Das Geschäft mit den Gelenken

Nicht alles, was viel kostet, ist auch gut. Oft helfen simple Hausmittel 

Von Dr. Rolf Förster – Facharzt für Sportmedizin

Wenn zum Beispiel die Hüfte schmerzt oder es im Knie zieht und sticht, sucht man verständlicherweise möglichst eine schnelle Linderung. Das Angebot an Ratschlägen und Mittelchen ist riesig, doch vieles taugt wenig und kostet viel.

Sogenannte Gelenkkapseln unterschiedlichster Zusammensetzung, v.a. mit Glucosamin und Chondroitin werden damit beworben, den geschädigten Knorpel mit Nährstoffen zu versorgen und die Schmerzen los zu werden und so die Beweglichkeit zu erhalten. Auch mit Hyaluronsäurespritzen ins Gelenk soll angeblich der Knorpel wieder aufgebaut werden. Studien zeigen jedoch: Knorpelmasse lässt sich mit solchen Mitteln weder erhalten noch neu aufbauen. Und oftmals besteht schon eine Knorpelglatze, da ist dann auch nichts mehr aufzubauen.

Ähnliches gilt für Schmerzgele und -cremes:  Die darin enthaltenen Wirkstoffe durchdringen nur die oberste Hautschicht, die schmerzhafte Entzündung im Gelenk lässt sich damit schwerlich erreichen. Was wehtut, ist nämlich nicht die Arthrose, sondern die sogenannte aktivierte Arthrose, eben die entzündliche Begleitreaktion. Also die Entzündung macht den Schmerz und nicht der abgenutzte Knorpel. Deshalb können Sie sich das Geld für vielversprechende Cremes oder suggerierende, unseriöse Fernsehwerbung sparen. Das regelmäßige Eincremen an sich – auch mit einer indifferenten Creme, also einem Placebo, was die Inhaltsstoffe betrifft, bringt nämlich oftmals schon Linderung. Bevor man zu den teuren Produkten greift, kann sich ein Versuch mit normaler Bodylotion  lohnen. Für den günstigen kühlenden Effekt kann man die Tube im Kühlschrank aufbewahren.

Gegen die Arthrose können Ärzte konservativ kaum etwas ausrichten – verlorene Knorpelmasse lässt sich nicht zurückholen. Die Behandlung zielt vor allem darauf ab, die Schmerzen zu lindern und unnötige, die Beschwerden verstärkende Belastungen, zu meiden. Sie greifen zu vielen Mitteln: Therapiert wird mit Mikrowellen, Magnetfeldern, Ultraschall, Laser, Stoßwellen, Akupunktur  und Spritzen. Bei den meisten dieser Verfahren ist der Nutzen nicht gut belegt, daher werden die Kosten, die schnell in die hunderte Euro gehen, oft von den Krankenkassen nicht übernommen. Bevor man einer kostenintensiven Behandlung zustimmt, sollte man sich Bedenken erbitten und sich über die Wirksamkeit informieren, zum Beispiel auf igel–monitor.de. Relativ gute Erfahrungen hat man mit kostengünstigem gekonnten Tapen gemacht, das den Lymphabfluss fördert und so die Schwellungen und Schmerz um die Gelenke mildert.

Neuerdings wird Hilfe aus der Küche versprochen. Man soll mit Ingwer, Kurkuma und Zimt würzen. Dahinter steckt die Idee, Arthrosepatienten könnten gegen die Gelenkentzündung anessen, was leider so nicht stimmt. Helfen würde logischerweise Abnehmen bei Übergewicht. Es gibt aber Lebensmittel, die auf andere Weise Schmerzen lindern können, etwa die Blätter von Wirsing, Weißkohl oder Chinakohl. Ihre positive Wirkung wird auf ihren Gehalt an entzündungshemmenden Flavonoiden und Senfölglykosiden zurückgeführt. Dazu je nach Größe des Gelenkes 5-6 Kohlblätter nehmen, die Mittelrippen entfernen, in ein Tuch einschlagen, mit einem Nudelholz die Blätter so lange bearbeiten, bis der Saft austritt. Die gewalkten Blätter auf die schmerzenden Stellen legen. Die feuchten, mit Kohlsaft getränkten Tücher darum wickeln, mit Mullbinde o.ä. fixieren und mindestens zwei Stunden oder besser über Nacht einwirken lassen. In Studien schnitten Kohlwickel wesentlich besser ab als sogenannte Schmerzgels.

Wer Gelenkschmerzen hat, nimmt oft eine Schonhaltung ein, die häufig zu Muskelverspannungen führt. Ist keine Faszienrolle zur Hand, kann man Kastanien in einen Baumwollstrumpf in der Mikrowelle erwärmen und den Strumpf in den Nacken oder ins Kreuz legen oder an eine Wand gelehnt darüber rollen. Auflagen mit fast heißen, gequetschten Kartoffelsäckchen wirken ebenfalls muskelentspannend und schmerzlindernd. 

Moderate Bewegungen üben auf jeden Fall einen positiven Einfluss aus, denn Knorpel wird durch Bewegung genährt und am Leben gehalten. Schwimmen, Radfahren, Skilanglauf und Walking gehen oft noch. Bei stärkeren Beschwerden sollte man aber Fahrstühle oder Rolltreppen nutzen, nicht mit schweren Lasten aus der Hocke hochkommen, nicht auf blankem Boden ohne weiche Unterlage knien, Treppensteigen mit Lasten meiden, nur immer eine Treppenstufe nehmen, hügelige, rucksackbeladene Gebirgswanderungen etc. unterlassen und evtl. rückwärts die Treppen herabsteigen. 

Immer zu empfehlen sind sogenannte isometrische Kräftigungsübungen für die vordere Oberschenkelmuskulatur, denn diese schient und stützt das Kniegelenk.

Wenn Ihnen jemand sofort zu einer Gelenkspiegelung rät, erst mal die Beine in die Hände nehmen und eine Zweitmeinung einholen! Wenn die Beschwerden aber die Lebensqualität ins Unerträgliche steigern, ist es ratsam, bei einem Gelenkzentrum einen Gelenkersatz in Erwägung zu ziehen.