Serie für den Natur- und Gartenfreund

Ein extrem milder Winter

von Marianne Schäfer

Wochenlang Trübnis, Regen oder starker Wind. Bis auf ein paar Ausnahmen, war es bis Ende Januar absolut frostfrei. Rentner-Winter sage ich, weil die Straßen und Wege ohne Schnee und Glatteis waren. Man konnte gut und sicher laufen und mit dem Fahrrad fahren. So ein extremes Winterwetter soll es vor etwa 100 Jahren schon einmal, in unseren Breiten gegeben haben.

Eine alte Bauernregel sagt: "Gab es bis Dreikönig noch keinen Winter, folgt auch keiner mehr dahinter". Ein anderer Bauernspruch lautet: "Schlummert im milden Januar das Grün, wird der Garten zeitig blüh`n." Aber nicht zu optimistisch sein, ein weiterer Bauernspruch steht im Kalender geschrieben: "Ist es zu Dreikönig hell und still, der Winter vor Ostern nicht weichen will." Uns bleibt also nichts anderes übrig, als abzuwarten.

Bei einem kleinen Rundgang im Garten stelle ich fest, es sieht weder winterlich noch frühlingsmäßig aus. In den Rabatten stehen teilweise abgestorbene, struppige Staudenstängel. Durch den Regen sind die Ziergräserhalme nass und schwer, sie legen sich um. Aber an vielen Stellen schieben sich Schneeglöckchen, Krokus und Narzissen aus der Gartenerde. Meine Magnolie hat dieses Jahr nur wenige Blütenknospen. Ich sehe das, weil sich die Blütenknospen durch ihre pelzigen Schutzhüllen deutlich von den Blattknospen unterscheiden. Die Haseltrottelchen werden schon gelblich, schaukeln im Wind. Welch eine Überraschung, wenn tatsächlich über Nacht ein paar Schneeflöckchen alles für ein paar Stunden hübsch überzuckert haben. Wenn dann noch die Sonne durch die grauen Wolken blinzelt, dann ist alles super.

Jetzt sind regelmäßige Kontrollen im Keller, wo einige Pflanzen in ihren großen Töpfen oder Kübeln überwintern, angesagt. Ausputzen ist wichtig, damit sich kein Schimmel oder Läuse an den Pflanzen ansiedeln. Ja und dann entdeckte ich sie, die erste Blüte in dem kleinen Kamelien Sträuchlein. Ich hatte mich jahrelang gescheut, eine solche Pflanze zu kaufen, weil ich wusste, dass sie meistens alle Blütenknospen abwerfen. Ich wusste auch, dass es in meiner Wohnung zu warm für sie ist. Trotzdem, diesmal habe ich es gewagt! Ich habe mir die gekaufte Pflanze genau angesehen. Die Seite mit den Knospen, war dem Licht zu gewand. Ich stellte die Kamelie an das Kellerfenster. Ganz langsam wurden ihre Knospen immer dicker. Einmal habe ich sie auch ein bisschen gedüngt und immer die Bodenfeuchtigkeit kontrolliert. Wenn ich sie mir dort am Kellerfenster ansah, habe ich ganz sachte über ihre glatten, dunkelgrünen Blätter gestreichelt und ihr gesagt, dass sie einmal eine ganz hübsche, blühende Kamelie sein wird. Das soll helfen! Jetzt öffnet sich die zweite Blüte. Es ist eine gefüllte, weiß blühende Sorte mit ganz zartem, süßem Duft. Ich freue mich sehr, obwohl ich sie nicht ständig sehen kann. Man sollte auch jetzt ihren Standort nicht verändern.

Es gibt viele gezüchtete Sorten. Sie erfreuen uns mit Blüten von Weiß, über verschiedene rosafarben Farbtöne, bis hin zu mehr oder weniger kräftigem Rot. Die dicht gefüllten Blüten gehören zu den Camelia japonika-Arten. Die Blüten sind außen mit größeren Blütenblättern als die inneren angeordnet. Durch Züchtungen hat ihre Blütenvielfalt zauberhafte und entzückende Varianten hervor gebracht. Sie sind durchaus mit den von uns so geliebten Rosen zu vergleichen. Bei der großen Vielfalt fällt es schwer zu sagen, welche die Schönste ist. Lockere, größere Blütenblätter mit zierenden Staubgefäßen und meistens halb gefüllt, gehören zu einer anderen Art an. Camelia reticulata ist ihr Artname. Die Kamelien gehören zu der Familie der Teesträucher. Diese Gehölze stehen seit Jahrhunderten in dem Ruf, etwas Besonderes zu sein. Sie stellen aber auch einen besonderen Anspruch an ihren Standort und ihre Pflege. Einst wurde sie in den Gewächshäusern der Fürsten als Rarität gehegt und gepflegt. In Pillnitz gibt es eben solche Gewächshäuser mit prächtigen Kamelien. Leider habe ich diese noch nie gesehen. Kamelienblüten sind wegen ihrer Schönheit schon immer begehrte Motive auf kostbarem Porzellan gewesen und sind es noch heute.