Neu Helgoland erneut Opfer der Flammen

Riesige Welle der Hilfsbereitschaft angelaufen

von Simone Jacobius

Hell loderten die Flammen in den nächtlichen Himmel, die sonst so idyllische Kulisse des Kleinen Müggelsees wurde von zuckendem Blaulicht, grellen Flammen und Dutzenden Menschen gestört. In der Nacht zum 19. Juli brannte das Hotel- und Restaurant Neu-Helgoland ab – wieder einmal. Denn bereits 2002 wurde es Opfer der Flammen. Diesmal hatte Besitzerin Dagmar Tabbert noch Glück im Unglück. Während 2002 durch die Holzständerbauweise fast das komplette Restaurant abbrannte, betraf es nun nur das Dach.
Eine Woge der Hilfsbereitschaft schwappte schon wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des Feuers über Dagmar Tabbert hinweg und machte sie schier sprachlos. Jung und Alt packten mit an, die Freiwillige Feuerwehr genauso wie der Baumfäller Perry Wetzel mit einer Hebebühne. Ziel war es, alles sicher zu stellen, was nicht beschädigt war und die durchs Löschwasser schwer getroffenen Räume aufzuräumen.
Doch zurück zum Anfang. Gegen 23 Uhr ging am Dienstagabend ein Alarm bei der Feuerwehr ein. Während im Restaurant eine Feier mit etwa 50 Gästen stattfand, und auch alle Hotelzimmer im ersten Stockwerk belegt waren, entdeckte eine Angestellte den Brand in einem Wirtschaftsgebäude neben dem Küchentrakt. Beim Eintreffen der Freiwilligen Feuerwehr waren die Flammen bereits von dem Fachwerkhaus auf die Dachkonstruktion des Haupthauses übergesprungen und breitete sich durch die Thermik rasend schnell aus. „Glücklicherweise handelt es sich inzwischen um ein Steinhaus und nicht um eine Holzkonstruktion wie vor 15 Jahren“, sagt Dagmar Tabbert. Heilfroh ist sie darüber, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Alle Gäste standen bereits beim Eintreffen der Feuerwehr draußen auf dem Hof. Doch der Sachschaden ist erheblich.
Nach unseren Freiwilligen Kameraden, die mit zwei Fahrzeugen und neun Mann anrückten, kamen nach und nach auch die Berufsfeuerwehren. Rund hundert Einsatzkräfte waren nachts vor Ort mit acht Löschfahrzeugen. Doch sie hatten neben der Enge auch mit der Löschwasserversorgung zu kämpfen. Hydranten gibt es mitten im Wald nicht, also musste das Wasser aus der Spree genommen werden. Und dafür fehlte es wiederum an Pumpen. Ein Polizei- und ein Feuerwehrboot kamen und löschten vom Wasser aus. Eine besondere Herausforderung stellten noch die beiden Propangastanks direkt neben dem Wirtschaftstrakt dar. Sie mussten permanent gekühlt werden, um nicht zu explodieren.
Nach vier Stunden war das Feuer unter Kontrolle. Bis morgens um 8 Uhr waren die Löscharbeiten abgeschlossen und die letzten Glutnester unschädlich gemacht. Ein technischer Defekt kann nach den Untersuchungen der Kriminalpolizei als Brandursache ausgeschlossen werden. Wie die Polizei mitteilte, sei das Feuer in einem Müllcontainer ausgebrochen – ob bewusst gelegt (2002 handelte es sich um Brandstiftung, die Polizei fand Reste von Brandbeschleunigern) oder durch fahrlässiges Verhalten wird derzeit untersucht.
Am Morgen danach dann das böse Erwachen. Wie ein schwarzes Gerippe streckten sich die Dachbalken in den Himmel. Aufgeweichte Rigipsplatten, sich durch Hitze und Wasser von den Wänden lösender Putz. Die Hotelzimmer in der ersten Etage standen knöcheltief unter Wasser, Löcher in der Restaurantdecke, die die Wassermassen nicht ausgehalten hat. Dadurch wurde auch der Parkettboden im großen Festsaal unter Wasser gesetzt. Fast gespenstisch sahen in dem Chaos die fein in Weiß gedeckten Tische der Party aus. Neben dem abgebrannten Dach sind vor allem die Wasserschäden erheblich.
Doch schon morgens um sieben Uhr kamen die ersten Müggelheimer, die durch die Nachrichten von dem Unglück erfahren hatten. Sie weinten gemeinsam mit der Besitzerin, boten Hilfe an und gaben Geld. „Mehr habe ich jetzt nicht. Aber du hast es jetzt nötiger, nimm!“ sagte eine Frau unter Tränen. Im Laufe des Tages rückten immer mehr Leute an und wollten helfen. Das Gros der Möbel konnte gerettet werden, wurde gereinigt, rausgeschleppt, eingelagert. Was zu sehr gelitten hatte, landete auf einem Müllhaufen. „Es war für uns alle sehr berührend zu erleben, wie selbstverständlich Freunde, Angehörige, Geschäftspartner, bei uns gastierende Künstler, liebe Nachbarn aus Müggelheim und Umgebung und sogar viele Stammgäste ungefragt mit anpacken“, sagt Damar Tabbert.
„Es ist der schiere Wahnsinn. Die letzte Feuerwehr ist noch nicht mal zwölf Stunden weg, da ist das Haus schon leer geräumt“, staunt André Beckmann, stellvertretender Wehrleiter aus Müggelheim.
Wichtig war, dass vor allem der Computer aus dem Büro gesichert wurde. Schließlich mussten gleich zwei Hochzeitsfeiern für das darauffolgende Wochenende verschoben werden. Schon am Tag des Unglücks war auf der Homepage zu lesen: „Neu-Helgoland bleibt bis auf weiteres geschlossen“ Auch am Eingangstor verkündete ein großes Transparent: Neu-Helgoland bleibt bis auf weiteres geschlossen.
Dagmar Tabbert versichert allen: „Wir machen weiter, wir lassen uns doch nicht unterkriegen!“ Sie und ihr Team wollen alles in ihrer Kraft stehende tun, um so schnell wie möglich wieder eröffnen zu können. Ost-Stars wie die Modern Soul-Band oder Angelika Mann erklärten spontan, ein Soli-Konzert für den Aufbau der Gaststätte zu organisieren. Künstler komponierten extra ein Lied für Neu-Helgoland. Dennoch ist noch nicht klar, wie der Wiederaufbau finanziert wird. Die Prüfung durch die Versicherung läuft noch, weil auch die Brandursache noch unklar ist. Derweil gehen die Aufräumarbeiten weiter. Dagmar Tabbert und ihr gesamtes Team kratzen Tapeten ab, lagern letzte Möbel ein und versuchen dem Wasser Herr zu werden. Denn, „was Flammen und Löschwasser nicht geschafft haben, hat jetzt der starke Regen geschafft”, erzählt Tochter Steffi. Wann mit einer Wiedereröffnung zu rechnen ist, steht noch in den Sternen.

Viele Helfer packten nach der Katastrophennacht mit an: Die Freiwillige Feuerwehr deckt edas abgebrannte Dach provisorisch mit einer Plane ab. Der große Saal stand voll mit Wasser, das sich durch die Decke ihren Weg bahnte. Mit Saugern wurde versucht das Parkett noch zu retten. Fotos: Jacobius