Rückblick zum Innehalten

Erinnerungen von Marianne Schäfer

Das Ende des Krieges war der Anfang großer Veränderungen in unserem kleinen, still verträumten Müggelheim. Ehemalige magere Ackerflächen und Wiesenstücke wurden parzelliert. Es entstanden Behelfsheimsiedlungen. Auch ortsnahe Kiefernschonungen wurden vom Forst zur Besiedlung freigeschlagen. Viele neue Bürger lebten nun in schnell aufgebauten Behelfshäusern.
Wir Kinder freuten uns, denn es waren somit auch neue Spielfreunde da. Aus den kleinen sommertauglichen Behelfsheimen sind inzwischen individuelle, winterfeste schöne Wohnhäuser geworden.
Damals war das Wichtigste: Der Krieg war wirklich vorbei! Die selbstgebauten „Bunker“ konnten nun beispielsweise als Kartoffelkeller genutzt werden.
Viele Jahre sind auch seit der großen 200-Jahr-Feier vergangen. Unser damaliger Siedlervereinsvorsitzender Walter Reinhold hatte 1947 wirklich viel auf die Beine gestellt. Beispielsweise einen großen Umzug mit Pferdekutschen, Festzüge mit Musik-Kapellen, im Dorf war alles mit kleinen Fahnen oder Blumengirlanden geschmückt. In allen Gaststätten gab es Tanz für Jung und Alt. Nette Darbietungen, extra einstudiert von uns Jugendlichen, mit Kleidern genäht von den Muttis und sportliche Wettkämpfe, wie Fußball, Boxen, Segelregatten auf der Großen Krampe rundeten das Programm ab. Jeder, egal wie jung oder alt, hatte anlässlich dieses Jubiläums die Möglichkeit, etwas Besonderes zu erleben. Es war Sommer, und wir Kinder hatten Ferien. Und wir nutzten diese schulfreie Zeit: Wald und Wasser und wir Kinder frei in der Natur. Nur Rumstromern ging allerdings nicht! Mutter schickte mich ins Dorf zu Bauer Hembt oder Bauer Grosse, um die Milch für uns zu holen. Ich habe das immer gerne gemacht, weil ich dabei noch in die Ställe hinein geschaut habe: Im Sommer flogen dort die Schwalben ein und aus, die Kühe muhten so gemütlich, die Schweinchen quiekten munter und der Gockelhahn krähte auf dem Mist. Nur im Winter gab es Probleme mit den Schuhen. Im Sommer sind wir ja meist barfuß gelaufen oder mit Sandalen, aber im Winter ging das nicht. Nasser Schnee oder Rodeln mit schon kaputten Schuhen, das geht nicht gut. Also wieder hin zum Schuster. Wie immer waren die Regale voll mit kaputten Schuhen. Schon von Weitem hörte man den Meister pochen! So mancher Schüler hatte damals die Schuhe von Mutti an und musste damit durch den Schnee zur Schule stapfen. In der Schule war es nicht immer warm, weil man für die Heizung Kohle benötigte. Wenn mal wieder keine Kohle da war, konnten wir nach Hause gehen. Kein Schulunterricht – Juchhu!
Diese Erinnerungen sind lange her, aber manche von ihnen bringen uns noch immer zum Lachen. Und andere Erinnerungen zeigen, wie gut es uns heute geht im Vergleich zu damals.