Naturschutz oder Bußgeld, das ist hier die Frage

EU setzt Berlin in Sachen Müggelsee Pistole auf die Brust

Mehr als 700 Einwände von Einzelpersonen, Vereinen und Verbänden sind zum geplanten Naturschutzgebiet Müggelsee eingereicht worden. Jetzt sind erstmal weitere Gespräche mit allen Beteiligten geplant. Gespannt warten deshalb die Sportfunktionäre des Bezirks auf das Gespräch mit der neuen Umweltsenatorin Regine Günther. Ende Januar/Anfang Februar sollte es stattfinden, hieß es bei Redaktionsschluss aus der Umweltverwaltung.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Tom Schreiber und Robert Schaddach hat Günthers neuer Staatssekretär für Umwelt, Stefan Tidow, auf fünf Seiten genau erklärt, warum Teile des Müggelsees Naturschutzgebiet werden sollen. Wichtigster Punkt: Die EU führe bereits ein „Vertragsverletzungsverfahren” gegen Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie. Werde Deutschland zu einer Strafzahlung verurteilt, könnte sich der Bund das Geld bei den Ländern zurückholen, die entsprechende Verordnungen nicht umsetzen, dazu gehört bislang Berlin.
„Ziel muss nach Ansicht des Senats sein, eine Strafzahlung Berlins … zu vermeiden”, schreibt Tidow. Er erläutert auch den zuletzt strittigen Begriff „schutzzweckverträglich”: Regatten, Schwimmwettkämpfe und Training sind dann schutzzweckverträglich, wenn die Naturschutzflächen auf dem Wasser nicht befahren bzw. durchschwommen werden, also ein Mindestabstand von 150 Metern vom westlichen Ufer eingehalten wird. Bestehende Steganlagen von Sportvereinen werden in aller Regel genehmigt.
Anlässlich des Neujahrsempfangs beim Berliner Segler-Verband sicherte der Vizepräsident des Landessportbundes, Thomas Härtel, den Wassersportlern die Unterstützung des LSB zu. Er setzt sich gemeinsam mit den Fachverbänden dafür ein, dass entsprechend der Koalitionsvereinbarung die weitere Nutzung des Müggelsees für den muskelbetriebenen Wassersport gesichert wird. Härtel betont: „Wassersport und Naturschutz sind nichts Gegensätzliches, sondern ergänzen einander.“
Ein Hinweis für alle Spaziergänger und Radfahrer: „Das Spazierengehen und Radfahren auf vorhandenen Wegen im geplanten Landschafts- und Naturschutzgebiet ist weiter zulässig und wird nicht eingeschränkt“, heißt es in der Antwort Tidows. Und weiter: „Das Schwimmen im (…) Müggelsee und den angrenzenden Gewässern gehört zum Gemeingebrauch und ist (...) weiter zulässig wie bisher. Es erfolgt keine Einschränkung durch die neue Verordnung.“ Es scheint also nichts so heißt gegessen zu werden, wie es gekocht wird. Aber warten wir ab: Vorsicht ist bekanntermaßen die Mutter der Porzellankiste. sip