Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt, die ist schön – oder doch nicht?

Ein Erfahrungsbericht von Reinhard Kendziora

Liebe BVG – vielen Dank für DIESEN 169er!
Ich habe zwar ein Auto, aber ich fahre auch immer wieder mit dem öffentlichen Nahverkehr. Und so wie ein Weg von 1000 Meilen immer mit dem sprichwörtlichen ersten Schritt beginnt, so beginnt für Müggelheimer eine Fahrt „nach Berlin“ immer mit dem 169er.
Neulich musste ich dienstlich nach Hannover. Am Rückreisetag tobte das Unwetter namens „Paul“ über ganz Deutschland und blockierte Straßen, Autobahnen und Bahnstrecken. Für die zwei Stunden Wartezeit in Hannover konnte man nur vollstes Verständnis haben. Gegen höhere Gewalt ist die Bahn machtlos und Bäume von den Schienen zu räumen dauert nun mal eine Weile.
In Berlin ging es zügig mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof bis Ostkreuz und nach Umsteigen weiter bis zum Bahnhof Köpenick. Blieb nur noch der kleine Rest der Reise, die Fahrt mit dem 169er. Es war bereits nach 20 Uhr und die BVG, die in ihrer Werbung behauptet uns zu lieben, zeigte nun gleich zweifach ihre „Liebenswürdigkeit“.
Die Fahrgäste aus der S-Bahn traten aus dem Bahnhofsgebäude und sahen gegenüber den 169er an der gewohnten Haltestelle Richtung Müggelheim stehen. Noch bevor die erste Ampelüberquerung in Richtung des „Hauptmann von Köpenick“ geschafft war, fuhr der 169er los. Selbst diejenigen, die bei Rot über die Straße gelaufen waren, erreichten den abfahrenden Bus nicht mehr.
Der Frust steigerte sich anschließend durch die Erkenntnis, dass der nächste 169er erst 20 Minuten später erscheinen würde. Das Unwetter machte die Wartezeit alles andere als angenehm. Wer auch immer vor kurzem aus unserem alten X69 den 169er gemacht und diesen unsinnigen Fahrplan erstellt hat, der liebt uns Müggelheimer nicht.
Eine Woche später ging es auf eine weitere Dienstreise. Diesmal mit dem Flugzeug ab Tegel. Also wieder morgens Start mit dem 169er. Da fährt er noch alle zehn Minuten, wie früher. Am nächsten Tag die Rückreise. Wieder ein Unwetter – diesmal das Tief „Rasmus“. Das Flugzeug musste verspätet in Stuttgart starten, weil es in Berlin längere Zeit keine Landeerlaubnis gab. Hier schüttete es wie aus Kübeln. Später wird vermeldet, dass die Berliner Feuerwehr im Zusammenhang mit „Rasmus“ etwa 3500 Einsätze (!) bewältigen musste.
Mit den „Öffentlichen“ kann man den Flughafen Tegel nur per Bus erreichen. Zu dem geschilderten Zeitpunkt fuhren dort die Busse noch. Etwas später musste die Stadtautobahn gesperrt werden. Der Fahrer des X9 tat sein Bestes, den übervollen Bus im Sturzregen auf überfluteten Straßen zwischen chaotischen Autofahrern durch den Stau zu lenken. Ich habe mich beim Ausstieg bei ihm bedankt. Die S-Bahn rollte dann auf den benötigten Linien erstaunlich problemlos dem Endziel Müggelheim entgegen. Aber ab Köpenick hieß es wieder, in den 169er umzusteigen.
Noch auf dem Bahnsteig sah man gegenüber einen Bus an der Haltestelle stehen. Die Nummer der Linie war im strömenden Regen nicht zu erkennen. In dunkler Vorahnung eilte ich die Treppe hinunter. Und erlebte ein „Déja-vu“. Beim Betreten des Vorplatzes sah ich den nun als 169er erkenntlichen Bus abfahren. Da hätte auch der schnellste Spurt sofort nach Verlassen der S-Bahn nichts genützt.
Dem Busfahrer war kein Vorwurf zu machen. Der ist pünktlich nach Fahrplan um 19.41 Uhr abgefahren. Aber den Fahrplan erstellen Leute bei der BVG, die uns angeblich lieben. Diese haben beschlossen, dass nach der Umstellung vom X69 auf den 169er letzterer am Bahnhof genau dann abzufahren hat, wenn neben anderen auch wir Müggelheimer gerade aus der S-Bahn kommen. Ohne eine Chance, den Bus noch zu erreichen. Und der nächste kommt nach Fahrplan dann am Bahnhof Köpenick nicht etwa um 19.51 Uhr, auch nicht um 20.01 Uhr, sondern erst wieder um 20.11 Uhr!
Und diese halbe Stunde, „liebe“ BVG, möchte ich nun auch noch schildern. Wenn man bereits eine längere Fahrt bei tropischen Bedingungen in einem X9 absolviert hat, in dem die Klimaanlage völlig überfordert und damit so gut wie wirkungslos war, wenn man beim Umstieg vom Bus zur S-Bahn im Freien eine Volldusche erhalten hat, wenn man anschließend zusammen mit zahlreichen anderen durchnässten Fahrgästen in einer S-Bahn befördert wird, in der es offenbar gar keine Klimaanlage gibt, wenn man beim Umsteigen auf dem Bahnhof Ostkreuz einen schweren Koffer die Treppen rauf und runter wuchten muss, weil es keine funktionierenden Rolltreppen gibt und wenn man dann endlich am Bahnhof Köpenick angekommen ist, durchnässt und durchgeschwitzt, dann will man nur noch schnell nach Hause – nach Müggelheim.
Ein Bus, der einem dann direkt und geplant vor der Nase wegfährt, erzeugt, gelinde gesagt, ziemlichen Ärger. Wenn man dann erfährt, dass der nächste erst in einer halben Stunde kommen wird, ist man bereits der Wut nahe. Unter dem kleinen Dach des Wartehäuschens an der Haltestelle versuchten möglichst viele Wartende, dem nicht nachlassenden Starkregen zu entgehen. Unter ihnen gab es auch solche, die in der Enge unter diesem Dach unbedingt rauchen mussten. Auf die Bitte, dies freundlicherweise zu unterlassen, gab es die verständnislose Antwort, man befinde sich doch im Freien.
Es kamen und gingen zahlreiche Busse, mit denen ein Müggelheimer nichts anfangen kann. Während der Ersatzbus für die Tramlinie 62 genau vor uns wartete, warf sein riesiger Scheibenwischer mit jedem Wischvorgang einen Schwall Wasser auf die Wartenden. Und der Fahrer versuchte seinen Fahrgästen, die in der Vergangenheit gelernt hatten, dass man beim Berliner Bus vorne einzusteigen habe, in rüdem Ton beizubringen, dass dies „die Straßenbahn“ sei und sie deshalb in allen Türen einsteigen könnten.
Die halbe Stunde war noch lange nicht vorbei, da näherte sich aus Richtung Mahlsdorf ein Bus mit der Zahl „169“. Auf der Frontanzeige stand allerdings „Fahrt endet hier“ und er fuhr an vielen enttäuschten Gesichtern ohne Halt vorbei. Etwas später erschien erneut ein 169er aus Richtung Mahlsdorf – also in Richtung Müggelheim. Seine Anzeige lautete allerdings „Elsterwerdaer Platz“. Auch dieser hielt nicht, sondern fuhr unter der Brücke weiter die Bahnhofstraße entlang. Ärger und Verwirrung der Wartenden waren damit komplett.
Endlich, nach besagter halben Stunde, kam wieder ein 169er, zeigte als Ziel Müggelheim – und hielt tatsächlich an. Das Bedürfnis, nun endlich schnell nach Hause zu kommen, musste allerdings nochmals ein wenig warten. Ein Fahrerwechsel sorgte dafür, dass wir nach etwa weiteren fünf Minuten endlich auf der Bahnhofstraße in Richtung Müggelheim unterwegs waren.
Eine Woche später stand noch eine weitere Dienstreise an. Bis dato war ich noch unschlüssig, ob ich mit der Bahn oder dem Auto nach Schleswig-Holstein fahren sollte. In dieser soeben geschilderten halben Stunde fiel meine Entscheidung. Auf den 169er möchte ich künftig lieber verzichten. Mein Auto lässt mich nicht derart im Regen stehen. Falls es der BVG gelingt, wieder halbwegs die alten Bedingungen herzustellen, so wie zu Zeiten des X69, dann möge man mir Bescheid geben. Dann fahre ich bestimmt auch wieder öfter mit dem Bus.

Hoffnungsvolle BVG-Antwort

Die Aussagen des zum schlechten Anschluss kann BVG-Sprecherin Petra Reetz so nicht nachvollziehen und schreibt: „Die S3 von Ostkreuz kommt im Regelfall zur Minute 4 am S Köpenick an (also 20:04, 20:14 etc.), der Bus fährt planmäßig zur Minute 1 (vor 20 Uhr 19:01, 19:21 etc., nach 20 Uhr 20:11, 20:31 etc.) Die Umsteigezeit von der S-Bahn zum Bus der Linie 169 beträgt also planmäßig problemlose 7 Minuten. Ich vermute also, dass in den beschriebenen Fällen (Unwettertage), die S-Bahn deutliche Verspätung hatte.”
All dies soll sich aber ab 21. August ohnehin ändern. Ab diesem Tag wird die S3 wieder durchfahren bis Westkreuz und bekommt einen neuen Fahrplan. „Selbstverständlich passen wir die Abfahrtszeiten der Busse, die als Zu- und Abbringer zur S3 fungieren, in ihren Fahrplänen zu diesem Datum an. Die Ankunft der S3 erfolgt dann planmäßig zur Minute 0 (20:00, 20:10 etc.), die Abfahrt der Busse der Linie 169 zur Minute 7 (20:07, 20:27 etc.). Auch die unschöne 30-Minuten-Lücke um 20 Uhr wird dann Geschichte sein.” Petra Reetz weist noch darauf hin, dass bei etwaigen Verspätungen der S-Bahn der anschließende Bus dennoch pünktlich abfahren muss, um keine Kettenreaktionen auszulösen, durch die viele weiterer Fahrgäste betroffen wären.