Lärmschutz am BER jetzt umsetzen

Steigende Passagierzahlen, steigende Belastung, steigende Kosten

Von Simone Jacobius

Während Corona war es rund um den BER leiser, nun zieht der Flugverkehr wieder an. Allein im Monat März starteten oder landeten rund 12.500 Maschinen am Flughafen Berlin Brandenburg mit mehr als 1,3 Millionen Passagieren. Diese Zahl wird in den kommenden Monaten vermutlich weiterwachsen. Airlines sprechen von gestiegenen Buchungszahlen insbesondere in den Sommermonaten.

Damit steigt auch die Lärmbelastung. Vor allem in den Randzeiten zwischen 22 und 23 Uhr setzt ein regelrechter Boom an Landungen ein. Messdaten des Deutschen Fluglärmdienstes DFLD, ein gemeinnütziger Verein, der in 59 Regionen fast 800 Lärmmessstellen betreibt, belegen, dass die landenden Maschinen praktisch wie an einer Perlenkette über Müggelheim und Bohnsdorf sowie über Schmöckwitz und Schulzendorf hinwegziehen.

Und genau dieser abendliche Run auf den BER könnte jetzt zu einem Problem für den Flughafen werden: Als höchste juristische Instanz hatte das Bundesverwaltungsgericht dem BER-Betrieb vor allem in der Nacht enge Grenzen gesetzt. Am BER gilt ein Flugverbot von Mitternacht bis 5 Uhr. 2011 formulierte das Gericht in seinem Nachtschutzurteil: „Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist nicht nur während der Nachtkernzeit besonders Rücksicht zu nehmen. Sollte sich die erste Nachtstunde (...) zu einer Stunde entwickeln, in der die Fluglärmbelastung der Anwohner in der Regel größer ist als in den Abendstunden, wäre dies eine mit dem Abwägungsgebot und § 29b Abs. 1 Satz 2 Luftverkehrsgesetz nicht vereinbare Entwicklung.“ 

Das Potsdamer Infrastrukturministerium sieht das Ganze noch gelassen und spricht auch von anderen Spitzenzeiten bei den Flugbewegungen. Mit Flugbewegungen sind allerdings sind Starts und Landungen gemeint. Doch abends sind es aber vor allem die vielen ankommenden Maschinen, die in der ersten Nachtstunde über den östlichen Siedlungsgebieten für einen Dauerfluglärm sorgen. Es wird also nicht stetig ruhiger, sondern der Lärm nimmt ab 22 Uhr noch einmal nachweislich zu.

Doch laut Gericht darf genau diese Stunde nicht übermäßig strapaziert werden. Anderenorts dürfen die Straßencafés ab 22 Uhr wegen des Lärms keine Gäste mehr bewirten, aber beim BER wird großzügig darüber hinweggesehen. Die Flughafengesellschaft kann allerdings wenig machen. Denn die Slots, also die Taktzeiten für Starts und Landungen, werden bundesweit von der Slot-Konferenz vergeben. Und der BER selbst muss zudem auf Wirtschaftlichkeit achten, dazu gehört dann wohl auch Dauerlärm ab 22 Uhr. Doch das will die Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden Schönefeld, zu der acht Anrainerkommunen gehören, nicht widerspruchslos hinnehmen und will gerichtlich dagegen vorgehen.

Umso wichtiger ist es jedoch, schon mal auf den Lärmschutz im Haus zu achten. Markus Mücke, Bürgermeister von Schulzendorf und Leiter der AG Fluglärm (AG2) des Dialogforums Airport Berlin Brandenburg rät daher: „Anwohnerinnen und Anwohner, die noch keinen Lärmschutz in ihre Häuser eingebaut haben, sollten dringend tätig werden.“ 

Er meint, der Flughafen ist da und darf da sein. „Wir müssen nun mit dieser Situation umgehen. Gemeinsam mit den Verantwortlichen beschäftigen wir uns in der AG2 mit aktivem und passivem Lärmschutz. Wir schlagen Lösungen vor u.a. zu den Themen Flugrouten oder Gesundheitsmonitoring.“ Zu den Aufgaben gehört auch, die Umsetzung des Schallschutzprogramms zu unterstützen.

Es gibt eine große Zahl an Fällen, bei denen die Flughafengesellschaft die Anspruchsermittlungen samt Zusage einer Kostenübernahme bereits vor Jahren verschickt hat. Viele Anspruchsberechtigte haben sich aber nicht weiter darum gekümmert und keine Aufträge an die Baufirmen vergeben. Nun steigen die Baukosten, die FBB hat angekündigt, dass sie den Mehrpreis jedoch nicht zahlen wird. Der Bürgermeister sagt: „Ich rate dringend: Kümmern Sie sich jetzt um ihren Lärmschutz, es ist wichtig!“

Bis Ende März 2022 wurden für 22.463 Wohneinheiten rund um den BER Anträge auf Schallschutz gestellt. Die Flughafengesellschaft hat bislang 21.596 Anträge bearbeitet. Davon erhielten 13.008 Wohneinheiten eine Anspruchsermittlung zur baulichen Umsetzung (ASE-B). Eigentümer konnten und können auf dieser Grundlage eine Baufirma mit der Umsetzung der darin beschriebenen Schallschutzmaßnahmen beauftragen. Jedoch wurden die meisten Anspruchsberechtigten bisher nicht tätig. Für 8788 Wohneinheiten wurde bis heute keinerlei Schallschutz umgesetzt, obwohl die dafür erforderlichen ASE-B zum Teil seit vielen Jahren vorliegen. Mücke empfiehlt: „Nutzen Sie das Geld für Ihren Schallschutz. Handwerkerleistungen werden teurer und die Flughafengesellschaft hat angekündigt, diese Mehrkosten nicht tragen zu wollen.“ Generell hat aber jeder Betroffene fünf Jahre ab Inbetriebnahme des Flughafens Zeit, seine Ansprüche auf Lärmschutz geltend zu machen.

AG-Leiter Mücke sagt: „Wer eine Entschädigungszahlung erhalten hat, kann sich kostenlos von einem Ingenieurbüro zur Umsetzung der Schallschutzmaßnahmen beraten lassen“. Eigentümer können sich für diese Beratung am Schallschutztelefon der FBB unter der 030-60 91 73 500 anmelden. Eine Übersicht verschiedener Baufirmen, die Schallschutzmaßnahmen umsetzen, bietet die Auftragsberatungsstelle Brandenburg auf ihrer Website unter: https://www.pq-abst.de/BERSS-LV/.

Eine Beratung zum Antragsverfahren für passiven Schallschutz bietet auch die Schallschutzberatung der Landkreise Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald in der Mittelstraße 11 in Schönefeld, die über https://schallschutzberatung-ber.de/ und telefonisch unter 030-6341079-00 zu erreichen ist.