Am 1. Juni wurde schon oft gefeiert in unserem Dorf – zu Recht

Von Peter Belitz

Der 1.Juni 1747, Tag der Unterzeichnung der Erbverschreibungsurkunde durch den Preußischen König, gilt als Gründungsdatum Müggelheims. Dieses Datum ist in Urkunden und durch die Erbverschreibungsurkunde selbst belegt. Doch wie verhält es sich mit den Jahrestagen zur Ortsgründung? Die Müggelheimer Kolonisten hatten in den Anfangsjahren lebenswichtigere Fragen zu klären, als Feste zu feiern.

Die erste urkundliche Erwähnung einer Jubiläumsfeier findet sich in einer Beschreibung des Hofpredigers der Schlossgemeinde zu Cöpenick, Carus. Er beschrieb die Feier zum 100-jährigen Bestehen Müggelheims 1847 als eine Jubelfeier im festlich geschmückten Dorf mit Gästen aus den umliegenden Dörfern. Nach einem Gottesdienst fanden sich die 20 Ehepaare des Ortes mit ihren Gästen zu einem Festessen auf dem Dorfanger ein. Müggelheim hatte 167 Einwohner.

50 Jahre weiter, Müggelheim hatte mehrere Brände erlebt, bereitete man den 150. Geburtstag vor. Dazu wurde bereits im Februar ein Festausschuss gegründet. Durch die Gestaltung dieses Festes wollte Müggelheim aus der Abgeschiedenheit heraustreten. Über die 1890 fertiggestellte Chaussee von Köpenick über Müggelheim nach Gosen, kamen die ersten Sommergäste, Ausflugsdampfer fuhren bis zum Krampe-Ende. Am 1. Juni 1897 war es soweit. Eine Anzahl von Kutschen traf aus Köpenick kommend in Müggelheim ein von einer Kapelle und Damenchor empfangen. Die Zeitung „Cöpenicker Dampfboot“ vom 2. Juni 1897 berichtete ausführlich über den Festtag. So wurde eine Ehrentafel mit den Namen der Nachfahren der Kolonisten in der Kirche angebracht, wo sie sich noch heute befindet. Der Schlosspfarrer Schwarzlose verfasste eine Festschrift, die als erste Chronik Müggelheims gilt. Auf Bitte von Pfarrer Schwarzlose schenkte Kaiserin Auguste Victoria (die Ehefrau von Wilhelm II.) der Gemeinde eine prachtvolle Altarbibel, die beide Weltkriege überstanden hat und sich noch immer im Besitz der Kirchengemeinde befindet. Nach dem Festgottesdienst in der überfüllten Kirche ließen sich die Nachfahren der Kolonisten, sowie sonstige „wichtige“ Persönlichkeiten (Gendarm, Forstmeister, Müller, usw.) unter einem Bildnis von Friedrich dem Großen, dem Gründer Müggelheims, hinter der Kirche fotografieren. Danach ging es zum Festessen in die Gaststätte Troppens.

Wiederum 50 Jahre später, inzwischen hatten zwei Weltkriege getobt, organisierte der seit den 1920er-Jahren existierende Müggelheimer Siedlerverein in dem Mangeljahr 1947 die 200-Jahr-Feier Müggelheims für die Zeit 1. bis 8. Juni. Man kann dem Festplakat entnehmen, mit welch einfachen Mitteln die Müggelheimer Bevölkerung diesen Tag beging (Radrennen, Boxkampf, Modenschau, Italienische Nacht). Der Vorsitzende des Siedlervereins, Walter Reinhold, war im Frühjahr nach Odernheim gefahren, um dort in den Archiven zu recherchieren. Im Ergebnis entstand eine Festschrift „200 Jahre Müggelheim“, die 2. Chronik Müggelheims, gedruckt in der Druckerei von Paul Arnoldi. Die Nachfahren der Kolonisten erhielten einen Stammbaum ihrer Familien. In Anlehnung an die 150-Jahr-Feier ließen sich die Familien auf einem Gruppenfoto festhalten. Die Einwohnerzahl betrug durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse 4200.

Ab Anfang der 1980er-Jahre wurde jährlich in Erinnerung an die Ortsgründung Anfang Juni das Müggelheimer Angerfest gefeiert.

1987 wurde Müggelheim 240 Jahre alt und Berlin beging den 750. Geburtstag. Berlin feierte in Ost und West – Müggelheim feierte beim Angerfest.

1990 fiel die Mauer – damit war die Teilung Deutschlands beendet. Die 250-Jahr-Feier 1997 wurde zu einer Festwoche, die gemeinsam mit Vertretern der Herkunftsgemeinde Odernheim gefeiert wurde. In das Festprogramm des Angerfestes wurden einige Veranstaltungen aufgenommen, die sich zu selbständigen Ereignissen entwickelt haben und teilweise mehr als 20 Jahre durchgeführt wurden: die Winzerfeste auf dem Genzler-Hof, die Oldtimer-Rallye mit dem MG-Club Berlin und die Schleppjagd mit dem Reitsportverein Köpenick im Rahmen des alljährlichen Erntefestes.

Vom Müggelheimer Heimatverein wurden zwei Video-Filme produziert (250 Jahre Müggelheim: Ein Fest in Bildern, Müggelheim: Idylle am Rande Berlins).

Der Müggelheimer Heimatverein bildete mit Bürgern aus Müggelheim eine Redaktionskommission und erarbeitete eine 3. Ortschronik unter besonderer Beachtung der Neuzeit (Das Müggelheim Buch).

Die Odernheimer Gäste brachten als Geschenk ein neues Ortseingangsschild für die westliche Spitze des Angers mit. Im Oktober 1997 wurden bei einem Gegenbesuch von Müggelheimern in Odernheim ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet und eine Straße nach Müggelheim benannt.

Zum 260. Geburtstag 2007 war das Disibodenberg-Blasorchester aus Odernheim zu Gast. Die AG-Heimatmuseum präsentierte ein viel beachtetes Modell vom Dorfanger. In der Kirche wurde in einem Festvortrag die 4. Chronik Müggelheims von Dr. Herbert Pieper mit neuen historischen Erkenntnissen vorgestellt: Müggelheim; vom friderizianischen Kolonistendorf in der Mark Brandenburg zur Perle des Ostens in Berlin. 

In diesem Jahr, dem 275. Geburtstag von Müggelheim wird nach Corona-bedingter Pause wieder ein Angerfest gefeiert, wie alljährlich mit Gästen und offiziellen Vertretern aus der Partnergemeinde Odernheim. Gemeinsam mit dem Heimatverein Köpenick wurden an historischen Punkten am Dorfanger Info-Tafeln für Touristen angebracht. Die AG Heimatmuseum gestaltet eine Ausstellung zur Geschichte Müggelheims im Dorfklub „Alte Schule“.

Die Einwohnerzahl ist auf knapp 7000 gestiegen.

Betrachtet man die Geschichte Müggelheims von seiner Gründung 1747 mit 92 Einwohnern über die Eingemeindung nach Groß-Berlin 1920 mit 210 Einwohnern bis heute mit knapp 7000 Einwohnern anhand der Ortsjubiläen, kann man auch die Entwicklung von der geschlossenen Dorfgemeinschaft zur offenen Siedlungsgemeinde mit Tradition und Geschichte erkennen. Vielleicht ergibt sich daraus der besondere Charakter dieses Ortes hinter den Wäldern zwischen den Seen.    

Die Feier zum 275.

Freitag, 5. Juni, 14-22 Uhr: Live-Musik mit den Running Cadillacs (Party-Rock) und Totos Gang (80er-Rock); Markttreiben, Kinder-Attraktionen, Streetfood, altes Kunsthandwerk an allen Tagen

Samstag, 6. Juni, 12-22 Uhr: JEB-Band, Kinder-Disco, 80er-Jahre-Party, Joe Cocker Tribute Show, Modern Talking Double Show 

Sonntag, 7. Juni, 12-22 Uhr mit Festumzug um 14 Uhr um den Dorfanger; drei Müggelheimer Bands auf dem Baeyer-Hof, DJ Schlager Party, Bläserchor, Hauptmanngarde

Montag, 8. Juni 12-20 Uhr: Team 70 Partyband, Familien-Zumba, Oldies der 60er- und 70er-Jahre


Die Festgesellschaft in Frack und Zylinder anno 1897 zum 150. Ortsjubiläum.


Die Ehrentafel ist noch heute in der Kirche zu sehen.

275. Geburtstag von Müggelheim

von Peter Augustinski 

Müggelheim, mein Müggelheim

ich widme dir jetzt diesen Reim

bist eine Wiege, bist mein Leben

es hat sich einfach so ergeben

bin mit dir nun auch alt geworden

doch heut bekommst jetzt DU den Orden.

275 Jährchen lässt du krachen

das soll man erst mal so auch machen.


Geboren in einer großen Umbruchzeit

war Friedrich II. dann bereit

dem Land ’ne neue Zukunft mitzugeben

holt aus der Pfalz dann 20 Leben

Familien, die das neue Land

bebauen nun mit fleiß‘ger Hand

mit Hilfe dann von Ringsumher

das gab den Menschen die Gewähr

es wird für uns jetzt das Zuhause

und aus Müggelheim wurd ohne Pause

ein Dorf mit Anger, Kirche, Schule

hier lernten sie, Klein-Fritz und Jule.


Hart war die Arbeit, karg der Lohn

man blieb dabei, was macht das schon.

Es gab gute und auch schlechte Zeiten

die so den Lebensweg bereiten.

Brände, Kriege, ja auch viel Leid

doch immer war man neu bereit.

Voller Optimismus dann nach vorn zu schauen

und gemeinsam wieder aufzubauen.


Reformen kamen ganz von oben

sind nicht ungenutzt vorbei gezogen.

So gab es dann aus Feldern, Äckern,

hier gibt es glaube ich nichts zu meckern,

für viele Menschen ein Stück Land.

Daraus wurde dann mit fleiß‘ger Hand

nen Gärtchen mit ner kleinen Datsche –

das ist von mir doch kein Gequatsche –

Kartoffeln, Salat, ja auch die Möhren

viel Platz zum Spielen für die Gören.


Doch später dann, so mit der Zeit,

war man für Größ‘res auch bereit.

Es wuchsen Häuser, fast auch Villen

den Anblick heut die Augen füllen

ringsum das Wasser, Wald, halt die Natur

für viele ist‘s Erholung pur.

Und mittendrin, so soll es sein,

gibt‘s den Müggelheimer Heimatverein,

der Altes, Neues nun verbindet

damit die Geschichte Müggelheims doch nicht verschwindet.

’ne eigene Zeitung hat der Ort

hier kommt ein jeder auch zu Wort

in der steht vieles, doch keine Gebote,

es ist unser geliebter Müggelheimer Bote.


Es gibt ja noch so viel zu sagen

doch dann hör ich schon die Klagen:

Lass gut sein, Müggelheimer Urgestein

ist lang genug, der kleine Reim.

Schauen wir auf den 275. Geburtstag

und wer mit Freude dann auch mag

soll mit uns feiern, gieß ein ein Glas mit Pfälzer Wein alles Gute, weiter so, geliebtes Müggelheim.