Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

In fast allen Religionen gibt es sie, die traditionelle Fastenzeit. Es ist die Zeit, in der man sich auf das Wesentliche im Leben besinnen soll, oder auch sich rückbesinnen soll. Bei den Christen dauert die Fastenzeit 40 Tage, von Aschermittwoch ab. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Fastenzeit von Mönchen und Bischöfen gerne aufgeweicht – so entstanden Maultaschen (auch Herrgottsbscheißerle genannt), gefülltes Brot, Strudeln und Pasteten. Sie gaben sich gerne der Völlerei hin (wie unzählige Bilder dicker Kirchenleute belegen), wollten sie aber nicht öffentlich in der Fastenzeit zur Schau stellen. Das arme Volk hingegen darbte in der Zeit wirklich bei Brot- und Grießsuppe, um sich so den Eintritt ins Himmelreich zu sichern.

Aber liegt das Fasten heute noch im Trend? Ich meine ja, und zwar stärker als je zuvor. Denn mit Fasten ist heute nicht automatisch das "Hungern" gemeint. Fasten kann auch ganz einfach der Verzicht auf etwas für eine bestimmte Zeit sein. Immer mehr Menschen fasten eine bestimmte zeitlang. Beispielsweise der Verzicht auf Fleisch, Alkohol oder Süßes. Andere Menschen versuchen in dieser Zeit auf ihr Handy zu verzichten oder auch auf den Computer – zumindest außerhalb der Arbeitszeit. Wieder andere verzichten nicht, sondern setzen um, was sie schon immer tun wollten: Sie treiben mehr Sport, oder besuchen verschollenen Verwandte.

Fasten soll eine 40 Tage währende Periode der Einkehr, Umkehr und inneren Reinigung sein. Auch ohne religiösen Kontext versuchen immer mehr Menschen diese Rückbesinnung auf das Wesentliche. Ballast von sich schmeißen, das Wichtige im Leben neu entdecken und nicht alles als selbstverständlich hinnehmen. Das ist der heutige Ansatz des Fastens. Beim Essens-Fasten, also dem Verzicht auf alle festen Nahrungsmittel, kommt noch der medizinische Aspekt hinzu, der von vielen propagiert wird. Allerdings gibt es auch fast genauso viele Warner, die in einem kompletten Verzicht auf feste Nahrung eine Gefahr sehen – vor allem, wenn sie nicht fachgerecht durchgeführt wird. Ich kann nur sagen: Mir bekommt es immer sehr gut, wenn ich zwei Wochen lang faste. Und ich kenne viele Menschen, die das tun. Und ich habe das Gefühl, meinen Körper wieder zur Selbstheilung anzuregen. Denn schon Hippokrates sagte einst: "Heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei." Und ich zumindest achte beim Fasten auf das, was mein Körper mir sagen will. Und das ist auch eine wichtige Erkenntnis: Der Körper "spricht" mit einem und gibt ihm genau zu verstehen, was er will und was nicht, was ihm gut tut und was nicht. Und letztlich ist es das, was auch die Religionen anstreben: Rückbesinnung auf das Wesentliche.