Fährmann hat ausgeschifft

Müggelheimer Unikum geht in Rente

von Simone Jacobius

Der Mann mit Rauschebart und Zopf hat ausgerudert: Fährmann Ronald Kebelmann geht im Frühjahr in Rente Foto: Ralf Drescher

Ein Müggelheimer Unikum – zumindest von berufswegen – geht in Rente: Ronald Kebelmann, von Beruf Fährmann und Kapitän unserer Ruderfähre „Paule III“ profitiert von der Rente mit 63. Am 3. Oktober schwang er das letzte Mal die Ruder. Jetzt wechselt er die Seiten – vom Fährmann zum Fahrgast. Denn ein bisschen Lohn soll schon sein, wenn es so weit ist: Im Mai startet der Zopfträger zu großer Fahrt, auf eine Kreuzfahrt in den Norden nach Schottland, Island und Norwegen.
Der gebürtige Friedrichshagener brauchte elf Ruderschläge über die Müggelspree, manchmal waren es auch 15, „hängt vom Wetter ab, vom Wind und der Strömung“.
 Als Kebelmann 2003 die Fähre übernahm, hatte er schon 31 Berufsjahre auf dem Buckel. Früher arbeitete er als Maschinist im Bewag-Kraftwerk Klingenberg. Nach der Wende war er Hausmeister, Kurierfahrer und auch mal arbeitslos. 2003 fragte er in der Marinekameradschaft Köpenick einen Mitarbeiter von Stern und Kreis nach einem Job. Schließlich hatte er das Binnenschifferpatent. Und los ging’s auf der Ruderfähre. Das Wichtigste dort sind nicht die Oberarmmuskeln, sagt Kebelmann. „Man muss nicht unbedingt ein Athlet sein, aber mit dem Herzen dabei, die Leute unterhalten, was erzählen, muss nicht immer stimmen.“ Seemannsgarn halt, was genau sich dazu eignet, verrät Kebelmann lieber nicht. Manchmal, besonders am Herrentag mit den vielen alkoholseeligen Männern, muss Kebelmann eingreifen und seine Kapitänsstrenge walten lassen. Denn die Passagiere sollten lieber still sitzen bleiben während der Überfahrt.
Die letzte Saison lief übrigens nicht so doll, hat Kebelmann an einem seiner letzten Tage noch verraten. „Das Wetter war zu schlecht. Wer geht denn bei Regen wandern und radfahren”, sagte er und verbuchte einen deutlichen Einschnitt.
Wer jetzt Angst hat, die Ruderfähre wird eingestellt, kann beruhigt werden: Einen jüngeren Nachfolger hat der alte Seebär schon im Sommer eingearbeitet. Am 1. Mai 2018 wird wieder angerudert, dann geht es wieder über die Müggelspree, immer freitags, samstags, sonntags und feiertags, bis zum 3. Oktober. Die Ruderfähre ist inzwischen ein touristisches Highlight Berlins, das dank der Initiative des Köpenicker Heimatvereins auch weiterbesteht. sip