Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius

In den sozialen Netzwerken kursiert ein Bild, das mich sehr berührt hat: Jemand hat einen Globus auf dem Schoß, streicht zärtlich drüber und fragt: "Wo tut es denn weh?" Überall, wie es mir scheint. Die Welt ist aus den Fugen geraten, wie nach einem starken Erdbeben muss erst wieder der ruhende Pol gefunden werden. Nizza, München, Ansbach, Würzburg… Die Hintergründe sind, so scheint es, immer unterschiedlich. Nur eins haben sie gemeinsam: Es handelt sich bei den Tätern um durchweg gestörte Personen. Was ist los auf der Welt, warum gibt es immer mehr Menschen, die ganz offensichtlich nicht mit sich und auch nicht mit ihrem Umfeld klarkommen? Blinde Zerstörungswut, mangelnde soziale Kompetenz, fehlende Freunde, nur von Wut und Hass auf sich und jeden geprägt. Und dadurch zum Teil auch leicht zu indoktrinieren.

Ich spanne jetzt einen weiten und gewagten Bogen, aber auch in Müggelheim sind, zugegeben nur im Kleinen, immer wieder Spuren solcher Ignoranz allem und jedem gegenüber zu spüren. Beispielsweise wenn in blinder Zerstörungswurt in einer Nacht- und Nebelaktion alle Leitpfosten am Damm aus der Verankerung gerissen werden, wie wieder im Juli geschehen. Oder auch, wenn zum zigsten Male die Glaswände der Buswartehäuschen eingeschlagen werden und die ersten Fahrgäste in einem Meer von Scherben warten müssen. Wehret den Anfängen, kann ich da nur sagen.

Ich habe noch gelernt, mich nicht am Eigentum anderer zu vergreifen, habe gelernt, was Toleranz bedeutet und was Kompromisse sind und meinen eigenen Kopf zum Denken zu benutzen und mich nicht von anderen Redekünstlern einlullen zu lassen. Werte und Fähigkeiten, die für das Leben in einer Gemeinschaft unbedingt erforderlich sind, will man nicht ständig und überall anecken. Liegt es daran, dass die jungen Leute von heute nicht mehr wissen, was das für Werte sind, und wie wichtig sie sind?

Ok, ich will jetzt nicht alle über einen Kamm scheren. Ich habe an dieser Stelle auch durchaus schon positive Beispiele genannt. Nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, dass die Menschen mit einer "Leck m.. a.. A.."-Haltung immer mehr werden. Eine bedrückende Tatsache. Und um es klar zu stellen: Die jungen Menschen, die sich aufgeben und bei ihren Aktionen bewusst den Tod anderer in Kauf nehmen, sind auch Deutsche. Jetzt alles auf den kurzen Nenner "Flüchtlinge" zu reduzieren, wäre ein großer Fehler. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das auch nur die Gesellschaft ändern kann. Hier muss einfach ein Umdenken stattfinden. Und das Bewusstsein geschaffen werden, dass jeder Mensch das Recht zu leben hat. Jedem Kind müssen sowohl Grenzen als auch Liebe entgegen gebracht werden, sie müssen lernen, wie wichtig eine Gemeinschaft ist – Familie, Freunde, Kameraden. Und letztlich plädiere ich auch dafür, diese blöden Ballerspiele im Netz zu verbieten. Ach so, und Bewegung bzw. gemeinsames Spielen statt ständigen Elektronik-Gezockes könnten auch hilfreich sein…

Dann kommen wir vielleicht mal wieder zu meinem Ausgangspunkt, wo solche Bilder mit dem Globus nicht mehr kursieren. Aber das scheint ein langer Weg zu sein. Und wie es in einem bekannten deutschen Lied heißt: "Dieser Weg wird kein leichter sein…"