Serie für den Natur- und Gartenfreund

Trauriger Frühlingsspaziergang um die Krumme Lake

von Marianne Schäfer

Die Krumme Lake und das sie umgebende Gelände ist seit 1925 zum Naturschutzgebiet erklärt worden. Entstanden ist dieses interessante Gebiet nach der letzten Eiszeit. Das viele Wasser suchte sich nach dem Abschmelzen der Eismassen seine Wege. Die heutige Spree bildete neben ihrem Haupt-Flussweg viele Nebenarme, auch in unserem Gebiet. Dazu gehörten die Pelzlake und die Krumme Lake.

Nachdem sich in der Vertiefung der See gebildet hatte, floss weiteres Wasser in Richtung Ost / Südost. So entstanden neue Nebenarme der Krummen Lake. Offensichtlich herrschten in dieser Zeit auch starke Winde, so dass ungeheure Sandmassen verweht wurden und dann Sanddünen entstanden. Durch die Sanddünen wurde die Haupt Wasserzufuhr von der Spree verweht. Davon zeugt noch heute die Düne jenseits der Straße nach Schönhorst, welche aufgeforstet ist. Eine weitere Düne befand sich im Gebiet der Spreewiesen. Sie wurde früher "Sessing" genannt. Später wurde aus dem Namen "Zarsing". Die Sandmassen wurden von den Siedlern abgetragen. Sie füllten das nasse Wiesengebiet mit dem Sand auf. Durch die verminderte Wasserzufuhr versumpften die Wasserarme, es entstanden Moore.

Noch sind die einstigen Moore zu erahnen. Vor gut 60 Jahren waren sie mit vielen interessanten Pflanzen wie Sonnentau zwischen dicken Moospolstern, auch Wollgraspflöckchen im nassen, schwankenden Moor zu sehen. Obwohl der stille Waldsee sein Umfeld so verändert hat, ist er noch immer eine Besonderheit in unserer Landschaft. Wir "Alten", die wir in Gedanken noch immer die großen, weiß blühenden Seerosen-Flecken, die wippenden, gelben Mummeln zwischen den runden Blättern im dunklen Wasser, die Libellen und die vielen Frösche sehen, gehen immer noch gerne hier spazieren.

Ich machte mich noch am kühlen April-Tag auf den Weg. Am äußersten Ost-Teil der Siedlung Müggelheims, am Waldrand führen viele Wege zum stillen Waldsee. Am Ende eines schnurgeraden Waldweges, leuchtet im hellen Licht wie ein Tor, der Weg zum Ufer der "Krummen". Ich verweile hier, genieße die friedliche Atmosphäre und lausche den Geräuschen der Tiere. Amseln singen im hohen Kiefernwald. Eine Kröte quakt einsam im Schilf, welches noch fahl gelbbraun vom vergangenen Jahr hier im Wasser steht. Gegenüber sehe ich die so genannte Insel. Vor dem Schilfstreifen gleitet ein Schwanenpaar auf dem dunklen Wasser. Der Himmel ist bewölkt, aber durch ein Wolkenloch scheint die Sonne und ein paar Sonnenstrahlen spiegeln sich golden, hier am dunklen Wasser. Ich sitze auf einem abgesägten Birkenstamm. Birken, Ebereschen und Traubenkirschen zeigen schon ihr zartes, hellgrünes Frühlingsgrün. Die friedliche Stimmung wird gestört, ein Flugzeug überfliegt diagonal, laut brummend den See.

Ich gehe den Uferweg links entlang. Bald bin ich an einer Stelle, die offenbar als Badestelle benutzt wird. Schilf wurde ausgerissen, ich sehe, dass es gleich ziemlich tief ins Wasser geht. Rückwärtig ist in die Böschung ein ziemlich großes Loch gebuddelt. Ich bin verärgert über die Rücksichtslosigkeit. Die Stelle ist frei von großen Bäumen. Deutlich sehe ich drüben die Insel. An ihren Ufern leuchten die weißen Birkenstämme vor den dunklen Kiefern. Links davon erkenne ich den Erlenwald, welcher dort im düsteren, nassen Sumpf steht. Ein Paar Kolkraben fliegen krächzend über den Wald. Der Uferweg ist ein natürlich entstandener Wanderweg, er ist stark durchwurzelt. Im grasigen Uferbereich liegen viele Baumäste und Stämme, welche manchmal bis ins Wasser reichen. Beachtlich sind die prächtigen, alten Eichen. Ihre Äste sind weit über das Wasser gewachsen, dem Licht entgegen. Sie spiegeln sich im Wasser. Diese wild-romantische Natur, die Kraft und Ursprünglichkeit, das ist es, was einen Naturfreund begeistert.

Die Sonne beleuchtet für einen Moment das Ried am jenseitigen Ufer. Ein Entenpärchen planscht im Wasser. Eine starke, alte Birke ist mit ihren langen Ästen ins Wasser gestürzt. Ihre grob-rissige Borke am dicken Stamm, ist mit Moos bewachsen. Ich sitze noch mal ein Weilchen in der Sonne. Der kleine Wanderweg wird jetzt enger. Der Uferstreifen ist dicht bewachsen. Er neigt sich leicht abwärts und geht in den Sumpf über. Auch die Waldböschung ist mit jungem Traubenkirschen Gebüsch begrünt. An einigen alten Baumstümpfen hat der Schwarzspecht gehackt. Feine Holzsplitter zeugen davon.

Ich biege von dem Wanderweg jetzt rechts ab. Gerade an der Stelle, wo der schwarze Moor-Weg durch den Sumpf führt. Hier gelangt man zum jenseitigen Ufer. Ich bin zunächst überrascht, weil der Anblick so ungewöhnlich ist. Das schwarzbraune Moorwasser, rechts und links vom schmalen Weg, ist leuchtend hellgrün. Es ist alles voller Entengrütze. Dazwischen stehen auf kleinen Erhöhungen, inselartig die Erlen. Besonders auf der linken Seite ist der Erlenbestand hoch und düster. Die Kolkraben mit ihrem knurrigen Gekrächze fliegen im Wind über den hohen Kiefern. Vorsichtig tapse ich durch den weichen, moorigen Weg. Irgendjemand hat ein paar Holzstangen in die Pampe gelegt, das erleichtert die schwierige Passage. Trotzdem sehe ich hin, wer noch diesen Weg benutzt hat. Ich sah große und kleine Schuhabdrücke aber auch die von Hundepfoten, Trittsiegel von einem starken Schwarzkittel und die von einem Reh.

Jetzt bin ich an dem einstigen Wasserzulauf von der Spree. Ich biege nun rechts ab. Diese Stelle, mit dem flach auslaufenden Moor und dem beginnenden Schilf ist meine Lieblingsstelle. Hier stehen noch die Baumstubben, welche vor etwa 70 Jahren von den abgeknickten Bäumen abgesägt wurden. Bei einem der ersten Bombenangriffe auf Müggelheim im Hitlerkrieg, ging hier eine Bombe in das Wasser. Im Winter bei Eis haben Männer das geknickte Holz abgesägt. Hier haben früher die Hechte gelaicht und viele Frösche haben sich in dem seichten Wasser munter getummelt. Das ist lange her. Jetzt scheint die Sonne, das Wasser glitzert und im Wind raschelt das Ried.

Der Weg ist schwer begehbar. Auch hier wurden große Kiefern gefällt. Das Krongeäst liegt da, wo es gefallen ist. Die Krumme Lake ist hier beinahe in ihrer ganzen Größe zu sehen. Das Ufer ist ähnlich dem auf der westlichen Seite. Ich sehe schon wieder eine "angelegte" Badestelle. Schilf wurde mit Stumpf und Stiel ausgerissen, Äste beräumt. Was ist hier los? Das gab es doch früher nicht? Ich gehe weiter zu der Stelle, wo eine forstliche Sitz Gruppe zum Verweilen anregt. Hier war früher am Ufer eine winzige Badestelle. Das Schilf blieb stehen und die wenigen Badende tauchten leise in das Wasser, genossen das damals noch saubere Wasser und kamen eben so leise bald wieder heraus. Sie waren ein Teil der Natur.

Mit Schrecken habe ich die gravierenden Veränderungen an der einstigen kleinen Badestelle gesehen. Die Stelle ist um weit mehr als das Doppelte vergrößert worden. Tiefe Löcher sind in die Böschung gegraben, auch hier wurde das Schilf ausgerissen, die Böschung wird immer mehr vergrößert. Aus der einstigen kleinen Badestelle ist ein verschandelter Flecken geworden! Ich bin traurig und sehr verärgert. So etwas dürfte es in einem Naturschutzgebiet nicht geben! Hier ist das Baden strengstens verboten! Muss denn aus Egoismus und Dummheit, die Natur, welche für alle Naturfreunde, eine seelische und geistige Erholung bedeutet, zerstört werden? Ich breche hier sehr traurig die Wanderung ab.