"Das Ohr schläft nicht"

Schutz vor nächtlichem Fluglärm für die Gesundheit

"Das Ohr schläft nicht" - diesen Satz prägte die Ärztin Dr. Gerda Noppeney, Vorsitzende der "Ärzteinitiative für ungestörten Schlaf", im Ergebnis von Untersuchungen zu nächtlichem Fluglärm in den umliegenden Gemeinden des Köln/Bonner Flughafens. 

Lärm sei ein Stressor, der sich negativ auf die Gesundheit auswirke, auch wenn sich die Menschen nicht vom Fluglärm gestört fühlten. Dieser Vorgang laufe autonom ab. Der Lärm schädige die Menschen unabhängig vom subjektiven Empfinden. Selbst wer trotz Lärm durchschläft, kann unter dessen Folgen leiden.

Schon tagsüber ist Fluglärm vielerorts nicht mehr zumutbar. Jedoch noch stärker gesundheitsbeeinträchtigend ist Fluglärm in der Nacht, weil dann die Erholungsphase fehlt, die für Körper und Seele unbedingt notwendig ist.

Für einen Erwachsenen ist eine ungestörte Nachtruhe mit einer ausreichend langen Schlafdauer von mindestens 7 - 8 Stunden zur Aufrechterhaltung seiner Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit unabkömmlich. Dies fand auch seinen gesetzlichen Ausdruck und Schutz in der Festlegung der Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr.

Kinder benötigen für eine normale körperliche und geistige Entwicklung wesentlich mehr Schlaf als Erwachsene; Vorschulkinder sollten 11 - 13 Stunden, Schulkinder 10 - 11 Stunden schlafen können.

Bei Kindern können Unterbrechung des Schlafes und Verkürzung der Schlafdauer zu Störungen der kognitiven Entwicklung, d.h. des Erkenntnis-Prozesses, des Wahrnehmens, des Denkens, der Aufmerksamkeit, des Lernens sowie zu Verhaltensauffälligkeiten und erhöhter Aggressionsbereitschaft führen, aber auch Stressreaktionen wie Bluthochdruck mit noch unerforschten Langzeitfolgen verursachen.

Obwohl durch eine Reihe von gesetzlichen Regelungen das Grundrecht auf "Leben und körperliche Unversehrtheit" (Grundgesetz Art.2, Abs.2) geschützt ist und auch gesetzlich die Zeitdauer der Nachtzeit auf 22 bis 6 Uhr festgelegt wurde, nimmt im Gegensatz hierzu die Fluglärmgesetzgebung eine nicht zu begründende Sonderstellung ein.

Zahlreiche und in den letzten Jahren auch sehr umfangreiche, wissenschaftlich gut fundierte Studien zeigen, dass die gesundheitlichen Folgen eines durch Nachtfluglärm unterbrochenen und verkürzten Schlafes vielfältig sein können:

  • Auftreten von Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen mit Herzinfarkt (in 50% mit tödlichem Ausgang) und Schlaganfällen,
  • Herabsetzung der Immunabwehr, eventuell auch Auftreten von Tumorerkrankungen,
  • häufigere psychische Störungen und depressive Erkrankungen,
  • erhöhter Bedarf an Medikamenten/Medikamentenverschreibungen,
  • Unfälle infolge Ermüdung, Herabsetzung der Leistungsfähigkeit,
  • frühzeitigere Berentung, kürzere Lebensdauer.

Viele der von Fluglärm betroffenen Anwohner von Flugplätzen versuchen sich hiergegen, vor allem gegen den krankmachenden Nachtfluglärm, zu wehren.

Während bisher noch die angerufenen Gerichte und einige wenige flughafenbetreiberfreundliche

Lärmgutachter die Flughäfen und Luftfahrtgesellschaften vor den berechtigten Klagen der Fluglärmbetroffenen schützen und die Erkenntnisse vieler Lärmwirkungs-Forscher, einschließlich wissenschaftlich fundierter Aussagen wie von Professor Greiser, sogar der WHO oder des Umweltbundesamtes zu den gesundheitsschädigenden Folgen von Fluglärm ignorieren, finden sich zunehmend Ärzte und Ärzteorganisationen, die in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die zu behandelnden Kranken und deren Schutz vor weiterer gesundheitlicher Gefährdung mit Nachdruck auf krankmachenden Flug-/Nachtfluglärm hinweisen.

So forderte im Februar 2012 die Deutsche Herzstiftung in einer Presseerklärung ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und begründet diese Forderung in einer mehrseitigen wissenschaftlichen Publikation mit dem Titel "Mehr geht nicht - Fluglärm macht krank".

Diese Publikation, in der die Auswertung einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien den Zusammenhang zwischen Fluglärmbelastung und der Häufigkeit von Herz-Kreislauferkrankungen sowie dem Risiko, daran zu sterben, belegt, ist auf der Internetseite der Bürgerinitiative Müggelheim (www.bi-mueggelheim.de) einsehbar.

Ebenso hat im April 2012 die "Deutsche Hochdruckliga" erklärt, dass Fluglärm Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen begünstigt, "zu den Präventionsmaßnahmen auch eine erholsame Nachtruhe gehört" und sich für ein Nachtflugverbot in ganz Deutschland ausgesprochen.

Erstmalig hat der Deutsche Ärztetag im Mai 2012 in einer weitreichenden Entschließung auf die gesundheitlichen Risiken von Fluglärm und Schadstoffemissionen und die hieraus resultierenden Behandlungskosten hingewiesen und den Gesetzgeber aufgerufen, zum wirksamen Schutz der Bevölkerung vor den Folgen des Flugverkehrs kurzfristig das bestehende Fluglärmgesetz mit den deutlich zu hohen Lärmgrenzwerten zu überarbeiten. Aus Sicht der Ärzteschaft hat Prävention immer Vorrang vor der Therapie.

In der in Berlin noch bis zum 28. September laufenden 2. Stufe des Volksbegehrens (in Brandenburg bis 3. Dezember 2012) zur Durchsetzung eines Nachtflugverbotes von 22 bis 6 Uhr sollten auch möglichst viele Müggelheimer in ihrem eigenen Interesse durch ihre Unterschrift diese Initiative und ebenso die Forderungen der auf der Seite der Fluglärmbetroffenen stehenden Ärzteorganisationen unterstützen.

Nicht nur zu bedauern, sondern zu schützen sind auch die Kinder, deren Eltern und Großeltern bisher fälschlicherweise meinen, dass Flug-/Nachtfluglärm nicht stören würde. Bitte bedenken Sie: "Das Ohr schläft nicht"! Dr. med. Heinz Stein, Bürgerinitiative Müggelheim