Feigen, Bananen und Riesen-Sonnenblumen

Das Klima bei uns wird immer mediterraner – und mit ihm die Pflanzen

Von Simone Jacobius

Klimawandel? Viele stellen das immer noch in Abrede. Doch die Natur spricht eine andere Sprache. Da wachsen plötzlich meterhohe Bananenstauden mitten in Müggelheim, es gedeihen köstlich süße Feigen und die Sonnenblumen schießen nur so in die Höhe.
Und Berliner Klima-Forscher der Humboldt-Uni haben jetzt in einer wissenschaftlichen Studie belegt: Das Wetter in unseren Breiten wird im Zuge der globalen Erwärmung nicht nur extremer, sondern auch hartnäckiger. Denn die Perioden, in denen es besonders heiß ist, oder die besonders regenreich sind, werden künftig länger andauern. Schlecht für viele Menschen, aber auch für die Landwirtschaft und das Ökosystem.
Das zunehmend mediterrane Klima macht sich bereits bei den Pflanzen bemerkbar. So ist die Bananenstaude von Heidrun und Werner Müller aus der Lettweiler Straße bereits drei Meter hoch und wächst immer noch weiter. „Sie hat traumhafte Blätter entwickelt, die aber bei Wassermangel schnell schlaff herunterhängen“, sagt Heidrun Müller. Die Pflanze hat sie erst im vergangenen Herbst von ihrem Sohn als Ableger bekommen und warm eingepackt und geschützt hinter dem Haus überwintern lassen. Jeden Tag bekommt die Staude drei halbe Eimer Wasser. Jetzt wartet das Ehepaar ab, ob sich auch Früchte bilden.
In einem anderen Garten wachsen die Feigensträucher, ebenfalls geschützt an der Hauswand. Die großen, prallen Feigen sind zuckersüß und saftig. Doch nicht nur mediterrane Pflanzen gedeihen hier plötzlich so üppig. Auch die heimischen brechen alle Rekorde. So wie die Sonnenblumen von Madline Benicke aus dem Tongrubenweg, die Mitte August bereits eine stolze Höhe von 4,20 Metern erreicht hatten. „Ein Geheimrezept haben wir nicht. Sie haben sich aber anscheinend an ihrem Standort am Gartenteich mit viel Sonne sehr wohlgefühlt. Gegossen haben wir immer mit dem ersten warmen und abgestandenen Wasser aus dem Schlauch“, sagt Madline Benicke.
Ursache für den Klimawandel ist nach Aussage der Forscher die Erwärmung der Arktis. Weil diese sich doppelt so schnell erwärme wie andere Regionen der Erde, verändere sich das Zirkulationsmuster des Jet Streams, der maßgeblich zur Entwicklung des Wetters beiträgt, erläutern die Forscher. Der Jet Stream ist ein Starkwindband, das in etwa zehn Kilometern Höhe von West nach Ost um den Globus verläuft. Es mäandert und transportiert Hoch- und Tiefdruckgebiete. Gesteuert wird es durch die Temperaturunterschiede zwischen den polaren Regionen und den Subtropen. Die polare Erwärmung um bald dri Grad bringt den Jet Stream nun aus dem Gleichgewicht. Die Forscher schlussfolgern: Es besteht dringender Handlungsbedarf.

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Mehr als zwei Zollstöcke bräuchten Madline und Nancy um die Riesen-Sonnenblumen zu messen

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Heidrun Werner ist stolz auf ihre schöne Bananenstaude