Bericht über Pilgerwanderungen auf der Mönchsrepublik Athos

"Ihr nennt mich Herr, aber ihr gehorcht mir nicht,
ihr nennt mich das Licht, aber ihr seht mich nicht,
ihr nennt mich den Weg, aber ihr folgt mir nicht,
ihr nennt mich das Leben, aber ihr begehrt mich nicht,
ihr nennt mich die Weisheit, aber ihr wollt meinen Rat nicht, …"

Diese und weitere Klagen von Jesus Christus, wie sie auf einer Tafel an einem Weg in der Mönchsrepublik am Berg Athos im Norden Griechenlands geschrieben sind, zitierte Michael Bock, als er am 17. Januar vor einer zahlreich erschienenen Zuhörerschaft über seine Pilgerwanderungen am Athos im Dorfklub Alte Schule berichtete. 

Als die Zuhörer den Raum betraten, empfing sie der Duft von Kräutertee aus den griechischen Bergen, auf den Tischen befanden sich griechische Köstlichkeiten wie Oliven, Schafskäse, spezielle griechische Süßigkeiten wie Lukumi und alles liebevoll hergerichtet von Angehörigen der Familie Bock, um so für den Vortrag eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen.

Manche der Zuhörer werden Michael Bock vor allem von seinen Aktivitäten im Sport und der Kampfkunst Karate gekannt haben. Als Einstieg seines Vortrages schilderte er, wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass er als christlich-orthodoxer Pilger auf der Mönchsrepublik Athos unterwegs war. Es begann Anfang der 90er Jahre, als Michael Bock in Serbien unterwegs war, um dort an Karate-Lehrgängen teilzunehmen. Durch die Freundschaften und Erlebnisse kam es dazu, dass er sich zusammen mit anderen jungen Männern nach orthodoxem Ritus christlich im Kloster Prohor Pcinjski taufen ließ. Dieses Kloster ist aus dem 11. Jahrhundert und liegt im tiefen Süden von Serbien etwa 30 Kilometer südlich von Vranje, nahe der Grenze zu Mazedonien. Es ist die zweitgrößte serbisch-orthodoxe Klosteranlage nach Hilandar.

Mit zwei griechischen Pilgerbrüdern, sie heißen beide Dimitri, ist er inzwischen zweimal – im März 2013 und im April 2014 – als Pilger auf dem Athos unterwegs gewesen. Dazu hat er jedes Mal ein Visum benötigt. Und er hat uns, seine Zuhörer im Dorfklub, in einem sehr lebendigen Bericht und mit vielen Fotos auf seine Pilgerwanderungen mitgenommen.

Sie führten ihn auf landschaftlich sehr schönen Wegen, oft hoch über dem Meer und auf steilen Treppen, von einem Kloster zum nächsten. Jedes dieser Klöster hat seine eigene weit zurückreichende Geschichte – sie reicht bis ins 13. Jahrhundert oder weiter z.T. bis in die Zeit Konstantins des Großen (4. Jhd.). In diesen Klöstern herrscht in vielfältigem Sinne eine von der unseren völlig verschiedene Zeit – die byzantinische Zeit. Der Tag beginnt in aller Frühe – für die Mönche bereits um 1 Uhr und für die Pilgergäste spätestens um 6 Uhr. Er wird mit einem Gottesdienst, Gebeten, gemeinsamen Mahlzeiten und ihren verschiedenen Arbeiten eingeteilt. Die Pilgergäste werden freundlich aufgenommen, verpflegt und nehmen an den Gottesdiensten teil, oft bis zu drei Stunden am Tag. Zur jeweiligen Übernachtung bekommen sie einen einfach eingerichteten Raum, eine Mönchszelle angeboten. Michael Bock passierte es, dass er mehrmals einen Raum mit der Nummer 007 angeboten bekam. Als er beim dritten Mal in einem Kloster dann einen Raum mit der Nummer 005 bekommen sollte, erbat er sich doch die Nummer 007 – doch gab es in diesem Kloster nur fünf Schlafräume.

Den Fotos einiger dieser Klöster sah man an, dass sie schon vor vielen, vielen Jahren errichtet worden sind, auch sind gelegentlich Erneuerungsarbeiten notwendig. Auf der Insel Athos leben rund viertausend Mönche in verschiedenen Klöstern, aber auch in Gemeinschaften oder auch als Eremiten. Herr Bock wusste zu den 25 einzelnen Hauptklöstern sowie rund zweihundert Gemeinden viele interessante Einzelheiten zu berichten: über die Legenden der Heiligen, über die Anlässe der Entstehung der einzelnen Klöster in spätrömischer oder byzantinischer Zeit, aber auch über die reichen Schätze in den Klöstern, Bibliotheken mit wertvollen alten Büchern, Reliquien in kostbaren Schreinen sowie wertvolle Ikonen. Herausragende Reliquien waren der rechte Arm von Johannes dem Täufer, also der Arm, der Jesus bei seiner Taufe ins Wasser tauchte, dann die linke Hand von Maria Magdalena oder auch die rechte Hand der Heiligen Barbara. Besonders interessant waren jedoch die Knochen vom Heiligen Georg sowie das offene Grab vom Heiligen Gerasimos.

Die Klöster sind entsprechend ihrer Bedeutung in eine Rangfolge eingeordnet. Das ranghöchste und größte Kloster ist das Kloster Megisti Lavra und wurde 963 durch den orthodoxen Mönch Athanasios gegründet. Die Ikonensammlung, die in der Mitte des 11. Jahrhunderts begonnen wurde, umfasst heute noch rund 30 Ikonen aus byzantinischer Zeit (bis 1453), und die Bibliothek des Klosters besitzt mehr als 2000 Handschriften, von denen rund 800 noch in byzantinischer Zeit entstanden sind. In diesem Kloster nahm Michael Bock beispielsweise an einem Gottesdienst teil, der vom 21 bis 2.30 Uhr morgens dauerte. Er berichtete uns auch von einem interessanten Gespräch, das er dort mit einem alten Mönch geführt hat: Der alte Mönch bedauerte, dass der Glauben an Gott nachlässt und somit eine große Gefahr nicht nur für das Christentum, sondern auch für der Weltfrieden besteht. Die Pilger und so auch sein Gesprächspartner mögen den Glauben an Gott nicht verlieren, sondern ihn weitertragen, auch nach Deutschland.

Es gelang Michael Bock, seinen Bericht sehr lebendig zu gestalten auch dadurch, dass er seine sehr sorgfältig vorbereiteten Materialien wegen des abgedunkelten Raumes nur begrenzt verwenden konnte, sondern frei aus dem Gedächtnis berichtete, gelegentlich auch humorvoll, indem er z.B. einflocht, dass es so viele Splitter vom Kreuz Jesu als Reliquien gäbe, dass man annehmen müsse, das Kreuz müsse wohl geschreddert worden sein. Nicht zuletzt wurde der Vortrag dadurch gewürzt, dass den Zuhörern zwischendurch von den fleißigen Helfern ein Ouzo angeboten wurde. Abschließend sagte Michael Bock, dass er ganz gewiss nicht zum letzten Mal auf dem Athos gewesen sei, zumal er einige Klöster noch immer nicht besucht habe, so z.B. das russisch-orthodoxe Kloster des Hl. Pantaleon.

Wir, die Zuhörer, bedankten uns bei Michael Bock und seinen Helfern mit langem Beifall. Anschließend berichtete er noch, dass der Verein für Völkerfreundschaft, dem er vorsteht, sich mit einem Hilfsprojekt für strahlengeschädigte Kinder in Weißrussland engagiert, und er bat um eine Spende für dieses Projekt. HK, SB