Auf der Suche nach dem Eiweißschub
Wildschweine zerwühlen die Grünstreifen trotz Mastjahres
von Simone Jacobius
Wer regelmäßig den Müggelheimer Damm entlang fährt, wird es schon gesehen haben: Seitenstreifen und auch die Kirchenwiese sind um und um gewühlt. Die Wildschweine haben ihre Spuren hinterlassen. Manch einem kommt es so vor, als wäre es so schlimm, wie seit langem nicht mehr. Doch letztlich ist es nur die Abwechslung auf dem Speiseplan, die die Schwarzkittel im satten Gras suchen. „Sie suchen die Eiweißergänzung zu ihrem ansonsten reichhaltigen pflanzlichen Nahrungsangebot. Und die finden sie in Form von Würmern und Engerlingen in der Erde“, erklärt Forstamtsleiter Klaus Pogrzeba.
Denn Hunger leiden die Wildschweine in diesem Jahr definitiv nicht. „ Wir haben ein sogenanntes Mastjahr, mit Massen an Eicheln und Bucheckern. Es herrschen also Superbedingungen für die Sauen“, sagt Pogrzeba. Die Bedingungen seien in diesem Jahr so gut gewesen, dass im Frühjahr so gut wie alle Frischlinge überlebt und viele Bachen sogar im Spätsommer ein zweites Mal geworfen hätten.
Ein Problem bringt der reichgedeckte Tisch allerdings mit sich. Die Tiere sind schwieriger zu bejagen. „Die Rotten sind groß und sehr aktiv und ziehen viel herum, weil sie überall Nahrung finden. Das heißt, sie sammeln sich nicht an den Hochständen, wo sie angefüttert werden. Das haben sie einfach nicht nötig bei diesem reichhaltigen Angebot. Deswegen kommen wir weniger zum Abschuss“, erklärt Pogrzeba. Das sei anders in mageren Jahren. Es gäbe zurzeit auch viele Anrufe besorgter Bürger wegen der vielen Wildschweine. Vor allem aus dem Kiezer Feld und dem Allendeviertel. Deswegen seien auch die Stadtjäger involviert und würden schießen.
Während es in Müggelheim unstrittig ist, dass es sich bei den Verursachern der umgegrabenen Wiesen um Wildschweine handelt, gibt es andernorts noch andere Möglichkeiten. So würden in der Innenstadt vor allem Krähen den Boden ähnlich umwühlen und auch Waschbären. Letztere würden aber vor allem die Rasenflächen der heimischen Gärten zerwühlen. Die Bekämpfung von Waschbären, die zunehmend zur Plage werden, sei sehr schwierig, so Pogrzeba. Zum einen hätten sie lange Schonzeiten und zum anderen seien sie nachtaktiv – eine Zeit, in der Jäger eher nicht unterwegs seien. Dachkästen und Schuppen sollten dicht gemacht, auf die Komposthaufen nichts Essbares geschmissen werden, stattdessen lieber einen verschlossenen Kompostierer anschaffen, sind die Erste-Hilfe-Tipps des Forstmannes. Noch zu einem anderen Tier, was scheinbar verstärkt auftritt: der Fuchs. Ebenfalls am Rande des Müggelheimer Dammes sieht man sie jetzt verstärkt stehen und die Lage beobachten. Vielfach sind es noch Jungtiere. Aber kein Grund zur Sorge: Tollwut ist in unseren Gefilden kein Thema mehr. Und im Übrigen seien Füchse auch hervorragende Mäusefänger. Und was Wölfe anbelangt, seien sie zwar schon am Rande der Stadt auf Brandenburger Gebiet gesichtet worden, aber noch kein einziger nachgewiesener Fall in Treptow-Köpenick.
Zurück zu den Wildschweinen. Sie müssen zum einen in ihrem Bestand reduziert werden, weil sie keine natürlichen Feinde mehr haben. Zum anderen auch um die Gefahr von Seuchen zu reduzieren. „Ein scharfer Winter mit viel Schnee wäre für die Jagd am besten. Das hatten wir in den letzten Jahren leider nicht mehr. Aber in guten Wintern ist die erlegte Strecke deutlich höher“, sagt der Forstamtsleiter. Doch für die Prognosen zum Winter ist es noch zu früh.
Um die Schwarzkittel aus dem Siedlungsgebiet rauszuhalten, appelliert er nochmals an alle Müggelheimer, nicht zu füttern. „Es ist generell verboten, aber in solchen Mastjahren noch schädlicher für alle. Der Tisch ist reichlich gedeckt, deswegen: bitte, bitte nicht füttern!“ Übrigens können solche Ordnungswidrigkeiten auch bestraft werden.