50 Jahre Schuke-Orgel in Müggelheim

Das Prachtstück wird mit einem Festakt gefeiert

von Anke Schwedusch-Bishara

Mozart nannte sie die "Königin der Instrumente" und Albert Schweitzer "die Seele einer Kirche". Nun war die Müggelheimer Kirche in den 160 orgellosen Jahren hoffentlich kein seelenloses Gotteshaus, aber die Orgel ist aus ihr heute nicht mehr wegzudenken. Kein anderes Instrument erzeugt so viele verschiedene Klangfarben und ist Einzelstimme und Orchester in einem. Unsere Orgel kann fast alles: brausen, schweigen, jubilieren, klagen, loben, die Herzen erheben. Im Gottesdienst führt sie den Gesang der Gemeinde, lobt Gott und erzählt das Evangelium auf ihre Weise. Sie schreckt auf, tröstet, ermutigt und beglückt.

In diesem Monat werden 50 Jahre voll, in denen die Orgel in der Müggelheimer Dorfkirche Sonntag für Sonntag im Gottesdienst, bei freudigen und traurigen Anlässen und in Konzerten erklingt. Wie viele Menschen sind in dieser Zeit wohl durch ihren Klang im Inneren berührt worden, haben ihre Gefühle in der Musik ausgedrückt gefunden oder Zugänge zu einer anderen Welt erahnt?

Bis zur Einweihung der Orgel war es ein langer, hindernisreicher Weg. Bereits 1958 entschloss sich die Gemeinde unter Leitung von Pfr. Pensky, das alte Harmonium, dessen Blasebalg zerschlissen war, durch eine Orgel abzulösen. Doch die Verhandlungs- und Bauzeit zog sich sechs Jahre hin. Mit dem Orgelbau wurde die renommierte Potsdamer Orgelbaufirma Alexander Schuke beauftragt, die z.B. auch die Orgeln im Gewandhaus Leipzig, im Erfurter Dom und im Fürstenwalder Dom (vorher in der Thomaskirche Leipzig) bauten. Ein Blick in den umfangreichen Schriftwechsel zeigt, wie durch die Gemeinde, inzwischen geleitet von Pfr. Rogge, immer wieder Geld- und Materialschwierigkeiten überwunden werden mussten. Über einzelne Bestandteile galt es zäh mit staatlichen Stellen zu verhandeln. Das Gebläse beispielsweise war nur im Westen zu bekommen. Die Einfuhr musste das Versorgungsamt des Stadtbezirks genehmigen. Kein Wunder, dass den Gemeindekirchenrat zwischendurch manchmal der Mut verließ. Im Dezember 1963 wurde die Orgel endlich in der Kirche angeliefert und erklang erstmals zum Osterfest 1964. Doch da waren erst drei der acht Register gestimmt. Am 7. Mai 1964, Christi Himmelfahrt, feierte die Gemeinde in einem Gottesdienst mit Superintendent Figur und Kirchenmusikdirektor Finke die Orgelweihe. 

Die erste Organistin auf dem neuen Instrument war viele Jahre Marianne Rogge. Seit fast 25 Jahren spielt Holger Höring die Müggelheimer Orgel, der zusammen mit seiner Frau Angela Höring schon zahlreiche Konzerte gestaltet hat. Aber auch Gemeindemitglieder wie Küsterin Sabina Rogge und Dr. Horst König und natürlich Musiker der Kirchenkonzertreihen bringen unsere Orgel zum Klingen. Unter anderem spielten namhafte Organisten wie Matthias Eisenberg und Joachim Dalitz auf unserem Instrument. Anders als in anderen Kirchen kann man ihnen beim Spiel sogar zuschauen.

Das 50jährige Jubiläum ist für die Gemeinde ein Grund zum Feiern. Am 18. Mai laden wir um 10 Uhr zu einem musikalischen Festgottesdienst mit Holger Höring (Orgel) und Andreas Uhle (Trompete) ein. Im Anschluss gibt es Gelegenheit, sich die Orgel erklären zu lassen und einen Blick in ihr Inneres zu werfen, sowie beim Kirchenkaffee miteinander ins zu Gespräch kommen.

Am 24. Mai, um 18 Uhr, gibt im Rahmen der Sommerkonzerte Orgelbaumeister Peter Kozéluh aus Rotenburg/Fulda ein Jubiläumskonzert. Er ist mit unserer Orgel schon lange sehr verbunden. Zum ersten Mal spielte er noch als Schüler beim Besuch der Partnergemeinde Erndtebrück auf ihr und seitdem fast jedes Jahr, sei es als Solist, sei es als Begleiter von Sängern. Außerdem wartet und stimmt er sie regelmäßig.

Die Kirchenkonzertreihe, organisiert von Sabina Rogge, legt in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf die Orgelmusik. Aber auch vielfältige andere Konzerte stehen auf dem Programm, am 3. Mai z.B. ein Frühlingskonzert mit dem Kammerchor Audite und am 31. Mai ein Konzert der Band "Die Zunft".

Wissenwertes zur Müggelheimer Orgel

Die Orgel verfügt über acht Register und ist über zwei Manuale und das Pedal spielbar.

Die im Orgelprospekt (Frontansicht) sichtbaren Pfeifen sind nur ein Bruchteil des Pfeifenwerks. Ca. 1000 Lippenpfeifen aus Holz und Metall verbergen sich im Orgelgehäuse, das man über eine Seitentür begehen kann.

Die kleinste Pfeife ist nur wenige Millimeter lang und liegt ungefähr im Frequenzbereich einer Hundepfeife. Die größte Pfeife des Subbasses hat eine Länge von 2,40 m. Ihr tiefer Klang liegt auf der Grenze zwischen Noch-Hören und Schon-Fühlen. Der Tonumfang der Orgel entspricht damit fast dem gesamten menschlichen Hörspektrum.

Funktionsweise: Die Schaltvorgänge zwischen Tasten und Pfeifen erfolgen durch Schleifladen mit mechanischen Trakturen.

Vorbilder der Firma Schuke waren die barocken Orgelbaumeister des 17. und 18. Jahrhunderts. Deshalb verlieh sie der Orgel ein neobarockes Klangbild. Die Anlehnung an die Barockzeit ist auch an der Tastatur erkennbar: Die Untertasten sind schwarz und die Obertasten weiß.

Die Müggelheimer Orgel hat einen "Zwilling", der in der Zwiebelturmkirche auf dem Falkenberg in Altglienicke steht.