuführen.
Die Westfront war eben mit ihren unmenschlichen Schützengräben eine ideale Brutstätte und auch die Zivilbevölkerung war im vierten Kriegsjahr von Entbehrungen gezeichnet. Für die Staaten hatte die Gesundheitsfürsorge keine Priorität, Antibiotika gegen die sich bakteriell aufpfropfenden, verheerenden Lungenentzündungen gab es noch nicht. Man kann eben sagen, die Menschheit war damals besonders verwundbar.
Heute ist das Virus längst eine Ursache für die Ängste, vor dem Eindringling, dem Unsichtbaren. Unsere Experten nehmen jede neue Viruserkrankung sehr ernst, aber ich denke wir sind gut aufgestellt und Panikmache gilt schon gar nicht! Viel schlimmer ist m.E., dass die Spezies, die sich Homo sapiens nennt, allen anderen droht, nämlich eine Millionen Arten aussterben zu lassen und damit ihre eigenen Lebensgrundlagen auszurotten. Wir müssen, um dem Aussterben ein Ende zu bereiten, endlich anders leben und wirtschaften!

Coronaregeln

Kleine Auffrischung was derzeit in Berlin gilt: Maske in Geschäften, öffentlichen Einrichtungen, ÖPNV und Gastronomie (bis zum Tisch). 1,5 MeterAbstand halten (empfohlen: auch kein Händeschütteln). Im Restaurant 6 Personen an einem Tisch; Indoor-Veranstaltungen mit bis zu 750 Personen mit Hygienekonzept (ab 1.10. bis zu 1000); Open-Air-Veranstaltungen bis 1000 Personen erlaubt.