„Nichts erlebt man so intensiv und so einprägsam wie die Heimat“

Marianne Schäfer, Autorin, Künstlerin und Gärtnerin,
ist im Alter von 84 Jahren gestorben

Von Simone Jacobius und Martin Jahn

Sie hatte immer wieder Rückschläge erlebt – und hat immer wieder gesagt: Jetzt erst recht, ich schaffe das! Diese Liebe zum Leben, gepaart mit einer großen Portion Sturheit ist vermutlich auch der Grund, aus dem Marianne Schäfer es trotz ihrer schweren Krankheiten geschafft hat, solch ein Alter zu erreichen. Als Autorin von Müggelheimer Chroniken und Gartenfachfrau im Müggelheimer Boten wird sie auch vielen, die sie nicht persönlich kannten, in Erinnerung bleiben. Am 15. Mai hat sie im Alter von 84 Jahren für immer ihre Augen geschlossen.
Am 4. Oktober 1935 erblickte Marianne als erstes von drei Geschwistern das Licht der Welt. Sie gehörte nicht zu den Leisen, nein, sie war kämpferisch, setzte sich ein, für den Ort, für andere Menschen. Zugleich war sie ausgesprochen hilfsbereit und schaffte es sogar in Ausnahmesituationen einen klaren Kopf zu behalten. Mitten im Krieg zog die Familie aus der Stadt ins ruhigere Müggelheim. Der Vater hatte auf einem Grundstück am Krampenburger Weg ein Häuschen gebaut und einen Garten zur Selbstversorgung angelegt. Der Grundstein einer lebenslangen Liebe wurde gelegt, der zu Müggelheim. In ihrem 2011 erschienenen Buch „Ein Dorf am Rande von Berlin” hat Marianne Schäfer anschaulich den Wandel Müggelheims seit ihrer Kindheit beschrieben. Auch im Müggelheimer Boten erfreute uns ihre eine oder andere Geschichte über das „alte” Müggelheim. Sie ist hier aufgewachsen, hat die Alte Schule bis 1952 besucht und ist quasi nie aus Müggelheim weggezogen.Während der Ausbildung zur Gärtnerin lernte sie auch ihren ersten Mann, den Rosenzüchter Alfred Radke kennen.
Schon als Kind hat sie gerne gemalt, verlassen hat diese Sehnsucht sie nie. Wenngleich sie später sagte „Ich habe das Malen nie zu meinem Beruf gemacht, das war auch gut so!” Stattdessen wurde sie Gärtnerin, auch eine Leidenschaft. So war auf ihrer Visitenkarte zu lesen: „Marianne Schäfer – Gärtnerin aus Liebe, Hobbymalerin aus Freude“.
Sie hatte bei den unterschiedlichsten Zeichenlehrern Unterricht, angefangen bei Curt Steinmetz noch als Kind, dann Karl Eifler,Dieter Goltzsche, Inge Grabowski bis zum Bildhauer und Maler Karl Blümel, mit dem sie bis zum Schluss eine Freundschaft verband. Diese beiden und die bereits verstorbene Waltraud Blank bildeten ein „Mal-Trio”, welches man häufig mit ihren Staffeleien in der Müggelheimer Natur sehen konnte. Jeder ihrer Lehrer und Lehrerinnen hat sie ein bisschen geprägt.
„Das konzentrierte Malen in der Landschaft, das Einfangen der Stimmung: Wenn der Tag zuende ging und ich das Bild durchgestanden hatte, war ich sehr glücklich“, schrieb sie im Alter von 72 Jahren. Und weiter: „Das Malen vor Ort ist das Wahre und Ehrliche. Die Eindrücke des Tages im Wechsel des Lichts mit allen Sinnen zu erleben ist das Schönste für mich.”
Seit 1975 hatte sie sich einem weiteren künstlerischen Hobby gewidmet: der Keramik. Sie war jahrzehntelang im Köpenicker Keramikzirkel unter Leitung von Klaus Dittrich. Alles fand sich in ihrem verwunschenen Garten mit den alten Rosen und dem kleinen „Hexenhäuschen” wieder. Alles ging in ihrem Leben eine Symbiose ein, die Liebe zur Natur die sich in ihrem Beruf wie auch in ihren Bildern wiederfand, die Liebe zu ihren Tieren nicht nur in den Keramiken, sondern auch in ihren Haustieren: Vögel, Katzen und Kaninchen. Zwischen Blumen und Fischteich konnte man auch im Garten ihre hübschen und immer kraftvollen Keramikplastiken entdecken.
Dabei ging es ihr bereits sehr früh sehr schlecht. Eine chronische Lungenkrankheit, die Interstetielle Lungenvibrose, sorgte dafür, dass sie bereits im Alter von 32 Jahren nicht mehr arbeiten konnte. Die erste Ehe hielt der Belastung nicht stand. Auch die 1960 geborene Tochter Carola lernte damit zu leben. Die zweite Ehe war ein Desaster. Danach nahm Marianne Schäfer wieder ihren Mädchennamen an und ging letztlich gestärkt aus dieser Ehe hervor. Fortan ließ sie sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen und kämpfte für sich, ihre Tochter und gegen alle Ungerechtigkeiten.
Schon zu DDR-Zeiten arbeitete sie im Redaktionskollegium der sogenannten grünen Hefte „Der Siedlerfeund“ als Gartenberaterin mit. Und als Mitstreiterin im Müggelheimer Umweltkreis gehörte sie zum Gründungsteam des „Müggelheimer Boten“ und schrieb Monat für Monat ihre oft poetischen Beiträge über die Natur und den Garten. Sie kämpfte gegen den BER genauso wie gegen Bausünden im Ort und engagierte sich im Heimatverein.
Neben all ihren Interessen kümmerte sie sich auch um diverse Gräber auf dem Müggelheimer Friedhof und hatte sich schon vor Jahren ihre eigene Stelle gesichert. Vor dem Tod hatte sie keine Angst, hatte sie doch schon als junge Frau zwei Nahtod-Erfahrungen hinter sich, aus denen sie schloss: Der Tod ist schön!
In den letzten Jahren kränkelte sie immer mehr, neben den vielen Folgekrankheiten aufgrund der Lungenvibrose kam auch eine fortschreitende Demenz hinzu. Sie musste in ein Pflegeheim. Dennoch hat sie nie aufgegeben, ist immer über ihre Grenzen gegangen – auch gegen den ärztlichen Rat. Andere wären mit diesen Krankheiten schon Jahrzehnte früher gestorben. Sie hat jedoch auf ihren Körper gehört und selbst entschieden, was gut für ihn war, hat sich nie einschüchtern lassen. Wir können Marianne Schäfer getrost als medizinisches Wunder betrachten. Oder auch als Lehrbeispiel dafür, dass man vieles schafft, auch Wunder, wenn man aktiv bleibt (ihr wichtigstes Fortbewegungsmittel war bis vor drei Jahren das Fahrrad), sich einbringt und versucht stets seine Grenzen zu erweitern. Eine starke Persönlichkeit, die Spuren in Müggelheim hinterlassen hat, ist jetzt von uns gegangen.

Weitere Gedenken

Als Müggelheimer Urgestein (Baujahr 1944) kenne ich die Familie Schäfer seit Kindheit an. So auch Marianne, die mit den verschiedensten Interessen gesegnet war. Sie entwickelte sich zu einer regional bekannten Malerin, die ihre Werke in verschiedenen Ausstellungen zeigen konnte. Ihre Freude am Gestalten brachte Marianne in einer Vielzahl von interessanten Keramiken zu Ausdruck. Als Autorin gab sie gern ihr Wissen über Pflanzen weiter. In ihrem Buch „Ein Dorf am Rande von Berlin“ skizzierte sie sehr interessant und vielschichtig die von ihr erlebte Müggelheimer Geschichte.
Mit Marianne Schäfer verliert Müggelheim eine gesellschaftlich bereichernde Persönlichkeit, die auch durch eine besondere Ausstrahlung und Kontaktfreudigkeit bei vielen Müggelheimern eine nicht zu füllende Lücke hinterlässt.
Liebe Marianne, wir werden für dich auch weiterhin in unseren Gedanken und im Herzen einen Platz freihalten. Peter Augustinski

 

Mit großer Traurigkeit haben wir vom Tod Marianne Schäfers erfahren. Neben vielen künstlerischen Arbeiten sah Marianne ihre Aufgabe im Bewahren und Erforschen der Begebenheiten und Geschichte ihres Heimatortes Müggelheim. So arbeitete sie auch viele Jahre in der AG „Museum“ mit und brachte sich dort mit ihrem Wissen ein.
Im Heimatverein stellte sie mehrmals ihre Bilder mit Motiven aus der Umgebung Müggelheims aus. Sie fertigte Keramiken an, die das Müggelheimer Wappen interpretieren und war z.B. in der Kommission aktiv, die zur Findung neuer Straßennamen für Müggelheim arbeitete.
Marianne, du wirst uns nicht nur beim Arbeiten mit deinen Unterlagen in Gedanken bleiben! Müggelheimer Heimatverein, AG "Museum"