Kleine Baurechtskunde

Für alle, die sich für den Neubau auf dem Edeka-Gelände interessieren

Zum Problem der Bebauung des ehemaligen Edeka-Geländes in Müggelheim führte der Umweltkreis in der Ev. Kirchengemeinde (UWK) einen informativen Schriftwechsel mit der Amtsleiterin des Stadtentwicklungsamts im Bezirksamt Treptow-Köpenick, Frau Zeidler. Unter anderem wandten wir uns bezüglich der Bebauungsdichte an die Amtsleiterin: „Wir haben uns über die erlaubte städtebauliche Dichte informiert und im Internet auf einer Karte von Müggelheim für den Bereich des Ex-Edeka-Geländes einen Wert für die Geschossflächenzahl GFZ von 0,2 bis <0,4 gefunden“. Aus vorangegangenen Schreiben an den UWK ging nicht hervor, dass diese vorgegebene Geschossflächenzahl vom Bauherrn eingehalten worden ist. Wir baten die Amtsleiterin dazu um eine Aussage.
In der Erwiderung wurde auf den fehlenden Bebauungsplan und somit Geltung des allgemeinen Baurechtes, insbesondere § 34 BauGB, verwiesen. Andere, öffentlich einsehbare Pläne „träfen keine verbindlichen Regelungen“. Im Antwortschreiben führten wir vom Umweltkreis aus:
„Die Pläne auf die wir uns beziehen sind:
a. Bodenrichtwerte 01.01.2018‘ (dort Geschossflächenzahl in umrissenen Arealen)Hier finden wir für „Ex-Edeka-Areal“:
W 0,2 (= Wohnbebauung, GFZ 0,2).
bei städtebauliche Dichte – Geschossflächenzahl (GFZ) 2015 (Umweltatlas)‘.
Hier finden wir für „Ex-Edeka-Areal“: hellgrüne Färbung (= GFZ 0,2 bis 0,4).
c. FNP (Flächennutzungsplan – Neubekanntmachung 2015), aktuelle Arbeitskarte‘.
Hier finden wir für „Ex-Edeka-Areal“: graue Färbung (= Gemischte Baufläche, M2)
Uns erschließt sich nicht, welchen Sinn die dortigen, unseres Erachtens eindeutigen Festlegungen zur GFZ haben sollten, wenn dieses keine ‚verbindlichen Regelungen‘ sind.
In der Baunutzungsverordnung (BauNVO) § 16 ‚Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung‘ steht:
„(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.“
Und:
„(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.“
Die Öffnungsklausel – Abweichungen beim Maß der baulichen Nutzung – scheint nur bei vorliegendem Bebauungsplan gegeben. Da hier kein Bebauungsplan besteht, müsste also BauNVO § 16 (1) greifen.
Jedoch ist Ihr Argument der „Einfügung (eines Bauvorhabens) in die nähere Umgebung“ – dortiges Maß und Art der baulichen Nutzung – insofern zutreffend, als dass ja die Nachbargrundstücke Alt-Müggelheim 1 und Müggelheimer Damm 264 bereits zweigeschossig bebaut sind. Durch die Orientierung der Baugenehmigungen an bestehenden Bauten, die durch überschreitende bauliche Nutzung vom Flächennutzungsplan abweichen, besteht die Gefahr eines peu à peu Verdrängens der hier typischen Wohnbebauung GFZ 0,2 durch dichtere und höhere Bebauung. Es ist dieser Prozess, dem wir zur Erhaltung des Charakters Müggelheims wehren wollen. Wir ersuchen Sie, diesem Gesichtspunkt in ihrer Tätigkeit Rechnung zu tragen, damit sich Vorgänge wie am Geinsheimer Weg nicht wiederholen.“

In ihrer Antwort hat Frau Zeidler dankenswerterweise sehr ausführlich dazu Stellung genommen, was unseres Erachtens ein wichtiger Beitrag zur Klärung darstellt. Wir geben deshalb diesen Teil ihres Schreibens nachfolgend wieder:
„Sie fragen nach, warum verschiedene Planwerke bei der Beurteilung, ob ein Bauvorhaben insbesondere hinsichtlich der Bebauungsdichte, nicht verbindlich seien und zählen beispielhaft öffentliche Karten auf, die Angaben zu einer GRZ (Grundflächenzahl) oder GFZ (Geschossflächenzahl) enthalten.
a. Bodenrichtwertkarte
Bodenrichtwerte sind durchschnittliche Lagewerte für den Boden, bezogen auf einen Quadratmeter Grundstücksfläche. Sie werden in Berlin jährlich für eine Mehrzahl von Grundstücken ermittelt, die in ihren tatsächlichen Eigenschaften und rechtlichen Gegebenheiten weitgehend übereinstimmen, eine im Wesentlichen gleiche Struktur und Lage haben und zum Zeitpunkt der Bodenrichtwertermittlung ein annähernd gleiches Preisniveau aufweisen. Bodenrichtwerte stellen also auf typische Verhältnisse einzelner Gebiete (Bodenrichtwertzonen) ab. Bodenrichtwerte berücksichtigen nicht die besonderen Eigenschaften einzelner Grundstücke. (nachzulesen unter
https://www.berlin.de/gutachterausschuss/service/informationen-zu-den-bodenrichtwerten/)
Damit bildet die Bodenrichtwertkarte den Bestand ab, trifft aber keine planerische Auskunft.
b. Umweltatlas
Auch der Umweltatlas bildet den Bestand ab. Der Atlas beinhaltet thematische Karten zu den klassischen Umweltthemen Boden, Wasser, Luft, Lärm und Klima, greift aber in den Kapiteln zu Flächennutzung und Verkehr auch Themen mit stadtplanerischem Bezug auf und wurde später noch um ein Kapitel zu Energiethemen erweitert. Der Umweltatlas sollte von vornherein eine reine Bestandsaufnahme sein. Die Karten waren für die Unterstützung der Planung gedacht. Die Planung selbst war formal und organisatorisch getrennt. Der Umwelt- atlas enthält bis heute keine Pläne oder Planungen. Die Bestandsaufnahme sollte von Beginn an für jedes Umweltthema und flächendeckend für die Stadt verschiedene Aspekte darstellen. Der Umweltatlas ist also eine Planungsgrundlage, aber keine Grundlage zur Beurteilung eines konkreten Bauvorhabens (vgl. https://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/einleit.htm)
c. Flächennutzungsplan
Der Flächennutzungsplan (FNP) hingegen hat nur behördeninterne Verbindlichkeit. Gegenüber dem Bürger entwickelt der FNP keine unmittelbare Rechtswirkung. Aus seinen Darstellungen sind keine Rechtsansprüche, wie etwa Baugenehmigungen für ein bestimmtes Grundstück, herzuleiten. Jedoch müssen alle Bebauungspläne aus dem FNP entwickelt werden. Erst diese enthalten gegenüber dem Bürger rechtsverbindliche Festsetzungen. (vgl. https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/erlaeuterungen_fnp/index.shtml)
Wie ich bereits in meinem ersten Brief schrieb, gibt es für das bisher durch den Edeka-Markt genutzte Grundstück keinen Bebauungsplan, der aus dem Flächennutzungsplan hätte entwickelt werden können. …
Ihre Besorgnis, dass fehlende Bebauungspläne zu einer schleichenden Nachverdichtung führen können, kann ich gut nachvollziehen. Ich darf Ihnen versichern, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Amts die Ortsteile sehr genau beobachten. Bei einer drohenden ungeordneten städtebaulichen Entwicklung versuchen wir, mit dem uns zur Verfügung stehenden Instrumentarium steuernd einzugreifen.“
Mit dieser Darstellung hat – so meinen wir – die Amtsleiterin einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Problematik „Bebauung des Ex-Edeka-Geländes geleistet. Für den UWK HK