Schmerz als Wächter beim Sport?

Von MR Dr. Rolf Förster, Facharzt für Sportmedizin

Wenngleich auch der Breitensport eine wirksame Schmerzprävention sein kann, so kann allgemein Sport natürlich auch Schmerzen hervorrufen.
In jedem Lebensalter sind bekanntlich Bewegung aber auch Kraft- und Ausdauertraining wichtig und adäquater Sport ist deshalb auch ein fester Bestandteil der Therapie – v.a. bei den wichtigsten Formen chronischer Schmerzen, nämlich Rücken-, Muskel-, Gelenk-und Kopfschmerzen. Auch bei psychischen Belastungen und Depressionen konnte der positive Effekt körperlicher Aktivität nachgewiesen werden.
Defizite bei Ausdauer und Kraft tragen wiederum zur Entstehung chronischer Schmerzen, zu Herz-Kreislauferkrankungen und Typ-2-Diabetes bei und Belastbarkeit und Schmerztoleranz können dadurch reduziert sein.
Wichtig ist, die persönliche Balance zwischen Belastung und Belastbarkeit zu finden, sonst beginnt das Dilemma, dass falscher Ehrgeiz, Unkenntnis über die Belastungsgrenze und die Warnsignale zu Schmerzen bei und nach der Belastung führen können. Wichtig sind deshalb niedrigschwellige Einstiegsangebote etwa über Sportvereine und Selbsthilfegruppen. Wenn man sich muskulär fordert aber Sehnen, Bänder und Gelenke nicht mitbeachtet werden, bekommt man meistens Probleme.
Der Schmerz ist ein sinnvoller Wächter, der uns sagt, dass ich Grenzen der Belastung, falsche Techniken und Laufstile, oder meine Sportausrüstung überdenken sollte. Falscher Ehrgeiz, wie wir ihn häufig bei Marathonläufern finden (wenn man unbedingt teilnehmen will, sollte man mindestens ein Jahr Vorbereitungszeit einplanen) und wenn man die Komfortzone – z.B. ein Wohlfühltempo, bei dem man noch die Natur wahrnehmen und sich gegebenenfalls mit einem Mitläufer unterhalten kann – verlässt, sind Schmerzen unausbleiblich.
„Die eigenen Grenzen zu spüren – und länger oder schneller zu laufen, Gewichte zu steigern – ist ein notwendiger körperlicher Trainingsreiz und eine wesentliche Quelle für Motivation im Sport, aber manchmal eben auch schmerzhaft“, so Dr. Paul Nilges vom Schmerzzentrum Mainz. Doch welche Schmerzen sind normal und bei welchen sind Maßnahmen erforderlich? Muskelkater wird als harmlose Begleiterscheinung meist akzeptiert. Bei Sportverletzungen wie Sprunggelenkdistorsionen, hat sich die PECH-Regel bewährt: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Kryotherapien, also Kälteanwendungen, beugen Schwellungen vor und führen reaktiv zu einer stärkeren Durchblutung der Muskeln – und damit zu erhöhter Zufuhr von Nährstoffen und Abfuhr von Stoffwechselabfallprodukten und beschleunigen so die Regeneration der Muskeln.
Die Anwendung von speziellen Schmerzgels ist umstritten. Versuchen kann man es und oft genügen Einreibungen und Streichelmassagen mit Körperlotionen. Gehen sie deshalb kritisch mit unseriösen Fernsehwerbungen um. Zur Prävention vor, bei und nach dem Sport kann man leichte Dehnübungen durchaus versuchen, aufwärmen ist immer zu empfehlen. Wenn Schmerzen bei Bewegung zunehmen und die sportliche Aktivität beeinträchtigen, sollte die Belastung reduziert und eine Pause von zunächst einer Woche eingelegt werden. Typische Laufprobleme durch Überforderung sind Schmerzen und Verdickungen der Achillessehnen, Reizungen und Entzündungen an den Muskelansätzen an den Schienbeinen und viele andere Gelenkschmerzen.
Den Marathon- und Triathlon-Boom halte ich für gefährlich und sogar für ungesund. Während ein gut dosiertes moderates Vorbereitungstraining durchaus sinnvoll sein kann, sind diese Extremsportarten selbst durch die enorm unphysiologische Belastung der Gelenke und aller Organe, schädlich für den Organismus. Nicht nur die Legende endete tragisch, als der Bote Eukles nach einem Lauf von 42 Kilometern vor 2460 Jahren am Ziel in Athen tot zusammenbrach, denn leider sterben noch heute in Deutschland jährlich etwa 900 Sportler bei Extrem- aber auch Volkssportarten –meist den sogenannten Sekundenherztod.
Ein No-Go ist die Einnahme von Schmerzmitteln vor Extrembelastungen. Der Schmerz verliert seine wichtige Warnfunktion, Gelenke und Muskeln werden dadurch erheblich überlastet und die Verletzungsgefahr steigt stark an. Regelmäßig moderater Ausdauersport wirkt dagegen lebensverlängernd und frühzeitiges Krafttraining schützt vor Gebrechlichkeit im Alter. Es gilt auch hier die Weisheit : „Die Dosis macht das Gift.“