Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

Haben Sie sich auch gefreut, über die fröhliche unbeschwerte Atmosphäre anlässlich des Kirchentages? Tausende von Christen besuchten zwischen dem 24. und dem 28. Mai Berlin, um an dem vielseitigen Programm zum Kirchentag teilzunehmen. Es gab Workshops und Konzerte, Diskussionsrunden, Gottesdienste und Liederabend, aber auch Picknicks und Ausstellungen. Für jeden Geschmack, für jeden Geldbeutel war etwas dabei.
Die Besucher waren zwar auch in Hotels untergebracht, aber viele haben ein Privatdomizil gefunden. Hier bewies Berlin mal wieder Größe. Etwa 35.000 Gäste vom Einzelreisenden bis zur Familie sind privat untergekommen. Auch in Müggelheim fanden etliche Gäste ein Zuhause auf Zeit und scheuten nicht den täglichen Weg in die Innenstadt. Die meisten genossen nach einem ereignisreichen Tag die frische Luft im grünen Müggelheim.
Auch wenn das Attentat in Manchester zwei Tage vorher, bei dem 22 Menschen ums Leben kamen, vielen im Vorfeld ein mulmiges Gefühl verursachte, tat das der Stimmung keinen Abbruch. Nach dem Motto „Jetzt erst Recht!“ wurde gemeinsam gefeiert, diskutiert und gelacht. Die allgemeine Meinung lautete, man wolle den Attentätern, den Islamisten, nicht das Feld überlassen und ein Leben in Angst und Schrecken verbringen. Nur gemeinsam ist man stark. Und genau das hat der Kirchentag wieder deutlich gemacht. Wer aus Angst sämtlichen Freuden des Lebens abschwört, sich in seinen vier Wänden versteckt oder zumindest große Veranstaltungen (sei es Theater, Konzert, Fußballspiel oder Festival) meidet, beraubt sich selbst großen Bereicherungen des Lebens. Aus diesem Grund gab es beim Kirchentag, der sich selbst auch als politisch bezeichnet, auch viele Diskussionen über Terrorismus, Islamismus, linke und rechte Gewalt.
Wir hatten während des Kirchentages einen Gast aus England. Auch sie stieg am Morgen des Attentates in ihrem Land mit mulmigem, aber letztlich auch stolzem Herzen in den Flieger nach Berlin. „Wir lassen uns nicht unterkriegen, so schlimm das auch ist“, sagte sie. So schlimm solche Ereignisse wie in Manchester auch sind, zeigen sie doch auch immer das Gute im Menschen, dass zu häufig verdeckt wird. Ein riesiges Maß an Menschlichkeit, an Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt wurde wieder deutlich. Stolz auf seine Stadt, die man nicht einfach so den Islamisten übergibt. Gemeinsam gesungene Lieder, ein mehrere hundert Stimmen starker Chor erscholl quasi als Trotz spontan aus dem Nichts heraus. Wer nicht spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Gefühl der Rührung, der Stärke und des Zusammenhalts empfand, dem ist nicht mehr zu helfen.
Und genau dieses Gefühl vermittelte auch der Kirchentag. Unbeschwertes Feiern und dennoch mit Tiefgang. Und die Botschaft kam an: Wir lassen uns nicht unterkriegen!