Um Vorsorge kümmern

Von MR Dr. Rolf Förster

Wer regelt Ihre Angelegenheiten, wenn Sie es mal nicht mehr selbst können? Jeder kann nämlich unabhängig vom Alter in Situationen geraten, in der andere für ihn entscheiden müssen. Eine Patientenverfügung ist deshalb in jedem Alter empfehlenswert, denn es kann immer etwas passieren.

In einer Patientenverfügung wird geregelt, welche ärztlichen Maßnahmen Sie zu ihrer medizinischen Versorgung wünschen und welche Sie ablehnen. So üben Sie vorab ihr Selbstbestimmungsrecht für den Fall aus, dass Sie bei einer schweren Krankheit oder nach einem Unfall ihren Willen nicht mehr äußern können. Bis zu  dem Moment behalten Sie  auch das Recht, Ihre Verfügung jederzeit ganz oder in Teilen zu ändern. Patientenverfügungen sind verbindlich und müssen von Ärzten umgesetzt werden, wenn die Behandlungs- und Lebenssituation eintritt, für die sie ausdrücklich ausgestellt wurden. Für eine Anerkennung muss sie natürlich schriftlich vorliegen.  

Die Patientenverfügung sollte immer mit einer Vorsorgevollmacht verbunden sein. Darin benennen Sie die Person Ihres Vertrauens wie den Ehepartner, Kinder, Geschwister aber auch Freunde. Tauschen Sie sich vorher gründlich mit Ihnen aus, damit er Ihre Behandlungswünsche kennt. Auch sollte die Vorsorgevollmacht von Zeit zu Zeit überprüft werden, ob die Aussagen weiter gültig sind. Eine notarielle Beglaubigung ist gut, ist allerdings nicht vorgeschrieben. Am besten händigen Sie Kopien den Angehörigen und eventuell auch dem Hausarzt aus. Man kann auch eine Karte bei sich tragen, auf der vermerkt ist, dass es überhaupt eine Patientenverfügung gibt und wo das Original hinterlegt ist. Akribische Einzelheiten finden Sie im Internet ( u.a. DIPAT.de ) oder Vordrucke in Schreibwarenläden.

Also achten Sie darauf, wenn Sie persönlich oder Ihre Angehörigen in Notsituationen geraden, dass bei der Behandlung der Wille des Betroffenen im Mittelpunkt steht. Händigen Sie den Verantwortlichen in der Klinik eine Kopie der Patientenvollmacht aus und behalten Sie immer das Original in Reichweite. Warum? Weil eben leider nicht selten aus ökonomischen Gründen auf Intensivstationen Überflüssiges und damit potentiell Schädliches geschieht. Was soll man nämlich davon halten, wenn unlängst eine Untersuchung in einer großen Klinik ergab, dass etwa ein Drittel der Krebspatienten auf einer Intensivstation sterben. Und fast jeder Zehnte der Krebspatienten in der letzten Woche, die er noch zu leben hatte, reanimiert wurde. Resümee: Die Intensivstation ist kein guter Ort für Menschen, deren Tage gezählt sind. Häufig verlängert eine Wiederbelebung nicht ihr Leben – nur ihr Sterben. Leider kommt eine massive Überversorgung nicht nur bei Krebspatienten vor. Ein erschreckend hoher Prozentsatz von schwer dementen Patienten wird auf Intensivstationen aufgenommen und künstlich beatmet ohne dass dies mit positiven Effekten für den Patienten verbunden ist. Übertherapie ist schlechte Medizin, kein Kavaliersdelikt (Quelle : Das Positionspapier : „Überversorgung in der Intensivmedizin“ ).                                                                                              

Also bitte, bevor ein schlimmes Ereignis eintreten kann, lange vorher besprechen, was man wirklich will, damit man gegebenenfalls in Absprache mit den verantwortlichen Ärzten abwägt, ob man Betroffenen Isolation, Todesangst, Luftnot zumuten kann. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich ist es wunderbar, dass die Möglichkeiten bestehen, jemanden trotz schwerer Krankheit am Leben zu erhalten. Aber eben nur dann, wenn eine Rückführung in ein akzeptables Leben realistisch zu erreichen ist. Und Angehörigengespräche sind bei einem nicht einwilligungsfähigen Menschen unverzichtbar. 

Es ist verständlich, wenn man einen geliebten Menschen nicht verlieren will. Dennoch, gerade deshalb will man auch nicht das Sterben verlängern. Oftmals sind dann gute palliative Maßnahmen zu treffen, die es ermöglichen, schmerzfrei und würdevoll einen Weg zu gehen – auch wenn es der letzte ist. Und natürlich kann ein Mensch, der durch Gesten und Blicke dem Behandlungsteam mitteilt, dass er weiter leben möchte, wiederum dies und nicht die Patientenverfügung. Die meisten Menschen möchten in Würde sterben und auch Herr über die Situation bleiben.  

Leider passiert auch abseits von Intensivstationen genug Überflüssiges: Ich denke dabei z.B. an die Rückenschmerzen, die zum ersten Mal auftreten. Beschwerden also, die häufig vorkommen und fast ebenso häufig von allein wieder verschwinden. Da muss eben nicht gleich geröntgt werden oder ein MRT oder CT angefertigt werden, zumal das Risiko auch hoch ist, dass in die Bilder etwas hinein interpretiert wird, was mit dem klinischen Beschwerdebild nicht übereinstimmt. Schmerzen sieht man nämlich nicht unbedingt auf Bildern. Wenn die „Bilddiagnose“ aber erst einmal gestellt ist, gibt es auch keinen Grund mehr, nach anderen (in den meisten Fällen funktionellen, also auf Bildern nicht sichtbaren) Ursachen der Schmerzen zu suchen.

Neben dem ausführlichen Gespräch und gründlichem Blick ist eben eine gekonnte manuelle und funktionelle Untersuchung, erst einmal der beste Weg, um Ursachen zu finden. Das Wort „behandeln“ kommt nämlich von Hand anlegen. Ich denke zum Schluss, dass es sicher nicht verkehrt ist, wenn man ab und zu auch mal an den Leitspruch meines verehrten Herrn Professor Hackethal denkt, der in zig Talk Shows den Zuschauern nahe gebracht hat: „Vorsicht Arzt!“