Wir trauern um Pfarrer i.R. Siegfried Menthel

Die evangelischen Kirchengemeinden Schmöckwitz und Müggelheim trauern um ihren früheren Pfarrer Siegfried Menthel, der am 27. Juni im Alter von 79 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben ist. Diese Nachricht machte alle fassungslos. Kurz vorher besuchte er noch ein Kirchenkonzert in Müggelheim und war voller Pläne. Im Waldgottesdienst Anfang Juli wollte er die Predigt halten. Dieser Gottesdienst, den er vor mehr als zwei Jahrzehnten ins Leben rief, wurde nun zu einer Gelegenheit des gemeinsamen Gedenkens, bei der seine bereits vorbereitete Predigt von Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara gehalten wurde. 

Am 11. Juli nahmen zahlreiche Menschen in einer Trauerfeier in der Schmöckwitzer Kirche von ihm Abschied und beerdigten ihn anschließend auf dem Friedhof Eichwalde.

Mehr als 30 Jahre lang, von 1977 bis zu seinem Ruhestand 2008, hat Pfr. Siegfried Menthel die ev. Gemeinde in Freud und Leid begleitet. Viele denken dankbar daran zurück, wie er ihre Kinder taufte und konfirmierte, sie als Paare traute oder ihnen als einfühlsamer Seelsorger in Trauerzeiten und bei Abschieden zur Seite stand. Seine seelsorgerische Zuwendung machte er nie von einer Kirchenmitgliedschaft abhängig. Es war sein Anliegen, dass nicht nur Menschen zur Kirche kommen, sondern dass die Kirche auch zu den Menschen geht: Unermüdlich besuchte er Kranke, Einsame, Verzweifelte, hielt Kontakt zu Obdachlosen und Hilflosen. Diese Nächstenliebe wurzelte in der Erkenntnis, dass wir in jedem Menschen – egal welcher Herkunft und Prägung – auch Jesus Christus, den Sohn Gottes, sehen können.

Aus tiefstem Herzen heraus war er durchdrungen von der Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit und hegte Achtung vor allen Geschöpfen. Davon zeugten seine Predigten und sein Handeln. Schon Jahre vor der „Wende“ versuchte er das Bewusstsein für die Bewahrung der Schöpfung in die Öffentlichkeit zu bringen. Aus seinen Einsichten zog er sehr konsequent Folgerungen für seine persönliche Lebensführung, auch wenn es ihm Anstrengungen und Verzicht abverlangte. Dabei lebte er fröhlich und aus dem Bewusstsein: Ich habe so viel und kann abgeben, ohne ärmer zu werden. Um gesellschaftliche Ungerechtigkeit zu überwinden, forderte er in seinen Predigten immer wieder strukturelle Änderungen. 

Als unser Pfarrer pflegte er intensiv die langjährigen Partnerschaften sowohl mit den ev. Gemeinden in Erndtebrück (Westfalen), Rottevalle (Niederlande) und Odernheim (Pfalz) als auch mit Partnern der Schmöckwitzer Gemeinde. Sie öffneten den Gemeindemitgliedern zur Zeit der DDR das Tor in die weite Welt. 

Weit über seine Gemeinden hinaus wirkte Pfr. Siegfried Menthel auch durch seinen Einsatz für Aids-Waisen in der Region Dembidollo/Äthiopien und die Partnerschaft zur Gemeinde in Chanka. Nicht nur das Aids-Waisen-Projekt, sondern auch zahlreiche weitere Entwicklungsprojekte verdanken sich seinem unermüdlichen Einsatz. Die große Armut in Äthiopien, aber auch die Lebensfreude und Hilfsbereitschaft der Menschen dort berührten ihn zutiefst. Zahlreiche Reisen, einige mit Gemeindegruppen, führten ihn nach Äthiopien. Ebenso empfing er mit Freuden äthiopische Gemeindevertreter. 

In den 14 Jahren während seines Ruhestandes freute Pfr. Menthel sich an allem mit, was in der Müggelheimer Gemeinde neu gelang und natürlich an dem, was er ins Leben gerufen hatte und weitergeführt wurde, wie z.B. die Kirchenkonzerte zur Mitfinanzierung des Aids-Waisen-Projekts, organisiert von Sabina Rogge, und die Waldgottesdienste. Weiterhin fanden viele Menschen bei ihm ein offenes Ohr und Rat und einer Bitte um Vertretungsdienst entsprach er, wann immer es irgendwie möglich war. Er war bis zuletzt höchst aktiv und gesellschaftlich wach. Seine Sehnsucht nach Gerechtigkeit trieb ihn weiter an, sich intensiv für die Partnerschaft mit Chanka und Unterstützung für die Ärmsten einzusetzen. Aber auch das soziale Auseinanderdriften unserer Gesellschaft nahm er kritisch wahr.

Durch seinen Tod entsteht eine schmerzliche Lücke. Aber wir sind dankbar für die Zeit mit ihm und wissen ihn in Gottes Hand geborgen.

Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara und der Gemeindekirchenrat Berlin-Müggelheim

Persönlicher Nachruf auf Siegfried Menthel

Von Horst König 

Es hat sich gefügt, dass ich einen großen Teil der Zeit meines Lebens mit Siegfried Menthel verbracht habe, wofür ich sehr dankbar bin. 

Durch meine Arbeit im Gemeindekirchenrat von Müggelheim hatte ich von Anfang an offiziell mit ihm zu tun. Was anfangs nur auf Zeit gedacht war, entwickelte sich dann dazu, dass er bis zum Ende seiner Dienstzeit zur Hälfte auch Pfarrer von Müggelheim war. Auch haben wir es ihm zu verdanken, dass in der Regel jeden Sonntag 10 Uhr bei uns Gottesdienst gefeiert wurde. So hat er Gastpfarrer eingeladen und auch Dr. Pieper und mich befähigt, Lesegottesdienste zu halten. Sein vielfältiges auch gesellschaftliches Engagement wurde anfangs teilweise vom Zeitaufwand auch kritisch gesehen, es erwies sich besonders in der Zeit der Ökumenischen Versammlungen und besonders in der Wendezeit als Vorteil für uns. Besonders dankbar sind wir ihm für seinen Einsatz, dass Müggelheim auch nach dem Ende seiner Dienstzeit eine eigenständige Gemeinde geblieben ist mit Anke Schwedusch-Bishara als Pfarrerin, was ein Glücksfall für uns ist. 

In der langen gemeinsamen Zeit entwickelte sich auch ein enges persönliches und freundschaftlichen zwischen Siegfried und unserer Familie. Wichtig war da zum Beispiel unsere gemeinsame Liebe zu Mozart und seiner Musik, lange Jahre haben wir zusammen Mozarts Geburtstag im Januar gefeiert. Und wenn es heißt, dass die Engel, wenn sie vor Gott dem Herrn musizieren, natürlich Bach spielen, aber wenn sie für sich selbst spielen, dann Mozart: Siegfried wird ihnen ganz sicher dabei lauschen.