Häuser leiden durch Schallschutz-Lüfter

Kostenerstattungsvereinbarungen nur unter Vorbehalt unterschreiben

von Simone Jacobius

In zwei Jahren fliegen etwa 54.200 Flugzeuge pro Jahr über Müggelheim nach Schönefeld. An 130 Tagen im Jahr sind es etwa 59 täglich (Starts) und an 235 Tagen 198 (Landungen). Doch die Prognosen und entsprechende Anträge gehen schon weiter, auf 360.000 Überflüge im Jahr. Nach Medienberichten wird dafür, trotz der noch laufenden Prozesse und Unklarheiten in Sachen Schallschutz, bereits im "stillen Kämmerlein" geplant.

Zwar weiß noch keiner, wann genau der BER nun wirklich in Betrieb gehen wird, doch in Sachen Schallschutz sollten gerade wir Müggelheimer uns wappnen. Aus diesem Grund hatte die Bürgerinitiative Müggelheim (BIM) am 18. September zu einer Infoveranstaltung in den Dorfklub geladen – und etwa 80 Müggelheimer kamen. Fazit: Vom Einbau eines Lüfters raten die Redner vehement ab.

80 Prozent aller Gebäude in Müggelheim liegen im Nachtschutzgebiet. Die Flughafengesellschaft verspricht: Kein Lärm über 45 dB(A) bei geschlossenem Fenster. Allerdings sind durchschnittlich sechs Ausnahmen erlaubt, das können mal zwei, mal zehn pro Nacht sein. Wer meint, dass er noch ins Tagschutzgebiet gehört (oder überhaupt erst mal ins Nachtschutzgebiet), muss das selber mit Hilfe einer Lärmmessstelle nachweisen. Anfang Mai bis Anfang Juni gab es eine mobile Messstelle von der Flughafengesellschaft am Eppenbrunner Weg Ecke Sobernheimer Straße: In den vier Wochen wurden dort 6604 Überfliege gemessen mit einem Maximal-Pegel von 84,5 am Tag und 50,5 in der Nacht. Der Dauerschallpegel lag tagsüber bei 53,1 dB(A) und nachts bei 51,5 dB(A).

Zur Durchsetzung des Lärmschutzes gibt es im Nachtschutzgebiet bisher nur sogenannte Lüfter. Sie sollen für Frischluft in den Schlafräumen sorgen bei geschlossenem Fenster. Doch der Energieberater Heinz Schöne warnte eindringlich vor dem Einbau solcher Geräte. "Beim Einbau solcher Lüfter entstehen Leckagen, sogenannte Undichtigkeiten, die wiederum Schallbrücken sind, also den Lärm durchlassen. Ein wirksamer Schallschutz entsteht nur bei einer intakten Gebäudehülle", erläutert er. Auch hinsichtlich der Energieeffizienz sei von solchen Lüftern abzuraten, sie würden auch nicht dem Baugesetz entsprechen (DIN 1946 – 6 vom Mai 2009). "Das, was uns angeboten wird, entspricht dem Lüftungskonzept von 1980/90 und in keiner Weise den heute üblichen Ansprüchen", sagt der Energieberater. Und er malt Szenarien von Schimmelbildung und verrotteten Balken an die Wand: "Dadurch, dass es keine Entlüftung gibt, sondern nur eine Belüftung, bildet sich in der kalten Jahreszeit Kondenswasser, was zu Schimmel führen kann. Wenn der Lüfter dagegen nicht in Betrieb ist, gibt es Feuchtigkeitsschäden an den Balken".

Heinz Schöne rät vehement vom Einbau solcher Schalldämmlüfter ab (Kosten: etwa 300 Euro). Die einzige Variante, die aus seiner Sicht in Frage käme, wäre ein zentrales Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung, dass dem heutigen Stand der Technik entspricht. Dabei handelt es sich um einen Ventilator mit Zu- und Abluft, der beispielsweise im Hauswirtschaftsraum aufgestellt wird, oder auf dem Dachboden: keine Geräuschbildung, keine Löcher in den Wänden, kein Schimmel. Allerdings kostet die Anlage 5000 bis 15.000 Euro.

Aus diesem Grund hat auch Ulrich Geske, beim Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) für den Lärmschutz zuständig, davon abgeraten, sich widerspruchslos solche Lüfter einbauen zu lassen. Schallschutz beantragen ja, aber keine Verzichtserklärung unterschreiben! "Wenn es gelingt, von NAT 0,5 auf NAT 0 zu kommen, also ohne jegliche Ausnahme, würde Müggelheim fast komplett in die Tagschutzzone fallen. Nur die nordwestlichste Ecke an der Himmelwiese nicht", erläutert er. Bei NAT 6, was von der Flughafengesellschaft angestrebt wurde, würden etwa 50 Prozent der Kosten für den Lärmschutz eingespart werden.