Mahnwache am „Stein des Friedens“

von Hans Zinnow

Fotos: Horst König

Traditionsgemäß versammelten sich wiederum Bürgerinnen und Bürger aus Müggelheim zur Mahnwache am „Stein des Friedens“ neben der Kirche. Dr. Horst König eröffnete die Veranstaltung mit dem Hinweis, dass für die Ökumenische Friedensdekade das Thema „Streit!“ vorgeschlagen wurde. Mit diesem Motto soll deutlich gemacht werden, dass es nicht sein darf, Andersdenkende zu stigmatisieren oder auszugrenzen. Vielmehr wird dazu ermutigt, im Protest und Widerstand immer auch den demokratischen Umgang miteinander zu wahren.
Dr. König dankte allen für ihre Anwesenheit, wohl wissend, dass wir als kleine Gruppe nicht den Frieden in der Welt herbeiführen können. Eine Mahnung strahlt dieses Treffen dennoch aus, zumal jeder Einzelne in seinem persönlichen Umfeld einen kleinen Beitrag zum Frieden leisten kann. Angesichts zunehmender Rüstungsausgaben ist die Mahnung zum Frieden dringender denn je. Mit der Mahnwache soll in uns die Hoffnung wach gehalten werden, dass Krieg keine Option zur Lösung von Problemen ist.
Streit (?!) Was für ein Kontrast, sagte Diakon Hans Zinnow: Als ob wir in der Welt nicht schon genug davon hätten. Wir haben Angesichts des furchtbaren Elends in der Welt gehofft, dass die streitenden Politiker zur Einsicht kommen und Wege zur Lösung der Probleme erkunden. Inzwischen hat man sich scheinbar an das Kriegselend gewöhnt, denn Presse, Funk und Fernsehen berichten inzwischen mehr von den Geflüchteten, als von den Kriegen. Angesichts der Asylsuchenden ist bei uns plötzlich allerorten Streit entbrannt. Es heißt: Wir sind überfordert. Die Deutschen befürchten, dass sich unser Land durch die vielen Fremden verändert. Auf einmal sind wir die Leidtragenden, nicht jene, die auf der Flucht vor Krieg, zerstörten Wohnungen, Hunger und nach einer sicheren Bleibe auf der Suche sind.
Im Evangelischen Gesangbuch (Nr. 430) gibt es ein Lied, das unsere Ohnmacht benennt:
Gib Frieden, Herr, gib Frieden, die Welt nimmt schlimmen Lauf.
Recht wird durch Macht entschieden, wer lügt, liegt oben auf.
Gib Frieden, Herr, wir bitten! Die Erde wartet sehr.
Es wird so viel gelitten, die Furcht wächst mehr und mehr.
Gib Frieden, Herr, wir bitten! Du selbst bist, was uns fehlt,
hast am Kreuz für uns gelitten, hast unsern Streit zu deinem auserwählt,
damit wir leben könnten, in Ängsten und doch frei
und jedem Freude gönnten, wie feind er uns auch sei.

- Sind wir bereit und fühlen wir uns in der Lage, fremde Menschen zu akzeptieren?
- Gelingt es uns Brücken zu bauen, wo Streit zum Hass umzuschlagen droht?
- Wagen wir, anstehende Probleme in einem fairen Streitgespräch zu klären?
- Wagen wir eine hilfreiche Streitkultur in unserem Alltag auszuprobieren und einzuüben?
- Das geht natürlich nur, wenn jeder einen festen Halt hat.
- Halt im Glauben an Gott! Halt an sozialistische, sozialdemokratische, humanistische oder ethische Grundsätze.
- Ein fester Halt schafft Freiheit und Stabilität, um nicht bei dem nächsten Sturm eines Streits wie ein morscher Baum umzufallen.
Als nächster sprach Bernd Stahlberg. Er berichtete von den Diskussionen in der Bezirksverordnetenversammlung. Natürlich gibt es bei den Vertretern der Parteien unterschiedliche Stellungsnahmen. Seine Beobachtung ist allerdings, dass fair miteinander gestritten wird. Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen, um anstehende Probleme einer guten Lösung zuzuführen.
Pfarrerin Anke Schwedusch-Bishara nahm das Thema auf: Das Plakat zur Ökumenischen Friedensdekade zeigt das Motiv einer zornigen Friedenstaube. Die Flügel der Taube sind zu einer Faust geballt. Das passt aber gar nicht, habe ich zuerst gedacht, als ich das Plakat gesehen habe. Streit ist doch das Gegenteil von Frieden. Oder?
Wie oft mahnen Eltern ihre Kinder: „Streitet nicht!“ Und ich muss zugeben, ich bin ein Harmonie liebender Mensch. Streit gehe ich lieber aus dem Weg. Klar, das Beste wäre eine harmonische Welt, in der alle miteinander auskommen und in der es keine Meinungsverschiedenheiten gibt. Aber so ist die Welt nicht. Es gibt gegensätzliche Meinungen und Interessen und es gibt sehr unterschiedliche Antworten auf die Frage, was jeweils getan werden soll.
Deshalb muss es ihn tatsächlich geben, den Streit. Damit nicht einzelne oder ganze Gruppen ungehört bleiben: in der Familie, in Vereinen und in der Gesellschaft, auch in der Kirche. Wer eine andere Meinung hat und sie nicht sagt, findet keinen Frieden. Wenn ich Konflikten immer aus dem Weg gehe, rumort es in mir und ich werde unzufrieden. Selbstverständlich kommt es darauf an, wie man miteinander streitet. „Prügeln sollten wir uns hier nicht“, hat Wolfgang Schäuble bei seiner ersten Rede als neu gewählter Bundestagspräsident gesagt. Und er fügte hinzu: „Wir sollten das [...] auch nicht verbal tun. Wir können vielmehr zeigen, dass man sich streiten kann, ohne dass es unanständig wird.“