Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wurde Berlin noch in seinen Grundfesten erschüttert. Ein Attentäter hat einen Sattelschlepper mitten auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz an der Gedächtniskirche gesteuert. Schrecklich, tragisch, verabscheuungswürdig. Unser aller Mitgefühl gilt den Angehörigen der zwölf Opfer und den mehr als 50 Verletzten.
Doch so tragisch dieses Ereignis auch ist. Erwartet hat es eigentlich jeder. Denn nach Brüssel, Paris und Madrid – warum sollte gerade Berlin verschont bleiben? Das Attentat hat die Menschen geschockt, Berlin genauso wie die westliche Welt.
Der Attentäter, der mittlerweile selber tot ist, hat das Herz der Stadt getroffen und das in einer Zeit, in der niemand etwas Böses will – eigentlich. Denn kaum ein Ort der Stadt steht so sehr für Freiheit und Frieden wie die Gedächtniskirche. Ein Mahnmal aus Zeiten des Krieges, in der ganzen Welt berühmt. Und zudem ist die Weihnachtszeit eine Zeit, in der im Christentum alle zusammenrücken und Frieden auf Erden herrschen sollte.
Doch die Tage nach der schrecklichen Tat haben klar gemacht: Wir Berliner sind „Stehaufmännchen“. In schwierigen Zeiten haben wir es schon immer geschafft, zusammenzurücken und was kaputt gegangen ist, wieder aufzubauen. Wir lassen uns nicht unterkriegen, wir sind stark. Denn Angst spielt nur einem in die Hände: dem IS. Darum kann ich mich nur der Titelseite einer großen Berliner Tageszeitung anschließen, die nach dem Lukasevangelium titelte: „Fürchtet euch nicht!”
Unmengen an Kerzen, Blumen und Gedenkbriefen auf dem Breitscheidplatz, Gottesdienste über alle Konfessionen hinweg, frisch getextete Gedichte und Lieder sämtlicher Genres, Chorgesänge auf dem Platz – all das sind Zeichen der stadtweiten Trauer gewesen. Aber sie verbinden auch die Menschen und machen sie stark. Auch ich war dort und gab meiner Trauer Ausdruck. Ich war auch am Tage des Attentats dort – glücklicherweise fünf Stunden eher. Ein Schutzengel schwebte über mir und ich bin ihm dankbar. Und ich habe begriffen, dass man in einer so großen Stadt wie Berlin nirgends 100prozentig sicher ist. Dennoch lasse ich es mir nicht verbieten, mein Leben so zu leben, wie ich es will. Ich werde mich nicht ängstlich in meinem Haus verkriechen und sämtliche Großveranstaltungen oder öffentliche Verkehrsmittel meiden. Nein, ich will leben, ich will Freiheit und Frieden auf der Welt. Und ich werde solche Fanatiker, denen Menschenleben – weder ihr eigenes noch das von anderen – nichts wert sind, nicht tolerieren!
Für 2017 wünsche ich uns deshalb vor allem eines: Frieden auf der Welt. Und Toleranz gegenüber anderen Religionen. Denn gemessen am Ganzen, sind die Fanatiker letztlich nur ein Bruchteil – leider ein gefährlicher. Aber „Fürchtet euch nicht!”