Rasen unter Alkoholeinfluss

Augenzeuge berichtet von dem schweren Unfall

von Simone Jacobius

Der 30. November ist ein Tag, den Jörg Schulze nicht vergessen wird. Ein Tag, an dem er begann an Schutzengel zu glauben. Er ist der Zeuge, vor dessen Augen sich ein sehr schwerer und in vielerlei Hinsicht unglaublicher Unfall ereignet hatte, bei dem es wie durch ein Wunder nur einen Schwerverletzten gab. Ein Unfall, der noch Stunden danach den Müggelheimer Damm blockierte, so dass die Autos Richtung Stadt über den Radweg umgeleitet wurden.

Der Müggelheimer fuhr früh morgens mit seinem Auto zur Arbeit, eigentlich so wie immer. Es war 5.30 Uhr. Sein Autothermometer zeigte 6 Grad plus an. In Höhe Rübezahl sah er in der Kurve, ein Auto entgegenkommen. "Es fuhr sehr schnell und lenkte überhaupt nicht in die Kurve hinein. Scheinbar ungebremst fuhr der Wagen einfach geradeaus in den Wald hinein", erinnert er sich. Plötzlich war alles schwarz. Langsam fuhr Schulze weiter bis zu der Unglücksstelle. Plötzlich sah er einen Funkenregen, der immer schneller direkt auf ihn zu kam. Er bremste - und plötzlich krachte es etwa acht Meter direkt vor ihm auf der Straße.

Unheimliche Stille herrschte. Als er aussteigen wollte, blitzten ihn grüne Augen direkt neben seiner Fahrertür an. "Ein Marderhund oder ähnliches, der aufgeschreckt von dem Knall über die Straße lief", vermutet er. Was dort Funkensprühend durch die Luft geschossen kam, hätte ihm den Tod bringen können: Es war der gesamte Motorblock des Wagens. Er war 50 bis 100 Meter weit geflogen. "Da müssen ungeheure Fliehkräfte frei gesetzt worden sein, meist hervorgerufen durch hohe Geschwindigkeiten", vermutet der Ingenieur. Auch die Batterie des Wagens landete als Mördergeschoss auf der Straße.

"Die Wagen, die ich vorher überholt hatte, hielten an. Gemeinsam mit einem jungen Mann machte ich mich dann voller Bange auf die Suche nach dem Auto. Es hing schon kurz hinter den ersten Bäumen im Wald." Die Fahrertür war so eingedrückt, dass sie nicht zu öffnen war. Die Frontscheibe war draußen. "Als wir hineinguckten, schlug uns als erstes eine ungeheure Alkoholfahne entgegen, der junge Mann am Steuer blutete aus Mund und Nase, was normalerweise auf schwere Kopfverletzungen hindeutet", erinnert sich Jörg Schulze. Ein Kamerad der Müggelheimer Freiwilligen Feuerwehr kam auf seinem Fahrrad vorbei und half, den Verunglückten wach zu halten. "Mehr konnten wir nicht tun. Wir haben nur kontrolliert, ob alles locker sitzt, dann mussten wir auf die Feuerwehr warten", erzählt Schulze. Da es sich um ein älteres Auto handelte, gab es auch keinen Airbag. "Eigentlich ist es ein Wunder, dass er überhaupt überlebt hat", so Schulze.

Überall auf der Straße lagen die Einzelteile des Autos verteilt. Kleine Äste und Blätter vervollkommneten das Bild, alles hätte gespenstisch ausgesehen. Nach etwa zehn Minuten sei die Polizei da gewesen, die Feuerwehr etwas später. "Ich weiß nicht, was den Wagen letztlich gebremst hat und auch nicht, wieso er aus der Kurve herausgetragen wurde. Aber als ich aus meinem Auto stieg, war die Straße glatt - obwohl sie so aussah wie immer, ohne Reif und ohne Schmierfilm. Trotzdem bin ich ins Rutschen gekommen", wundert sich der Müggelheimer noch immer. Er plädiert an alle Autofahrer, sich nicht zu 100 Prozent auf ihr Autothermometer zu verlassen, sondern auch die Temperaturen des Vorabends (da gab es in diesem Falle Frost) und die ganze Wetterlage im Blick zu haben. Für Jörg Schulze als erfahrenem Ingenieur ist es erschreckend, welche Kräfte sich entfalten können: "Je mehr ich darüber nachdenke, was hätte passieren können, desto übler wird mir. Der Verunglückte hat eine ganze Schar von Glückengeln über sich gehabt, hoffentlich ist er sich dessen bewusst."